#43 Gastinas Baby

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*ein paar Tage später*

In einer Woche ist bereits das Viertelfinale! Und... Ich glaube nicht, dass wir gewinnen und ins Halbfinale kommen. Die Choreo ist immer noch nicht fertig und wir alle sind nicht in wirklich guter Stimmung. Zudem ist Gastón unglaublich nervös, da gestern der Geburtstermin von seinem und Ninas Sohn war, und er sich immer noch nicht auf den Weg gemacht hat. Deshalb sieht er seit einigen Tagen während des Training alle halbe Stunde nach Nina, die währenddessen in der Cafeteria sitzt. Wir können es ihm alle nicht verübeln, aber das hält das Training natürlich immer wieder auf...

"Luna!" Matteo kommt runter in die Küche gerannt. Ich sitze hier und nippe an meinem Kaffee, er hat sich gerade noch fertig gemacht, wir müssen gleich los zum Training. "Hm?" Ich blicke zu ihm. "Nina ist im Krankenhaus, das Baby kommt.", sagt er. "Was, echt jetzt?" Er nickt. "Wissen die anderen auch schon Bescheid? Wegen Training und so..." "Ja, er hat's in die Gruppe geschrieben.", antwortet Matteo. "Achso, ich war heute noch nicht am Handy..." Lustlos trinke ich meinen Kaffee aus.

Und bevor ich es vergesse: Nein, es gibt noch immer nichts neues von Lia. Wir waren gestern nochmal bei der Polizei, sie fahnden weiter nach Emilia, aber sonst heißt es immer noch abwarten. Ich glaube, lange halte ich das nicht mehr aus, mir geht das zu sehr auf die Psyche!

Und auch gesundheitlich geht's mir immer mieser. Ich habe öfter Nasen- und Zahnfleischbluten, jetzt auch geschwollene Lymphknoten in den Achselhöhlen, das Training strengt mich noch mehr an und meine Knochen tuen richtig weh, ich habe öfter Atemnot und bin übermäßig blass, aber blaue Flecken verteilen sich auf meinem Körper. Und dieses Herzrasen kommt auch immer häufiger, Appetit habe ich gar keinen mehr. Und das alles probiere ich, vor Matteo zu verstecken! Er soll sich jetzt nicht auch noch um mich Sorgen, ich weiß, wie sehr ihn die Sorge um Lia fertig macht. Auch wenn er probiert, es zu verstecken, weiß ich genau, was in ihm vorgeht.

Meine Blässe krieg ich ja noch ganz gut mit MakeUp überdeckt, aber die blauen Flecke? Da muss ich echt aufpassen, dass Matteo nicht zu viel von meinem Körper sieht. Den Rest bemerkt er zum Glück nicht so leicht, außer, dass ich keinen Appetit habe, denn er zwingt mich meistens beinahe schon zum Essen.

"Können wir los?", frage ich nach einiger Zeit. "Also ich bin fertig... Hast du schon gefrühstückt?" "J-ja, habe ich...", antworte ich leise, denn bis auf den Kaffee war nichts weiter. Matteo mustert mich skeptisch, nickt dann aber. "Okay... Dann lass uns gehen." Jetzt ist es an mir, zu nicken, und ich schnappe mir meinen Rucksack, der im Flur steht, ehe wir dann das Haus verlassen und uns auf den Weg ins Roller machen.

Als wir auf die Bahn bekommen, sind bereits schon alle da und wärmen sich auf, Tamara und Juliana fehlen aber noch. Wir machen einfach mit und wenig später kommen sie auch schon auf die Bahn. "Gut Leute, kommt mal bitte kurz her!", ruft Tamara und wir stellen uns um sie und Juliana herum auf. "Also... Gastón wird heute, und voraussichtlich auch morgen, nicht zum Training kommen, verständlicher Weise. Heißt, dass wird alles ganz knapp mit dem Viertelfinale. Wir müssen uns mit der Choreo ranhalten, sonst wird das nichts.", sagt Juliana. "Deshalb wollen wir heute von euch allen den vollen Einsatz sehen! Schieben wir unsere negativen Gedanken einmal kurz bei Seite, oder probieren es mindestens, okay?" Juliana und Tamara sehen uns alle an. "Ich probiere es...", murmele ich und Matteo drückt mich kurz. "Wir geben unser Bestes.", fügt er noch hinzu. "Wissen wir doch." Ámbar lächelt uns an. "Ihr schafft das." Simón legt eine Hand auf Matteos Schulter. "Da bin ich mir sicher." "Und wir sind für euch da, immer.", sagt Jim. "Danke, Leute..." Ich lächle knapp. "Aber gut, lasst uns jetzt keine Zeit verlieren, wir haben noch viel zu tun!" Die anderen nicken und Matteo drückt mir einen Kuss auf die Schläfe. "Leute... Nur noch mal kurz: Wir wissen es sehr zu schätzen, dass ihr in eurem Zustand trotzdem skaten wollt.", sagt Yam. "Und wir sind immer für euch da, ja?" Matteo und ich nicken. "Danke.", sage ich noch knapp, bevor das Training dann aber auch wirklich beginnt.

"Leute, 'ne Nachricht von Gastón!", ruft Matteo, als wir, während unserer Pause ein paar Stunden später, in der Cafeteria sitzen. Sofort versammeln sich alle um den Tisch herum, an dem wir beide sitzen. Matteo hält sein Handy in die Mitte von uns allen und startet die Sprachnachricht, die Gastón geschickt hat.

"Hey, ich bin's. Der Kleine ist seit einer guten Stunde auf der Welt, wird gerade nochmal untersucht. Nina schläft, aber ihr geht es soweit gut. Und ich sag's euch: Dieses kleine Wesen ist so süß! Es fühlt sich verdammt krass an, jetzt wirklich Vater zu sein. Man trägt jetzt einfach Verantwortung für ein kleines Lebewesen. Ich hatte ihn schon einmal auf dem Arm, und ich hatte Angst, ihn fallen zu lassen, er sieht so zerbrechlich aus, als wäre er eine Porzellanpuppe. Man erkennt jetzt schon ein wenig Ähnlichkeit mit mir als Baby. Also kann er ja später nur gut aussehen! Nein, Spaß, haha. Jedenfalls bin ich überglücklich! Ihr könnt auf jeden Fall die Tage mal vorbei kommen, wenn ihr wollt. Später kommen Ninas Eltern, morgen meine. Aber übermorgen komme ich wieder zum Training, versprochen! Also, bis dann!"

"Was ist, nehmen wir eine Antwort auf?", fragt Matteo und wir nicken, Matteo startet die Aufnahme. "Hey, mein Freund, wir sind's!", sagt er. "Glückwunsch!", rufen wir dann alle gleichzeitig, es war nicht abgesprochen. "Wir können es kaum erwarten, den Kleinen kennenzulernen!", sagt Jim. "Oh ja, und seinen Namen wollen wir auch unbedingt wissen!", sagt Yam. "Wir sind stolz auf euch.", sage ich, naja, flüstere ich schon fast. Ich freue mich unglaublich für Gastón und Nina, keine Frage, aber jetzt muss ich wieder an Lia denken. Daran, dass wir nicht wissen, wo sie ist und was mit ihr geschieht. An die Geburt, die alles andere als schön war. An ihr Lächeln, an ihre rehbraunen Augen, die sie von Matteo hat... "Und wegen dem Training... Hey, alles gut! Genießt erstmal die Zeit zu dritt!", sagt Delfi. "Grüß Nina ganz lieb von uns!", sagt Ámbar. "Und knuddele die beiden von uns!", ruft Jazmín. "Also, bis dann!", rufen wir wieder gleichzeitig. Kaum hat Matteo das Audio abgesendet, stehe ich auf und renne in die Umkleide, weil ich von meinen Tränen überrollt werde und sie nicht mehr zurück halten kann.

In der Umkleide verziehe ich mich in die letzte Ecke und wische mir die Tränen mit den Ärmeln meines Pullis aus dem Gesicht. Kurz darauf geht die Tür zur Umkleide auf und ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Wer auch immer das ist, die Person soll mich so nicht sehen. "Luna?" Na toll, es ist Matteo... "Luna." Ich bekomme mit, wie er sich vor mich kniet. Ich vergrabe mein Gesicht weiter in meinen Händen. "Beruhige dich, okay?" Er zieht mich in seine Arme, ich vergrabe mein Gesicht in seiner Halsbeuge. "Shh, alles ist gut, ich bin bei dir." Er streicht meinen Rücken auf und ab. "Bitte hör auf zu weinen, sonst muss ich gleich auch."

Aber ich kann mich einfach nicht beruhigen. Die Tränen kommen und kommen, Matteos ganze Schulter ist bereits nass. Er legt seine Hände an meine Wangen und streicht mit seinen Daumen über sie, wischt so meine Tränen, und die Hälfte meines MakeUps, ich habe heute blöderweise kein wasserfestes benutzt, weg. "M-matteo...", schluchze ich. "Shh, ich bin da." "I-ich fühle mich  so s-schuldig gegenüber L-lia..." "Warum denn das?" "Ich..." Wieder werde ich von meinen Tränen überrollt. "Ganz ruhig, ja? Du brauchst mir nichts zu erklären. Jetzt beruhige dich erstmal. Und du musst dich überhaupt nicht schuldig fühlen, du bist die beste Mutter, die die Kleine nur haben könnte." Ich nicke schwach und atme seinen Geruch ein, es beruhigt mich ein wenig. "I-ich liebe dich...", murmele ich gegen seinen Hals. "Ich dich auch... Wir schaffen das."

Gastinas Baby ist da und Luna hat wieder einen halben Nervenzusammenbruch... Und diese Symptome, die Luna da hat... Sieht nicht gut aus für sie, will ich mal behaupten...

Lutteo - Alles perfekt, oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt