Kapitel 99

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Genau zwei Wochen später saß ich zu dieser Zeit am PC und aß. Ich hatte eine vier Stunden Aufnahmesession mit dem Feedomsquad hinter mir und war einfach nur fertig. Meine Halsschmerzen von der Früh waren schlimmer geworden und ich war leicht heiser, weswegen ich mich schnell von meinen Freunden verabschiedet hatte. Sie unterhielten sich immer noch, das konnte ich auf dem Monitor sehen. Maudado wurde eingeweiht, das hatten Zombey, Palle und ich einstimmig so beschlossen. Wir fanden es einfach nicht fair ihm gegenüber und hatten es ihm vor gut einer Woche erzählt. Er hatte total gelassen reagiert und uns viel Glück gewünscht.

Was genau das jetzt war, wusste keiner so genau. Palle und ich hatten kleine Körperlichkeiten ausgetauscht und uns auch ein paar Mal geküsst, aber irgendwie ging nichts voran. Ich war mir immer noch so unsicher und Paluten wusste nicht, was er tun sollte.

Der sich ständig verschlechternder Zustand Julias, machte das Gefühlschaos in mir nur noch größer. So mischten sich zu Liebe, Unsicherheit und Unbehagen auch noch Trauer und unendliche Angst sie zu verlieren. Auch wenn ich mir eingestehen musste, dass ich mit ihrem Tod schon fast abgeschlossen hatte. So traurig es klang, aber ich wartete fast schon auf den Anruf, der mir verkündetet, dass ich meine einzige Schwester, meine beste Freundin verloren hatte. Aber wie Doktor Feldmann vorgestern gesagt hatte: "Jeder Tag, den sie nicht mehr erleben wird, ist ein Tag, an dem sie nicht mehr leiden muss" Trotzdem musste ich jeden Tag zusehen, wie sie schwächer, blasser, fahler wurde und ihr einstmals hübsches Gesicht immer grauer und schmerzerfüllter wurde. Es tat so unfassbar weh, nichts für sie tun zu können, aber ich stand machtlos daneben. Es machte mich wahnsinnig.

Paluten war immer mit mir ins Krankenhaus gekommen, täglich, manchmal mehrere Stunden lang, hatte Freizeit und Mühe geopfert, um mich aufzuheitern. Ich konnte nicht in Worte fassen, wie sehr ich ihm dafür dankbar war. Er hatte sogar seine Videoproduktion zurückgestellt, nur um für mich da zu sein.

Er war tatsächlich das einzige in den letzten Tagen, was mich vor dem Verzweifeln bewahrte. So oft schon war er mitten in der Nacht gekommen, um mich zu besuchen, weil ich eines meiner 'Julia-Probleme', wie er sie liebevoll genannt hatte, hatte. Es war, wenn ich aus heiterem Himmel plötzlich anfing zu weinen. Manchmal so heftig, dass ich keine Luft mehr bekam. Gerade wegen meines früheren Asthmas hielt er es für sicherer, wenn er dann bei mir war.

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Leise seufzte ich. Ich wollte nicht weinen, nicht jetzt. Also setzte ich mich direkt daran, meine GTA Aufnahmen, mit einem fast zweistündigem Rohmaterial, zu schneiden. Ich hatte auch noch zwei unbearbeitete Mario-Party-Folgen, die auch darauf warteten, Upload-bereit gemacht zu werden. Diese Aufnahmen hatten Spaß gemacht und hatten mich abgelenkt. Jetzt aber, wo ich wieder alleine war, wusste ich nicht, wie ich mich von diesen Gedanken, die mich überall heimsuchten, schützen sollte. Julia würde sterben.

Wieder seufzte ich, versuchte mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, was mir auch wenig später gelang.

Ich war gerade dabei, die zweite Folge mit Paluten grob zu schneiden, als mein Handy klingelte. Als ich die Nummer sah fiel mein Herz im Sturzflug in Richtung Knie. Es war das Krankenhaus.

Das Gespräch bekam ich nur am Rande mit, ich war viel zu beschäftigt, meinen Atem unter Kontrolle zu bringen. Ich vernahm nur "Unbedingt ins Krankenhaus kommen", "Das übliche Zimmer", "restliche Familie wird auch eintreffen" und "Wird die Nacht vermutlich nicht überleben"

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Bitte tötet mich nicht xD

Endlos Telenovela...(#kürbistumor)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt