92. BrandtxJacquelin

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Julians Sicht:

‚Mensch, das kann doch nicht so schwer sein! Gestern mit Roman an meiner Seite habe ich das schließlich auch geschafft!', fluchte ich innerlich über meine Inkompetenz. Gestern hatte sich noch Roman um mich gekümmert und mir die groben how-tos des Skifahrens beigebracht, aber heute wollte er, als fast Vollprofi auf dem Gebiet des Wintersports, natürlich auch die Berge in einem Tempo erkunden und erfahren.

Aber was sollte man auch machen, wenn das diesjährige Winter Trainingslager nicht in wärmeren Spanien, sondern in Österreich hoch auf den Bergen stattfindet. Das passierte halt, wenn der Großteil meiner Teamkollegen einen Teil des, dieses Mal etwas längeren, Trainingslagers mit Skifahren verbringen möchten. Ich war nur eine von drei Gegenstimmen gewesen. Nun musste ich vier Tage hoch in den Bergen überleben, bevor es wieder runter in eins der größeren Täler geht für den wirklich wichtigen Teil des Trainingslagers. Und das Ganze sollte ich, wenn möglich ohne Brüche oder Erkältungen, überleben um mich weiterhin auf dem Platz beweisen zu können. Na prost Mahlzeit!

Während meiner Kindheit war ich nur einmal so richtig im Winterurlaub gewesen. Aber anstelle, wie jetzt Abfahrtskier an zu haben hatte ich damals mit circa 10 oder 11 Jahren auf Langlaufskier gestanden. Was ein großer Unterschied ist, wie ich nun feststellen durfte.

Eventuell war es damals nur der kindliche Leichtsinn gewesen, aber in meiner Erinnerung hatte ich mich auf den längeren und gleichzeitig dünneren Skiern deutlich wohler gefühlt und hatte mich nach einer Videoaufnahme meines Vaters auch einigermaßen elegant fortbewegt. Davon war ich nun weit entfernt.

Mit einem schweren Seufzer stieß ich mich mit den Stöcken ab und setzte meinen Weg die Piste runter langsam fort. Immer wieder blieb ich am Rand der Piste stehen und ließ eine kleine Gruppe von meinen Teamkollegen immer wieder an mir vorbeiziehen. Gestartet war ich diese erste Abfahrt des Tages mit ihnen gemeinsam. Nun, kurz vor dem Ende der Piste, überholten sie mich bereits zum fünften Mal. Gefrustet schnallte ich meine Skier ab, als ich schließlich meine erste und gleichzeitig letzte Abfahrt des Tages beendet hatte. Keine zehn Pferde würden mich jemals wieder hoch auf den Berg kriegen!

Glücklicherweise ist es nicht Pflicht hieran teilzunehmen. Aber die kleine Wandergruppe war auch längst aufgebrochen und ihnen hinterher zu laufen würde nichts mehr bringen, als dass ich mich wahrscheinlich bei meinem Glück auch noch verlaufen würde. Vor allen den durften wir uns nicht allein irgendwo aufhalten, wenn wir uns bewegen. In der Loipe war aber auch niemand von uns unterwegs und bis auf mich hatte sich auch niemand für Langlauf ausgesprochen.

Ich habe den Kaffee auf von dem Trauerspiel, welches ich hier auf der Piste wohl abgeben musste und wollte gerade meine Skier nehmen um sie zum Bus zurückzubringen und mir wieder normales Schuhwerk anzuziehen - wer zum Teufel hatte diese Ausgeburten der Hölle namens Skischuhe erfunden? Der gehört in die Hölle auf alle Ewigkeit!-, als ich plötzlich auf Englisch angesprochen wurde.

„Du siehst sehr unglücklich aus und keineswegs so, als ob dir Ski fahren Spaß macht." Aufmerksame grün-blaue Augen blicken mich freundlich über den Rand eines Schals an, der fast das gesamte Gesicht meines Gegenübers bedeckte.

„Du hast du recht. Leider war ich sowohl bei der Auswahl des Ortes, als auch bei der Wahl der Sportart in der Minderheit und muss damit jetzt irgendwie zurechtkommen.", klagte ich den Unbekannten mein Leid.

„Was hättest du denn lieber gemacht als Ski fahren? Am Ort kann ich nichts ändern, aber vielleicht beim zweiten Teil deines Problems.", schlug mir der Unbekannte vor.

„So ziemlich alles. Als Kind stand ich schon einmal auf Langlaufskiern, hätte ich gerne wiederholt, wenn es schon Wintersport sein muss, aber es wollte keiner von den anderen mit in die Loipe und wir müssen mindestens zu zweit sein falls etwas passiert.", erklärte ich ihn. „Ich bin übrigens Julian.", schob ich noch hinterher. Er schien ja wirklich an meinem Unbehagen etwas ändern zu wollen und dann kann er auch wissen, wie ich heiße.

Sport OneShots Boy x BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt