Kapitel 101

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P.o.V. Germanletsplay

Die nächste Woche war eine der seltsamsten und emotional aufreibensten, die ich je erlebt hatte. Abwechselnd war ich am heulen und verliebt sein, denn Palle war inzwischen meine ständige Gesellschaft. Ich versuchte alles, damit ich dieses Unwohlsein, das ich in seiner Nähe, gerade, wenn er mich berührte, wir uns küssten, fühlte, loszuwerden, aber es gestaltete sich als doch recht schwierig. Inzwischen ließ ich einfach fast alles mit mir machen, so weit er halt gehen wollte, aber ich vermutete, dass er wusste, dass mir nicht wohl dabei war. Deswegen war er wohl auch noch nie weiter gegangen als ein kleiner Schmatzer auf den Mund, wenn man das eine Mal im Krankenhaus nicht mitzählte, obwohl das eh von mir ausging.

Niemals werde ich seine Unterstützung in der Nacht und den nächsten zweien, vergessen, in denen er nicht von meiner Seite gewichen war und immer, wenn ich erneut weinen musste, mich in den Arm genommen und mit seiner unfassbar liebenswerten Art getröstet hatte, auch wenn er dafür manchmal die ganze Nacht wach war und völlig übermüdet am nächsten Tag Videos produzieren musste und wieder auf mich aufpassen.

Julias Beerdigung würde in einer halben Woche, am 12. Oktober stattfinden und sie würde bei uns in Essen im Familiengrab bestattet werden. Alles war schon geplant, was meine Brüder und ich getrost unserer Mutter überlassen hatten. Was genau auf mich zukam, wusste ich nicht.

Generell erschien mir alles, als würde ich es von hinter einer Glaswand beobachten. Ich hatte einfach keine Emotionen, bis auf die Trauer, die öfter zum Vorschein kam, in mir. Ich wusste nicht mehr, wie es war zu lachen oder sich auf etwas zu freuen. Zwischen mir und der Welt war ein Schleicher, der nicht zu durchdringen schien. Nur Patrick schaffte es ab und zu, mir ein leichtes Lächeln zu entlocken und aus diesem Tagschlaf zu erwachen. Den ganzen Tag lag ich nur in meiner Wohnung herum, wusste nicht, was ich tun sollte. Alles, was ich machen konnte, erforderten zu viel Kraft und Nerven, was ich beides im Moment nicht besaß.

Bei dem Gedanken fing ich wieder an zu weinen und Palle, der im Moment bei mir in der Küche stand und versuchte, etwas Essbares zu zaubern, damit ich wieder etwas zu mir nahm, kam angerannt und setzte sich zu mir auf die Luftmatratze. Der Schmerz in meinem Inneren überschattete alles und so ließ ich mich bereitwillig in den Arm nehmen und wieder leicht küssen.

Und dort saßen wir; Arm in Arm. Ich wollte ihn nicht loslassen, also bewegte ich mich nicht. Um ehrlich zu sein, wollte ich seine Nähe spüren, mich von ihm und seiner Liebe trösten lassen. Die Zuneigung und die Vertrautheit in seinen Berührungen waren so viel größer als alles, was mich davon abhielt, ihm nahe zu sein. Auch all die Unstimmigkeiten, die unsere Beziehung geprägt hatten, schienen in weite Ferne gerückt. Es fühlte sich so gut an in seinen Armen zu liegen und mich bei ihm ausheulen zu können.

Seine Anwesenheit, seine Nähe, seine Liebe füllte das Loch, das in meinem Herzen entstanden ist, als ich meine Schwester sterben sah.

Das Gefühl in meiner Brust war verschwunden.

Endlos Telenovela...(#kürbistumor)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt