Auf Halbem Weg - Steffi (1)

Kapitel 12

Als Wincent abends im Hotelzimmer die Nachricht von Steffi las, spürte er Erleichterung. Sie hatte erst ein paar Stunden später geantwortet, wahrscheinlich hatte sie auf der Arbeit einfach keine Zeit gehabt. Trotzdem hatte ihn das etwas nervös gemacht. War der Kuss-Emoji zu viel gewesen? Er musste wieder und wieder an den Moment auf der Skaterrampe denken. Was wäre wohl passiert, wenn Amelie nicht geschrieben hatte? Es fühlte sich so gut an, sie im Arm zu halten. Zum Glück hatte er durch die frische Luft wieder einen klaren Kopf gehabt. Am nächsten Tag hatte sie ihn noch mehr bezaubert, als sie beide gemeinsam am Klavier gesessen hatten. Wie süß sie sich da rechtfertigen wollte, als er die Notizen zu "kein Lied" gesehen hatte. Sie hatten schon einmal während ihrer Telefonate über ihre damalige Beziehung gesprochen und er hatte sie damals schon so gut verstanden. Dass sie sich jetzt dieses Lied zum nachspielen rausgesucht hatte, rührte ihn. Und es machte ihm bewusst, dass sie in ihrem Leben auch schon einiges durchgemacht hatte, was sie geprägt hatte. Um so mehr hatte es ihn gefreut, dass sie sofort zugesagt hatte, ihn zu besuchen und auch mit zu Marco zu kommen. Er hatte absolut keine Bedenken, sie mitzunehmen. Aber vielleicht sollte er Marco zumindest vorwarnen, dass er nicht alleine kommt. Er ging zum Verlauf mit ihm und tippte: "Hey Bro, ich bin Samstag dabei. Bringe noch jemanden mit, ist doch kein Thema oder?" Seine Antwort ließ nicht lange auf ihn warten: "Klar, wen denn? Etwa eine weibliche Begleitung? Muss ich da mehr wissen? ;)"  - "Nein, eigentlich nur eine Freundin, die ich vor ein paar Wochen kennengelernt habe." Eigentlich... Nachdem er Steffi mit einem Emoji geantwortet hatte, fragte er sich selber, was er da eigentlich machte. Er schicke niemanden diesem Emoji, außer Shay, wenn er ihr sagen wollte, dass er sie vermisste. Ach Shay, er vermisste sie wirklich unglaublich und war froh, sie morgen wieder in die Arme nehmen zu können. Sie und seine Mum kamen zum Abschiedskonzert nach Hamburg, was ihm sehr viel bedeutete. Mit dem Gedanken an seine Familie schlief er ruhig ein. Der Tourabschluss war ein voller Erfolg und Wincent war völlig überwältigt von der Liebe der Fans, die sie ihm entgegenbrachten. Es war eine unfassbare geile Tour und er war dankbar für alle, die ihn dabei unterstützt hatten. Kurz musste er auch an Steffi denken. Schade, dass sie heute abend nicht dabei sein konnte, aber er freute sich schon darauf, ihr von den ganzen süßen Fan-Aktionen und Geschenken zu erzählen. Als er von der Bühne ging, kam ihm seine kleine Schwester schon entgegengelaufen. "Wince, du warst großartig." sie sprang ihm in die Arme und er hob sie hoch. "Wie schön, euch wieder so zu sehen." Seinem Mum trat auf die beiden zu und nahm ihre Kinder in den Arm. Wincent drückte ihr einen Kuss auf die Wange. "Schön, dass ihr da seid. Das bedeutet mir so viel." "Angela, Shay, schön euch zu sehen." Amelie kam auf die strahlende Familie zu. "Das Catering ist schon aufgebaut. Wenn ihr noch etwas abbekommen wollt, solltet ihr schnell nach hinten kommen." "Geht ihr ruhig schonmal vor, ich muss noch kurz telefonieren. bin gleich bei euch" entschuldigte sich Wincent und wollte gerade in seine Garderobe gehen. "Muss das jetzt sein? Ich hab mich so auf dich gefreut und du denkst schon wieder ans arbeiten?" Shay war ihm einen schmollenden Blick zu. Amelie legte ihr einen Arm um die Schultern und zog sie mit. "Er wird gleich nachkommen. Wenn nicht ziehe ich ihn persönlich aus der Garderobe." Wincent warf ihr einen dankbaren Blick zu. Amelie wusste, wen er anrufen wollte und das sollte er jetzt auch tun. Danach würde er noch genug Zeit mit seiner Familie haben. "Muss er wirklich noch so viel arbeiten nach der Tour?" Fragte Angela, als Shay sich zu Benni und Manni gesellt hatte, um sich über das Buffet her zu machen. "Nein, keine Sorge. hat er dir gar nichts erzählt? er hat vor ein paar Wochen ein Mädel kennengelernt und seitdem telefonieren die beiden nach jedem Konzert. Er sagt zwar, dass es nur freundschaftlich ist, aber da bin ich mir mittlerweile nicht mehr sicher. Aber das ist auch egal. Seitdem er nach den Konzerten jemanden hat, mit dem er über seine Erlebnisse sprechen kann, wirkt er viel entspannter. Ich glaube, das tut ihm im Moment einfach gut." "Oh da bin ich ja beruhigt. Ich habe ihm schon öfter gesagt, dass es nicht gut ist, wenn er seine Erlebnisse wieder nur mit sich selber verarbeitet. Dann bleiben wir also mal gespannt. Danke Amelie, dass du immer ein Auge auf meinen Jungen hast. Ihn nochmal so gebrochen wie letztes Jahr zu sehen, das kann ich nicht ertragen. und für Shay wäre es eine Katastrophe. Das hat sie alles sehr mitgenommen." "Habt ihr mir noch etwas übrig gelassen? Ich sterbe gleich vor Hunger." Kam Wincent strahlend in den Raum. Er sah wirklich gut aus, dachte sich Angela. Mal sehen, wann er ihr von der Frau erzählte. "Wincent, wie lange bleibst du denn eigentlich in Eutin?" "Auf jeden Fall bis nächsten Sonntag. Allerdings kommt mich übers Wochenende noch eine Freundin besuchen. Das ist doch okay für euch oder?  Wir haben dann immer noch ein paar Tage zusammen." Natürlich hätten sich Angela und Shay gefreut, ihn auch noch am Wochenende für sich zu haben, aber er hatte ja auch noch seine Freunde. Sie werden einfach das beste aus der Zeit mit ihm machen. "Aber die Monika hat ein neues Café in Eutin aufgemacht, Sie hat Eröffnung am Sonntag und hatte uns gefragt, ob wir nicht am Samstag zum Testessen vorbei kommen möchten. Bring doch deine Bekannte einfach mit." Wincent zögerte kurz. Was würde Steffi dazu wohl sagen? Es klang schon ein bisschen komisch, wenn er ihr erzählen würde, dass sie am Samstag seine Mutter und seine Schwester kennenlernen würde. Andererseits, was war schon dabei? Er hatte ihr ja schon viel über die beiden erzählt. Er wollte sie trotzdem vorwarnen und schrieb ihr. DIe Antwort kam prompt: "Klar warum nicht? Kuchen klingt immer gut." Wie unkompliziert konnte man bitte sein? Auch wenn er irgendwie mit dieser Reaktion gerechnet hatte, erleichterte es ihn sehr.