#54 Erste Chemotherapie

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Leseabend 28/12/19 - 4|8

*übernächster Tag*

Heute habe ich meine erste Chemotherapie... Ich weiß nicht, was ich Matteo sagen soll, wenn ich heute Abend gehe. Sicher ist, dass er mich nicht einfach so gehen lassen wird... Denn, nachdem ich mich vorgestern von ihm trennen wollte, denkt er wahrscheinlich wirklich, dass ich nicht mehr ganz dicht im Kopf bin... Gestern hat er mich jedenfalls keinen Moment aus dem Auge gelassen. Er hat gestern sogar aufs Training verzichtet und ist mit mir zuhause geblieben, ich bin noch einen Tag zuhause geblieben, naja, er hat mich sozusagen dazu gezwungen, mich noch einen Tag auszuruhen. Gut, wer will es ihm verübeln? Er denkt, dass ich psychische Störungen habe, ich bin die Treppe runtergefallen und habe ihm dazu noch erzählt, dass ich mich verletzt habe und das ich den Verband deshalb um hatte.

"Guten Morgen, hast du Hunger?", fragt Matteo, als ich runter in die Küche komme. "Mh, ne...", antworte ich leise und setze mich an den Tisch. Er selber steht am Herd und macht wohl Rührei oder sowas. Ich kann zwar sein Gesicht nicht sehen, aber ich bin mir sicher, dass er jetzt wieder besorgt guckt. "Du musst was essen.", sagt er und klingt beinahe schon bestimmend. Ich ignoriere seine Aussage und lege meinen Kopf auf den Tisch.

Heute Nacht habe ich kaum geschlafen, mir ging's richtig schlecht. Ich hab komplett geschwitzt und meine Knochen taten übelst weh, oder tuen immer noch weh. Außerdem war mir die ganze Zeit schwindelig... Aber Matteo zu wecken kam für mich überhaupt nicht in Frage!

"Luna?" Ich blicke kurz auf. Matteo hat einen Teller vor mich auf den Tisch gestellt und streicht mir jetzt ganz sanft über den Arm. "Hm?", mache ich nur. "Komm, iss etwas, bitte." Ich kann seinen flehenden Blick schon auf mir spüren. "Matteo, ich hab keinen Hunger, versteh das doch endlich.", brumme ich schon fast genervt. Er seufzt. "Du bist anstrengend, Senora Balsano.", sagt er. "Du isst jetzt, und wenn du es nicht freiwillig machst, füttere ich dich eben." Ich kann mir ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen, da die Vorstellung, wie Matteo mich füttert, schon verdammt komisch ist. "Du fütterst mich ganz sicher nicht.", knurre ich. "Da zwinge ich das Essen lieber in mich rein." Mit einem etwas bösen Seitenblick schnappe ich mir also widerwillig den Teller und schiebe etwas Rührei in mich hinein. "Na bitte, geht doch." Matteo lächelt mich etwas an und setzt sich gegenüber von mir hin.

"Geht's dir wieder besser?", fragt er dann schließlich, nachdem wir einige Zeit lang geschwiegen haben. "Hm, so lala.", lüge ich und stochere in meinem Rührei herum. "Wenn du dich noch einen Tag ausruhen willst, dann kannst du..." Ich unterbreche ihn sofort. "Ich bleibe nicht zuhause, ich gehe zum Training.", sage ich entschlossen, denn ich muss mich ja von dem ganzen hier ablenken. "Aber wenn es dir zu viel wird, kannst du jederzeit aufhören." "Weiß ich, wird aber nicht passieren." Wieder schiebe ich mir etwas Rührei in den Mund. Durch meinen nicht vorhandenen Appetit schmeckt es so ziemlich nach nichts für mich.

Matteo legt seine Hand auf meine. "Sag mir, wenn's dir schlecht gehen sollte, ja?" Seine rehbraunen Augen fixieren meine und ich nicke kurz. Matteo streicht mir über meine Wange. "Ich werde immer bei dir sein, vergiss das niemals." Er beugt sich etwas über den Tisch und küsst mich ganz sanft. Ich streiche ihm ebenfalls kurz über die Wange, damit es hier nicht so einseitig wirkt...



"Hey, Luna, Matteo!", werden wir von den anderen begrüßt, als wir zum Training auf die Bahn kommen. Sofort fokussieren mich Jim und Yams fragende Blicke. Ach ja, nur sie wissen ja von dem Arzttermin... Ich ignoriere diese Blicke und nehme Matteos Hand. "Geht's dir wieder gut, Luna?", fragt Tamara. Ich nicke nur knapp und probiere, ab jetzt den Gedanken an mein schreckliches Schicksal zu verdrängen. "Gut, können wir dann anfangen? Vor uns liegt noch viel Arbeit fürs Halbfinale!" Juliana sieht uns erwartend an. "Ja, lasst uns anfangen.", sage ich leise und Matteo drückt meine Hand. "Dann los!" Juliana klatscht in die Hände. "Zur Aufwärmung dreht ihr jetzt erstmal zehn Runden auf der Bahn!" Wir nicken, ich lasse Matteos Hand los und wir drehen unsere Runden über die Bahn.

Lutteo - Alles perfekt, oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt