Kapitel 17

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Als Steffi aufwachte, spürte sie Wincents Atem ruhig an ihrem Hals. Sie brauchte einen Moment, um sich zu ordnen. Sie schaute auf die Uhr. schon 12 Uhr. Wann sollten sie nochmal bei Wincents Familie sein? Am liebsten würde sie einfach den ganzen Tag mit ihm hier in diesem Hotelzimmer verbringen. langsam rutschte sie aus seinem Arm um huschte mit ihrem Handy ins Badezimmer. sie ließ sich auf dem Klodeckel nieder und strich mit ihren Händen durch ihr Gesicht. Was passierte hier eigentlich? Es fühlte sich an wie ein Traum. Sie fühlte sich so glücklich, aber gleichzeitig fühlte es sich auch unwirklich an. Bei dem Gedanken an morgen wurde dieses Glücksgefühl etwas gedämpft. Dann kam der Alltag wieder und sie hatte keine Ahnung, wann sie Wincent das nächste Mal wiedersehen würde. Seine Tour war vorbei, er wird beginnen, mit Kevin an seinem neuen Album zu arbeiten. In München. Da könnte sie nicht mal eben für ein Wochenende hinfahren. Sie nahm sich fest vor, Wincent darauf vor ihrer Abreise anzusprechen. Sie schaute auf ihr Handy und sah eine Nachricht von Jan. Jan hatte sie vor ein paar Jahren bei ihrem Nebenjob kennengelernt. Die beiden haben sich auf Anhieb gut verstanden und es entwickelte sich in kürzester Zeit eine tiefe Freundschaft. Jan hatte ihr damals als eine der ersten anvertraut, dass er schwul ist. Jan fragte, wie ihr Wochenende war und wann sie sich mal wieder sehen würden. Steffi begann zu tippen: “Was machst du heute Abend? Es gibt viel zu reden!” Sie hatte ihm bisher noch nichts von Wincent erzählt, aber gerade war er genau der richtige, mit dem sie das Erlebte besprechen wollte. Jan war immer verständnisvoll und hörte ihr zu. Bei ihm konnte sie wirklich so sein, wie sie ist und offen über ihre Gefühle sprechen. Genau das brauchte sie später.

[2] Nachdem sie sich kurz frisch gemacht hatte, ging sie zurück ins Schlafzimmer. Wincent hatte sich nicht wirklich bewegt und seinen Kopf im Kissen vergraben. Seine Haare waren wild und er sah so gut aus, dachte Steffi. Womit hatte sie diesen attraktiven Mann in ihrem Bett verdient? Vorsichtig legte sie sich zurück ins Bett. Wincent öffnete langsam seine Augen und brummte ein “Guten Morgen”. “Mahlzeit”, lachte Steffi und wuschelte ihm durch die Haare. “Wann müssen wir eigentlich bei der Mum sein?” “Ach Scheiße, da war ja was. Ich will gar nicht aufstehen heute.” Er zog sich die Bettdecke über den Kopf und kuschelte sich an Steffis Schulter. “Du bist ja ein richtiger Morgenmuffel. Wo ist der Wincent, der morgens mit Brötchen vor meiner Tür steht?” neckte Steffi ihn und boxte gegen seine Schulter. “Und was hast du denn morgens so ekelig gute Laune? Brötchen habe ich dir unten ans Frühstücksbuffett gestellt.” Er schaute sie mit verschlafenen Augen an. “Sehr witzig, die wurden da wohl vor ner Stunde abgeräumt.” Wincent setzte sich auf. “Wie spät ist es denn?” Er schaute auf sein Handy und erschrak. “Ach man, wir müssen ja wirklich gleich schon los. Wann wolltest du denn heute Abend fahren?” “Also ich wäre gerne gegen 20 Uhr wieder in Bremen, also würde ich hier so gegen 18 Uhr spätestens losfahren.” “Na gut, dann hoffe ich mal, dass wir gleich nicht die ganze Zeit mit Kuchen backen beschäftigt sind. Wenn du Lust hast, können wir abends nochmal kurz zum Strand gehen.” “Sehr sehr gerne.” Steffi beugte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss. “Eigentlich könnten wir auch einfach hier liegen bleiben und den ganzen Tag nichts anderes machen.” raunte Wincent ihr zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. “Aber deine Familie möchte dich sicher noch ein bisschen sehen, bevor du zurück nach München fährst. Wie lange bleibst du da eigentlich?” Steffi nutzte die Gelegenheit, um das Thema direkt anzusprechen. Nochmal wollte sie nicht den gleichen Fehler wie beim letzten Mal machen.

[3] “Das weiß ich auch noch nicht so genau. Wir werden in den nächsten Monaten erstmal viel mit Schreiben und produzieren beschäftigt sein, zwischendurch liegen noch TV-Shows und Radio Interviews in Berlin und Köln an. Aber im Norden bin ich dann wahrscheinlich erstmal für eine Zeit nicht mehr. Das ist es doch, was du wissen möchtest, oder?” Er schaute Steffi ernst an. Mit einer Traurigkeit in der Stimme ergänzte er: “Das ist halt der Nachteil an meinem Job. Ich kann nie wirklich verlässliche Angaben zu meinem Aufenthaltsort machen bzw. sagen, wann ich vorbeikommen kann. Gerade in nächster Zeit werden wir sehr viel im Studio sein. Ich hoffe, das verstehst du.” Steffi nickte und spürte einen kleinen Stich im Herzen. Was wollte er ihr damit sagen? War es das jetzt? Wollte er doch nur ein bisschen Spaß am Wochenende haben? Wincent bemerkte Steffis besorgten Blick. “Oh man, ich glaube das kam gerade falsch rüber. Also ich würde dich trotzdem gerne weiter kennenlernen wollen. Also wenn du das auch möchtest. Ich wollte dir damit nur sagen, dass es leider nicht so einfach wird. Aber wenn du dafür bereit bist, lass uns doch einfach schauen, wohin uns der Weg führt.” Er zog seine Lippen zu einem unsicheren Grinsen zusammen. “klingt nach einem Plan. Ich würde es auch schön finden, dass hier in irgendeiner Weise fortzuführen.” Steffi kletterte über ihn, so dass sie nun auf seinem Schoß saß und legte ihm beide Arme um den Hals. Sie strich ihm durchs Haar, drückte seinen Kopf ein Stück zurück, beugte sich über ihn und ließ ihre Lippen langsam von seinem Hals über seine Wange bis hin zu seinen Lippen wandern. Wincent atmete tief ein. “Was machst du nur mit mir?” konnte er gerade noch hauchen, als Steffis Lippen auf seinen angekommen waren und die letzten Worte in einem leidenschaftlichen Kuss endeten. Dann schafften sie es doch noch aus dem Bett, zogen sich an und wenig später saßen sie in Steffis Auto, um zu Wincents Familie zu fahren.

[4] Shay war schon ganz aufgeregt und hatte alle Zutaten für den Kuchen bereit gestellt. Die nächsten drei Stunden waren sie damit beschäftigt Böden zu backen, Cremes zu schlagen und Schokolade zu schmelzen. Wincent war froh, seine Schwester so happy zu sehen. Sie und Steffi funktionierten wirklich gut als Bäckerteam. An den Anblick von Steffi in seinem privatesten Umfeld gefiel ihm. Sie nahm das alles so locker und unbeschwert. Sie schien ein Mensch zu sein, der viel neue Kraft und Stärke aus ihren bisherigen Erfahrungen sammeln konnte. Genau so jemanden braucht er an seiner Seite. Wie viel Stärke sie wirklich hatte, würden allerdings die nächsten Wochen zeigen. Er hatte wirklich Lust, noch mehr von ihr zu erfahren und natürlich auch, ihr noch näher zu kommen. Wie das alles klappen sollte, wusste er allerdings noch nicht. Er freute sich aber schon auf die Jungs in München. Er würde ihnen definitiv von Steffi erzählen. Vielleicht gibt es ja doch eine Möglichkeit, sie in naher Zukunft wiedersehen zu können. “Wincent, kannst du mir bitte kurz helfen? Ich wollte ein paar Kisten auf den Dachboden bringen.” holte seine Mutter ihn aus seinen Gedanken. “Klar, ich komme. Ihr kommt hier doch alleine klar, oder?” zwinkerte er den beiden zu. Als er aus der Küche verschwunden war, schaute Shay Steffi durchdringlich an. “Du magst ihn sehr, oder?” fragte sie neugierig. “Dein Bruder ist wirklich ein toller Mensch, ja ich mag ihn.” “Er mag dich auch. Das sehe ich! Mum ist auch völlig aus dem Häuschen. Er hat ewig keine Freundin mehr mit nach Haus gebracht.” “Naja, ich bin ja nicht seine Freundin. Also nicht so zumindest.” entgegnete Steffi. “Aber ich würde es schön finden, wenn du das wärst. Könnt ihr das nicht einfach beschließen, wenn ihr euch mögt?” “So leicht ist das leider nicht” fing Steffi an zu erklären. “Aber ich verspreche dir, dass wir uns große Mühe geben.” “Nagut” Damit war Shay schon zufrieden. Steffi wurde ganz warm ums Herz. Dieses Mädel war noch so jung und trotzdem verstanden die beiden sich so gut. Shays Worte bedeuteten Steffi eine ganze Menge. So wie sie die beiden erlebt hatte, würde sie nicht jede an der Seite seines Bruders akzeptieren. Steffi sah auf die Uhr. Mist, jetzt hatten sie doch länger gebraucht, als gedacht. Es war schon 17:30 Uhr. Da kamen auch Wincent und Angela zurück in die Küche. “ich helfe noch eben beim aufräumen, aber dann muss ich leider schon los.” 

[5] Nachdem das Chaos beseitigt wurde, begleiteten die drei Steffi noch zur Tür. Shay nahm sie als erste in dem Arm. “Danke, dass du mir geholfen hast.” Auch Angela drückte sie herzlich um Abschied. “Schön, dich kennengelernt zu haben.” “Ich komme noch mit zum Auto.” sagte Wincent und ging los. Am Auto angekommen zog er Steffi noch einmal an sich. “Komm gut nach Hause. Und melde dich, sobald du angekommen bist, ja? Wir sehen uns bald wieder!” “Steffi schaute ihn an. “Na klar, das kriegen wir hin!” Dann nahm Wincent Steffis Kopf in seine Hände und gab ihr einen zärtlichen Abschiedskuss. Ihm war egal, dass seine Mum und Shayenne das sehen würden. Die beiden hatten doch eh schon mitbekommen, dass es zwischen den beiden ordentlich knisterte. Angela und Shayenne standen in der Tür und beobachteten den Abschied der beiden. “Hab ich's doch gewusst.” grinste Angela zufrieden. “Meinst du, wir werden Steffi jetzt öfter sehen?” fragte Shay. “Das würde mich sehr freuen. Hoffen wir mal, dass die beiden es schaffen und dein Bruder nicht wieder kalte Füße bekommt.” Angela legte den Arm auf die Schultern ihrer Tochter. Sie hoffte inständig, dass Steffi das nötige Verständnis und Geduld mitbrachte und ihr Sohn lernte, seine Prioritäten mal ein wenig anders zu setzen.

Auf Halbem Weg - Steffi (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt