Kapitel 48

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"Hast du alles?", schallte Manus Stimme durch meine Wohnung. "Jaha!", schrie ich zurück. "Wo bleibst du dann?" Genervt stöhnte ich auf. Ich verstand ja, dass er schnell wieder zu seiner Schwester wollte, aber absolut niemand hatte ein Recht, meine frühmorgendliche Gemütlichkeit zu stören. Nicht einmal er.

Trotzdem beeilte ich mich ihm zu liebe noch ein bisschen mehr und hatte schnell alles zusammen, was ich brauchte. Er strahlte wie verrückt, während des ganzen Weges und schritt federnd über den Asphalt. Das war nicht das erst mal, dass mir sein Gang auffiel. Er machte diesen Menschen noch perfekter, als er eh schon war.

Bis wir am Krankenhaus ankamen, quatschte er mich zu und schien nicht zu bemerken, wie sehr ich in Schwärmereien über ihn versunken war. Auch redete er immer noch wie ein Wasserfall, als wir die Gänge des Hauses entlanggingen (die Empfangsdame, die ihn wieder anmachte, schien ihn nur noch mehr auf gute Laune zu bringen, weil er sie wieder anmeckerte und danach ignorierte). Erst, als wir die Türe aufmachten und sich unsere Hände streiften, weil wir gleichzeitig an die Klinke fassen wollten, verstummte er und schien sich zu sammeln.

In der Hoffnung, dass sie nicht schlief, wenn wir reinkamen, betraten wir leise den Raum. Wir hatten Glück und sie saß aufrecht in ihrem Bett und fing an zu strahlen, als sie uns, beziehungsweise Manuel erblickte. Er strahlte zurück und ich konnte nicht verhindern, dass Neid und ein bisschen Eifersucht auf ihre enge Beziehung in mir hochkochte. "Das", er deutete feierlich auf mich und tat so, als ob er mich im Zirkus ankündigen würde, "ist der einzig wahre" er machte eine kleine Pause, um Spannung aufzubauen "Paluten!!"

Ich murmelte leise "Spinner" und musste lächeln, als seine Schwester meinte: "War er immer" und dann lächelte. Ich trat die letzten Schritte auf ihr Bett zu, streckte ihr die Hand entgegen, die bald von ihrer mir Schläuchen an Geräte gebundene umschlossen wurde und stellte mich vor "Ich bin Patrick oder Palle und ein guter Freund von Manu" sie lächelte so breit, dass man ihre geraden, weißen Zähne sehen konnte. "Julia", erwiderte sie.

Sie war, wenn man das so sagen konnte, äußerlich das komplette Gegenteil zu Manuel. Sie hatte mittellange, blonde Haare und blau-graue Augen. Ihre Gesichtszüge waren noch weicher wie die von Manu und sie hatte einige Schönheitsflecken. Dennoch hatten sie dasselbe sympatische Lächeln und dieselbe blasse, ebenmäßige Haut, die ich an Manu so sehr liebte. Sie sah zwar gut aus, aber Manu übertraf keiner.

Wir unterhielten uns noch eine Weile, in der ich einiges über sie herausfand. Sie war wohl Lehrerin an einem Gymnasium und mochte ihren Job gerne. An ihren Unfall konnte sie sich nicht mehr erinnern, aber sie konnte uns ihre körperlichen Beschwerden mitteilen. Ihre Rippen wuchsen wohl gerade zusammen und ihr linker Lungenflügel heilte auch, nachdem er von einer Rippe durchstoßen wurde und sie fast getötet hatte, weil ihr Atemweg behindert war. Im Moment wurde sie künstlich ernährt, weil ihre Nieren ja unbrauchbar waren und das würde noch so lange gehen, bis sie einen Spender fanden.
"...und sie meinten eben, dass das jederzeit passieren kann. Also bleibt nur noch hoffen und warten übrig", beendete sie ihren Bericht und schaute danach in unsere schockierten Gesichter. Manu war die Kinnlade heruntergeklappt und stammelte leicht igendwas von wegen "Was - warum - wie?" "Ich weiß eigentlich nur noch, dass ich mit dem Fahrrad gefahren bin. Ich glaube, ich wollte einkaufen gehen. An den Rest, wie gesagt, überhaupt nicht mehr. Und bevor du fragst, nein, mir tut momentan nichts weh. Ich bekomme recht starke Schmerzmittel." "Aha, okay. Aber warum weißt du das alles?" "Ich hab' gefragt", antwortete sie und zuckte mit den Achseln. Danach wandte sie sich an mich, nachdem ich die ganze Zeit still ihre Konversation beobachtet hatte. "Ich hab' gehört, dass du über mir wohnst und Manu momentan bei dir pennt" "Ja?", fragte ich, weil ich nicht wusste, worauf sie hinaus wollte. "Sag am besten mir Bescheid, wenn er dir zu anstrengend wir, dann kann er in meiner Wohnung schlafen." Da das auf gar keinen Fall wollte, erwiderte ich schnell und vielleicht ein bisschen zu hastig: "Nein, nein, das macht mir gar nichts aus! Er kann gerne bleiben!" und übertönte damit das gespielt beleidigte "Hey! Woher willst du wissen, dass ich anstrengend bin?" von Manu. Er und seine Schwester tauschten einen bedeutungsschweren Blick. Was hatte ich jetzt wieder gemacht?

Endlos Telenovela...(#kürbistumor)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt