Je länger wir durch die hübschen Straßen von Köln liefen und zusammen lachten, desto fröhlicher wurde er und langsam kehrte das altbekannte Funkeln in seine Augen zurück. Dennoch war ich bei weitem nicht so trainiert wie er, weswegen ich nach gut eineinhalb Stunden schon schlapp machte, obwohl wir in einem recht gemütlichem Tempo gegangen waren. Er merkte wohl, dass langsam meine Kräfte schwanden und deutete auf einen kleinen Spielplatz auf der anderen Straßenseite. "Lass uns 'mal da rüber gehen. Da sind Bänke." Ich nickte und freute mich, dass er auf mich Rücksicht nahm. Er war eh ein Mensch, der auf alles und jeden Rücksicht nahm, aber in dieser Situation freute ich mich, dass er trotz seines eigenen Kummers andere nicht vergaß.
Kaum saßen wir auf der Bank, atmete ich erst einmal tief durch. Mein Asthma war bei weitem nicht so schlimm wie in meinen Kindertagen, aber ich hatte immer noch eine unglaublich schwache Lunge. Mit der Zeit hatte ich auch aufgehört, den ganzen Tag das Spray mit mir herumzutragen.
Um uns herum spielten Kinder auf den Verschiedenen Gräten. Es gab eine Schaukel, ein kleines Karussell und weiter hinten sah ich noch eine Rutsche und zwei Wippen. Die Mütter oder Väter der Kinder saßen auch auf Bänken wie unserer. Einige standen auch. Hier und da schrie eines der Kleinkinder. Das brachte mich auf eine Idee. "Willst du 'mal Kinder?", fragte ich Paluten und unterbrach somit das Schweigen und die drohende Stille zwischen uns. Er atmete einmal hörbar ein und aus, dann antwortete er: "Ja, wenn ich den richtigen Partner gefunden habe schon. Ich mag Kinder richtig gerne." Er war mir einen kurzen Seitenblick zu und seufzte leise.
Bedrückt schaute ich auf meine Schuhspitzen. Auf einmal bemerkte ich ein Kind, dass abseits von den anderen stand und traurig wirkte. Kaum hatte es meinen Blick bemerkt, kam es zu uns herüber. Ich stieß Palle kurz mit dem Ellenbogen in die Seite, um ihn darauf aufmerksam zu machen. Eine Weile stand der kleine Junge einfach nur neben uns. Irgendwann ergriff mein Nebenmann das Wort: "Warum spielst du nicht zusammen mit deinen Freunden?" "Ich hab' keine Freunde" Ich musste lachen. Wie er das gesagt hatte.. Patrick schaute mich vernichtend an und meinte: "Lach nich', stell dir vor, dir würde es so gehen wie ihm!" Sofort hörte ich auf. Mir ging es tatsächlich nie so wie ihm. Ich hatte immer meine Freunde, die für mich da waren und die sich für mich stark gemacht haben, als Leute aus höheren Klassen mich für meine langen Haare ausgelacht haben. Ich wurde nie wegen meiner vielen Krankheiten ausgeschlossen oder gehänselt. Ich war immer ein gleichwertiger Teil einer Gruppe und alle mochten mich. Besonders, wenn ich zu ihrem Vergnügen meine Stimme verstellte oder komische Grimassen zog.
"Warum denn nicht?" Durch Palles Stimme wurde ich wieder in das hier und jetzt zurückgeholt. Er sprach mit einfühlsamer und lieber Stimme und klang dabei so unglaublich nett. Der Kleine zuckte nur mit den Schultern und sagte ganz leise: "Weiß nicht. Die mögen mich nicht. Manchmal, manchmal ärgern die mich sogar!" "Das ist aber gemein von denen!" Der Junge nickte wieder. "Wie alt bist du denn?" Stolz hielt er fünf Finger in die Höhe. Dann kommst du ja bald in die Schule, oder?" Das Kind nickte wieder heftig und fing an zu lächeln. "Und wie heißt du?" "Manuel!" Ich musste leicht grinsen. Patrick sprach weiter: "Schau mal, er heißt auch Manuel! Und ich heiße Patrick" Der Blick des Jungen fiel auf mich. Dann wendete er sich wieder Paluten zu. "Mögt ihr euch?", fragte er mit kindlicher Stimme. Kurz sah mich Patrick an, dann sagte er: "Ja, wir sind Freunde." Die Betonung legte er dabei auf 'Freunde' und klang unglaublich traurig dabei. Ich strich ihm auf Mitleid sanft über den Rücken. Ich fühlte Konturen von Muskeln und musste mich zusammenreißen, meine Hand zurückzuziehen. "Aber du magst ihn mehr, oder?", fing Manuel wieder an. Leise seufzte Palle und schüttelte dann den Kopf. "Doch, du magst ihn mehr!" Der Kleine klang ganz stolz über seine Entdeckung und Patrick gab sich geschlagen. "JA, d hast recht. Aber das geht nicht." "Warum?" "Weil...Weil wir nicht können" "warum?" "Na, weil... Schau mal, wenn ich ihn mehr mag und er mich aber nicht, dann kann ich ihn nicht zwingen mich auch mehr zu mögen." "Warum magst du ihn denn nicht mehr?", wendete er sich zum ersten Mal an mich.
Die Antwort blieb mir zum Glück erspart, denn in dem Moment schallte eine weibliche Stimme über den Spielplatz. "Manuel, wo bist du? Komm zu Mama!" "Hier!", schrie der kleine aus Leibeskräften zurück. Eine noch recht junge Frau kommt zu uns herüber. "Schau 'mal, Mama! Das sind meine neuen Freunde. Sie heißen Patrick und Manuel. Der da heißt genau wie ich!" Die Mutter des Kleinen schaute uns misstrauisch an. Sie war wohl nicht so begeistert, dass erwachsene Männer sich mit ihrem Kleinen unterhalten hatten. "Stell dir vor Mama, der Manuel mag den Patrick nicht, obwohl der Patrick den Manuel mag! Das geht doch nicht, Mama, oder?" "Doch Schatz, das geht", sagte sie und wirft in der gleichen Sekunde Patrick neben mir einen mitleidenden Blick zu. Auf einmal schien sie ihre anfängliche Abneigung abgelegt zu haben. Meine Laune sank, schließlich wurde ich gerade wie das letzte Arschloch und der fieseste Herzensbrecher dargestellt. Verstimmt schaute ich beleidigt zur Seite und bekam kaum mit, wie sich Mutter und Sohn von uns verabschiedeten und Palle ihr mitteilte, dass der kleine Manuel manchmal geärgert wird. Sie schien ehrlich überrascht und dankte ihm für die Information. Mit einem letzten, leisen "Tschüs!" von Manuel ließen die beiden uns alleine. Immer noch beleidigt schaute ich zur Seite, bemüht, seinem fragendem Blick auszuweichen. Plötzlich nahm er mich in den Arm und mein Widerstand brach.
"Ich wollte dich nicht in so ein falsches Licht drängen, sorry. Gefühle kann man schließlich nicht erzwingen" Er klang so unglaublich traurig dabei, dass es mir das Herz brach. Ich erwiderte seine Umarmung und unterdrückte meinen schnelleren Herzschlag. Niemand konnte mir sagen, dass das noch normal war. Absolut niemand. Panik, dass bei mir doch stärkere Gefühle entstehen könnten, löste ich mich ruckartig. "Ist nicht schlimm. Ich glaube übrigens, dass du ein guter Vater wärst." Er lächelte.
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Heute ein bisschen länger... 1034 Wörter.
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Endlos Telenovela...(#kürbistumor)
FanfictionAls Manu nach Köln fährt, um seine große Schwester zu besuchen, ahnt er nicht, dass er bald eine Unterkunft bei seinem Freund Paluten finden muss. Für Paluten schien sein Glück perfekt, denn er hatte schon eine Weile das Gefühl, nicht nur gute Freun...