Kapitel 10

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P.o.V. Germanletsplay

Eine Schwester, die den Raum betrat und mich ungeduldig darauf hinwies, dass die Besuchszeiten vorbei waren und ich gefälligst rausgehen sollte, rissen mich aus meinen Gedanken. Wiederwillig verließ ich den Raum und warf noch einen letzten Blick auf meine Schwester, die immernoch blass und bewegungslos, unverändert auf dem Krankenbett lag. Ein Stich fuhr in mein Herz, als ich sie so sah, wenn ich an ihre Lebensfreude und ihre Fröhlichkeit dachte, die sie immer an den Tag legte. Sie war wie ein Sonnenschein, der mir immer wieder meinen Alltag  erhellte. Auch nachdem sie ausgezogen war, hatten wir noch guten Kontakt. Es schmerzte, nicht wissen zu können, dass jemand da war, wenn man ihn brauchte. Aber es stimmte wirklich: sie hatte mir immer geholfen und mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Sie war einfach die beste große Schwester, die man sich wünschen konnte.

Während ich das Krankenhaus verließ und dabei die Empfangsdame ignorierte  wurde mir der ernst der Lage erst richtig bewusst. Sie könnte jederzeit sterben.
Jederzeit.
Sie wäre weg.
Einfach so.
Sie wäre weg und ich hätte mich nie richtig von ihr verabschiedet. Trauer überkam mich und ich versuchte die Tränen zurückzuhalten, um nicht in aller Öffentlichkeit loszuheuten wie ein Schlosshund. Schnappend atmete ich die frische, inzwischen etwas kühlere Luft ein, die mir der  Wind ins Gesicht bließ. Ich blinzelte ein paar mal und wischte mir mit meiner Hand die kleinen Tränen aus dem Augenwinkel, die sich trotz meiner Bemühungen dort gebildet hatten, und rannte los. Es war mir egal wohin. Nur weg. Weg von diesem Ort. Weg  von meiner Schwester...
Ich rannte und rannte. Mein Atem ging schnell und rasselnd. Mein Asthma meldete sich zu Wort, doch ich blieb nicht stehen. Erst, als ich vor Erschöpfung schon schwarze Punkte vor meinen Augen tanzen sah und das Stechen in meiner Lunge unerträglich wurde, hielt ich keuchend an.

Keine zwanzig Meter von mir entfernt stand eine Bank am Wegrand. Im allgemeinen war die Gegend hier sehr schön und ich lauschte den Klängen der Vögel, die in den Baumkronen saßen. Die schmale Wiese, die sich zu beiden Seiten neben mir befand, wurde jediglich von dem Weg unterbrochen, auf dem ich zitternd stand. Neben der Wiese standen vereinzelt ein paar Bäume, die in verschiedenen Grüntönen in der Sonne strahlten.
Ich lief zu der Bank hin und ließ mich darauf fallen. Sofort kam alles wieder, was ich eben unterdrückt hatte und eine Welle der Gefühle überrollte mich. Ich schluchzte auf und zog meine Beine an meinen Körper. Meinen Kopf vergrub ich in meinen Knien und schon nach kurzer Zeit merkte ich, dass meine Hose dort, wo sich meine Augen befanden, nass wurde. Mein lautes Schluchzen hatte ich schon vor einiger Zeit aufgegeben zu unterdrücken. Es war eh aussichtslos. Was sollte ich jetzt tun? Ich wollte nicht zurück zu mir nach hause, aber hier hatte ich keine Bleibe. Ein Hotel nehmen, war mir auch nicht recht, aber ich wusste keinen Anderen Ausweg...
Ich spürte, wie in meiner Tasche das Handy vibrierte und ich sah, dass meine Benachrichtigung angekommen war, die mich daran erinnern sollte, ein Video hochladen und mein ganzen 10% Akku. Da ich gerade keinen Nerv dazu hatte und es die Community verstehen würde, entschloss ich mich, via Twitter, Bescheid zu geben, dass die heutigen Videos leider aus privaten Gründen ausfallen mussten. Kaum hatte ich auf "Posten" gedrückt, steckte ich mein Handy wieder ein. Natürlich hatte ich gesehen, dass mir ein paar Leute geschrieben hatten, aber ich hatte gerade eingendlich keine Lust auf Menschlichen Kontakt. Ich rollte mich wieder ein und schloss die Augen. Die Sonne, die Dank des Sommers noch recht hoch am Himmel stand, schien mir ins Gesicht und wärmte meinen Körper angenehm und ich versuchte zu vergessen, was gerade passiert war, aber es gelang mir nicht. Ruhelos schwirrten meine Gedanken um meine Schwester und um alles was mich momentan beschäftigte, wie die Sache mit Paluten. Ich wüsste zu gerne, was mit ihm los war. Kaum dachte ich an ihn, fühlte mich mich ein bisschen besser. Er war einfach ein super toller Mensch. Mit seinem Humor hatte er mich immer aus meinen Tiefs gezogen, denn obwohl ich ständig so fröhlich und kindisch wirkte, quälten mich oft meine ernsten Ansichten und Gedankengänge.
Wie schön es wäre, mal sorgenlos zu sein. Sich um nichts kümmern müssen.
Einfach glücklich sein und sein Leben leben.
Warum konnte man so etwas nicht?
Lag das an mir, oder konnte es wirklich keiner?

Endlos Telenovela...(#kürbistumor)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt