Kapitel 131

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Neues Jahr, erste Arbeitswoche Steffi

Als Steffi sich am Freitag nach der Arbeit ins Auto setzte, atmete sie tief durch. Was für eine stressige Woche. Die ganze Erholung der Feiertage war wie weggeblasen. Der Arbeitsstress hatte sie viel zu schnell wieder eingeholt und sie war froh, dass die Woche geschafft war. Zum Glück war Wincent das ganze Wochenende und auch noch ein paar Tage danach in Hamburg. Es standen zwar einige Termine für ihn an, aber zumindest abends konnten sie sich sehen. So nutzten sie das Wochenende, um abends gemeinsam zu kochen und mal wieder ins Kino zu gehen. “Wann willst du eigentlich zurück nach Bremen? Es ist schon dunkel, du musst doch morgen arbeiten, oder?” fragte Wincent, als sie Sonntag abends noch zusammen auf dem Sofa lagen. “Am liebsten will ich gar nicht zurück.” seufzte sie.”Ich hab überlegt, heute noch hier zu schlafen und dann morgen früh direkt ins Büro zu fahren. Ich glaube, ich habe keine Termine und kann auch etwas später da sein.” Wincent schaute sie besorgt an. “Aber von hier fährst du doch locker 2 Stunden, ist dir das nicht zu stressig?” “Ne, das passt schon. Ich möchte noch ein bisschen was von dir haben. Und ob ich jetzt ne Stunde fahre, dann schlafe und dann morgen noch ne Stunde fahre, oder direkt morgen zwei Stunden, macht auch kaum Unterschied.” Sie zog ihr Handy raus, um zu schauen, ob sie wirklich keine Termine am Morgen hatte. Dann überflog sie nochmal kurz ihre Mails. “Och nö…” stöhnte sie auf. Wincent schaute sie fragend an. “Meine Kollegin hat sich für die ganze kommende Woche krank gemeldet. Das wird ja ne spaßige Woche.” “Ohman, hoffentlich wird es nicht zu stressig für dich.” “Da möchte ich jetzt noch gar nicht drüber nachdenken.” Steffi kuschelte sich an Wincents Brust und schaltete den Fernseher an. Er hoffte, dass Steffi sich nicht wieder übernehmen würde und aus ihrem Zusammenbruch im letzten Jahr gelernt hatte. Ab Anfang Februar würde er für zwei Wochen in Berlin sein, denn die Dreharbeiten für The Voice Kids gingen los. Er freute sich wahnsinnig auf die neue Erfahrung und auf die Kinder. Es war auch geplant, dass Steffi ihn für eine Woche begleiten sollte. Er hoffte, dass sie dafür auch wirklich frei bekommen würde und dann den Kopf auch frei hat. 

[2] Steffi fuhr am nächsten Morgen mit einem unguten Gefühl ins Büro, denn sie wusste, dass sie einen Berg an Arbeit vor sich hatte. Grundsätzlich hatte sie kein Problem damit, viel zu tun zu haben und auch mal länger zu machen, aber im Moment bekam sie immer mehr Aufgaben von allen Seiten und konnte ihrer eigentlichen Tätigkeit, die Gespräche mit ihren Mitarbeitern, kaum noch wahrnehmen. De Aufgabe, die ihr am meisten Spaß machte und wo sie sich auch gebraucht fühlte. Es tat ihr so leid, dem allen aktuell nicht gerecht werden zu können und war darüber extrem frustriert. Seit ihr Kollege weg war, war sie im Team die Ansprechpartnerin für alle und alle luden ihre Sorgen und Probleme bei Steffi ab. Das hatte sich auch im neuen Jahr nicht geändert. Die nächsten drei Wochen wurden leider nicht besser. Ihre Kollegin hatte sich weiterhin krank gemeldet und so musste Steffi wohl oder übel weiterhin Überstunden machen, um wenigstens im Ansatz das Gefühl zu bekommen, etwas geschafft zu haben. Bei Wincent standen in diesen drei Wochen einige Interviewtermine und Fotosessions für seinen Job bei TVK so wie ein paar weitere Termine an. Das führte auch dazu, dass sich die beiden selten sehen konnten. Steffi verbrachte viele Tage einfach in Hamburg, um vor ihrem Alltag zu fliehen. Dort freundete sie sich inzwischen ein wenig mit Jakob und Luisa an, die drei verbrachten einige Abende zusammen mit Kochen und Filme schauen. Steffi hatte das Gefühl, bei den beiden einfach mal ihr aktuelles Leben zu vergessen und sich keine Gedanken über das alles zu machen. Sie vermisste Wincent und hätte sich gefreut, wenn er auch dabei wäre, aber es passte zeitlich einfach nicht. Wer er wirklich war, wussten die beiden inzwischen, machten es aber zum Glück nicht zum Thema. Mit seiner Musik konnten sie eh wenig anfangen. 

[3] “Das muss doch für dich auch ziemlich nervig sein, wenn Wincent so häufig nicht zu Hause ist, oder?” fragte Luisa. “Naja, wir kennen es nicht anders. Aber manchmal ist das echt doof, das stimmt.” “Hast du denn gar keine Angst, dass da noch eine andere Frau im Spiel sein könnte?” fragte Jakob nachdenklich. Er war, was das Thema anging, leider etwas gebrandmarkt, da er selber von seiner Ex-Freundin lange Zeit betrogen wurde. Steffi schaute ihn irritiert an. “Nein, absolut nicht. Da mache ich mir wirklich keine Gedanken drum. Ich weiß ja, mit wem er da zusammen ist.” “Mh, ich finde das trotzdem komisch, und für dich echt doof.” Steffi ignorierte die Bemerkung von Luisa erstmal, da sie sich darüber nicht zu viele Gedanken machen wollte. “Ich bin einfach froh, dass ich euch jetzt hier habe. Dann bin ich wenigstens nicht ganz alleine hier in Hamburg.” “Ach das machen wir doch gerne. Aber seid mir nicht böse, ich muss morgen früh raus.” verabschiedete Jakob sich in sein Zimmer. Luisa und Steffi sprachen noch ein bisschen über Wincent und seine Arbeit, denn Luisa war schon interessiert daran, wie es so war, als Musiker zu leben und auch, wie es Steffi damit ging. Steffi war froh, darüber mal offen mit jemandem sprechen zu können. Sie hatte wirklich einen guten Draht zu Luisa gefunden und Luisa schien auch wirklich interessiert darin, was Steffi zu erzählen hatte. “Also ich könnte das ja echt nicht, ständig von meinem Partner getrennt zu sein.” Warum sie allerdings immer wieder mit diesem Thema anfing, wusste Steffi noch nicht so ganz und wollte darauf auch gar nicht näher eingehen. “Ach, es geht eigentlich. Wenn wir zusammen sind, dann haben wir sogar meistens mehr Zeit, als normale Paare, die einen normalen Alltag haben. Aber wie sieht es eigentlich bei dir aus? Warum bist du Hübsche eigentlich Single?” wollte Steffi sie etwas aus der Reserve locken. Denn wenn es um Luisa persönlich ging, war sie plötzlich immer sehr verschlossen. 

[4] Luisa wurde etwas rot. “Ach, das ist alles kompliziert. Es findet sich einfach nicht die richtige Person in meinem Leben. Und wenn ich dann mal jemanden gut finde, beruht das nie auf Gegenseitigkeit. Naja egal, willst du noch ein Glas Wein? Ich hole dann mal eine neue Flasche.” Sie stand auf und ging in die Küche. Steffi schaute ihr nachdenklich hinterher und hatte plötzlich ein ganz merkwürdiges Gefühl, was sie aber noch nicht wirklich einordnen konnte. Sie beschloss auf jeden Fall, Wincent erstmal nichts von diesem Gespräch zu erzählen. Er musste ja nicht wissen, wie neugierig Luisa war, was ihr gemeinsames Leben betraf. Da sie es aber irgendwie doch loswerden wollte, telefonierte sie nach dem Abend noch mit Jula. “Man Steffi, das ist doch glasklar. Die steht auf Wincent und will euch auseinander bringen.” war Julas eindeutige Meinung dazu. “Ich weiß nicht, so wirkt das alles nicht. Sie hat ihn noch nie angebaggert oder so.” entgegnete Steffi unsicher. “Ja, weil sie nicht doof ist. Sie will über dich alles rausbekommen und dir vermutlich noch einreden, dass du dich trennen sollst. Dann hat sie freie Bahn.” “So abgefuckt muss man aber erstmal sein. Vielleicht sollte ich sie einfach mal darauf ansprechen? Ich hatte eigentlich immer das Gefühl, dass sie mich mag.” seufzte Steffi. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Stress in der Nachbarschaft konnte sie überhaupt nicht gebrauchen. Wenn es sich ergeben würde, dann wollte sie Luisa darauf mal ansprechen. 

Auf Halbem Weg - Steffi (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt