Kapitel 147

397 22 4
                                    

Die Antwort kam prompt denn schon hatte Steffi Luisas Lippen auf dem Mund. Und sie ließ es geschehen. Für einen kurzen Moment. Der Kuss war so zaghaft, ihre Lippen so weich, so sanft. Halt, stop, was passierte hier? Steffi wich zurück und schaute in Luisas scheue, blaue Augen. Dann sprang diese vom Sofa auf, stammelte eine kurze Entschuldigung und verließ die Wohnung. Steffi brauchte noch ein paar Sekunden, um zu realisieren, was gerade passiert war. Okay, sie hatten viel Wein getrunken, aber war das wirklich nur aus einer Weinlaune entstanden? Steffi war verwirrt. Sollte sie Luisa hinterherlaufen? Was würde sie sagen? Und was bedeutete das für ihre Freundschaft? Auf einmal vibrierte ihr Handy. Wincent. Dafür hatte Steffi gerade keinen Kopf. Sollte sie ihm davon überhaupt erzählen? Nein, nicht, solange sie nicht selber wusste, was das gerade sollte. Sie stand auf und ging zur Wohnungstür, die Luisa aufgelassen hatte. Dann klopfte sie an der Tür gegenüber, doch es machte keiner auf. "Luisa? Komm schon. Bitte rede mit mir." Sie klopfte nochmal an die Tür. "Bitte lass mich rein." Wieder brummte ihr Handy auf aber sie ignorierte den weiteren Anruf von Wincent. Dann ging die Wohnungstür langsam auf.  Luisa ging schweigsam zurück in ihr Zimmer und setzte sich aufs Bett. Steffi folgte ihr. "Danke, dass ich reinkommen durfte. Willst du darüber reden?" Luisa holte tief Luft. "Steffi, also nun ja, ich...ich stehe auf Frauen. Und naja, das mit dem Kuss tut mir Leid. Das hätte nicht passieren dürfen. Also, naja ich wollte es schon gerne, aber damit habe ich wahrscheinlich alles kaputt gemacht. Ich mag dich so gerne Steffi, aber mehr als eine Freundin, verstehst du?" Und so langsam begriff Steffi. "Und deswegen die ständigen Fragen zu Wincent, ob ich glücklich bin und so?" Sie wollte also gar nicht an Wincent, sondern an Steffi. "Ja, es tut mir Leid. Ich dachte nur, du bist so viel alleine, und naja ich weiß auch nicht. Es tut mir Leid. Verurteile mich dafür bitte nicht" "Hey, ist doch erstmal alles okay. ich verurteile dich dafür nicht. Mein bester Freund ist schwul." lächelte sie Luisa an. "Aber falls dein Plan war, mir Wincent auszureden, wäre das schon extrem Scheiße gewesen." "Das wollte ich auch eigentlich nicht. Siehst du? Das meine ich damit, dass ich mich immer in die Falschen verliebe. Ich dachte, da ist so eine Verbindung zwischen uns, diese Signale." "Luisa warum hast du mir nicht von Anfang an gesagt, dass du auf Frauen stehst? Dann hätte ich mich dir gegenüber vielleicht anders verhalten können und dir vielleicht unterbewusst auch gar keine falschen Signale schicken können?" Wieder brummte das Handy. Steffi nahm ab. "Hey, Wince, kann ich dich später anrufen? ich bin gerade bei Luisa. Ja hat sich spontan ergeben. Bis später" wimmelte sie ihn schnell ab. "Erzähl ihm bitte nichts davon okay? Mir ist das so schon peinlich." "Hör zu, dir braucht das doch nicht peinlich sein. Aber ich muss das jetzt auch erstmal einordnen. Ich will dir auch nicht weh tun, weißt du?" Steffi strich ihr mit der Hand über den Rücken, zog sie dann aber schnell wieder weg. "Lass uns erstmal schlafen, und dann renkt sich das schon wieder ein." "Und was ist mit unserer Freundschaft?" fragte Luisa unsicher. "Naja, die kann meinetwegen weiter bestehen. Aber dir muss klar sein, dass ich mit Wincent zusammen bin und ihn wirklich über alles liebe. Und ich stehe einfach nicht auf Frauen. Wenn du das akzeptieren kannst, bist du natürlich immer willkommen." Luisa nickte und stand auf, um Steffi zur Tür zu bringen. Als Steffi im Bett lag, wählte sie erstmal Wincents Nummer, doch dieser schien bereits zu schlafen. Hoffentlich war er nicht sauer. Als sie ihn am nächsten Morgen erneut anrief, ging er sofort ran. "Was war los gestern?" "Sorry, ähm ja. Luisa hatte Liebeskummer und ihr ging es nicht so gut. Da musste ich sie ein bisschen aufmuntern. Alles gut sonst." "Na dann bin ich ja beruhigt. Wir sind gestern echt gut voran gekommen, gleich gehts weiter. Was liegt bei dir noch an?" "Mal gucken, habe mir noch keinen Plan gemacht. Wann kommst du eigentlich zurück? Du fehlst mir, Winnie." "Du fehlst mir auch unglaublich. Je nachdem, was wir heute schaffen, komme ich vielleicht schon morgen Abend bzw. in der Nacht. Dann hätten wir noch einen Tag zusammen, bevor es zum Finale nach Berlin geht." "Das wäre schön, wenn das klappt. Dann lasst euch nicht ablenken und melde dich eben, ja? Ich liebe dich." Steffi hauchte noch einen Kuss in den Hörer. "Das mache ich. Ich liebe dich auch." Sie hoffte einfach, dass es auch wirklich klappen würde, dass sie noch einen gemeinsamen Tag zuhause hätten, bevor der nächste Terminstress in Berlin beim Finale von the Voice Kids losging. Bis dahin hatte sie auf jeden Fall noch Zeit zu überlegen, ob sie Wincent von der Luisa Geschichte erzählen sollte oder nicht.

Auf Halbem Weg - Steffi (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt