Kapitel 17

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Mittlerweile saß ich am Esstisch und sah mir das Brötchen an, welches auf dem Teller vor mir lag. Es war absolut kein spannender Anblick, aber ich war zu nichts anderem fähig.

Am meisten beschäftigte mich Amanda. Tyrones Verhalten nach war seine Mum keine nette Person. Außer bei ihm lag der Fehler und nicht bei ihr. Irgendwie musste ich das herausfinden, bis dahin sollte ich niemandem vertrauen.

Aurore klinkte sich ein, in dem sie sagte: "Wir müssen uns mit jemanden anfreunden, der nicht zu dieser Familie gehört. Jemand Neutrales, der uns etwas über die Umstände erzählen kann."

Das war auch mein Plan, nur war die Frage, wie wir eine Freundschaft schließen sollten. Amanda hatte zwar gemeint, dass sie mir die Gegend zeigen wollte, aber Tyrone wollte mich nicht in ihrer Nähe wissen.

Bei Gelegenheit sollte ich ihn fragen, ob ich alleine das Haus verlassen durfte. Dabei würde ich mich zwar wie ein Haustier fühlen, da ich auf seine Befehle gehorchen musste, aber ich wollte keine Minuspunkte sammeln. Für die perfekte Flucht sollte er denken, dass ich bleiben wollte.

Meine Wölfin lauschte meinen Gedanken und antwortete darauf: "Ja, das wäre sehr intelligent. Solange wir bei ihm gefangen sind, sollten wir uns Mühe geben, um auf seiner guten Seite zu bleiben."

"Ganz meine Rede. Wir sollten zuerst alles bis ins kleinste Detail planen, bevor wir versuchen ihm zu entfliehen."

Falls er uns anschließend jemals fand, würden wir mächtig Ärger bekommen. Da sollte man sich fragen, ob es das wirklich wert war.

Hm.

Ja, doch, der Versuch musste gewagt werden.

Als es an der Tür klopfte und diese auf ging, schnellte mein Blick dorthin. Ich konnte nur beten, dass es weder Tyrone noch Amanda waren.

Herein kam zum Glück ein mir fremder Mann, den ich etwa Mitte zwanzig schätzen würde. Er wirkte sympathisch und hatte ein Lächeln auf den Lippen.

Er verneigte sich leicht und sagte: "Guten Morgen Luna."

Luna?!

Man nannte mich bereits Luna?

Das hätte mir wenigstens jemand mitteilen können, dann wäre ich vorbereitet gewesen. So war das sehr überraschend, eher wie ein Amboss vor meinen Füßen.

Ich mag Tyrones Mate sein, aber ich hätte nie erwartet, dass er mich derart akzeptieren würde. Dann verlangte er noch, dass sie mich vorab bei dem Titel ansprachen. Das war zu dick aufgetragen.

Ich riss mich zusammen, räusperte mich und antwortete: "Guten Morgen."

Allerdings sah er dann den vollen Teller vor mir, was seinen Gesichtsausdruck schnell änderte und er fragte leicht geschockt: "Soll der Koch etwas anderes zu essen zubereiten? Das wäre überhaupt kein Problem."

Uh, das wurde missverstanden, was ich schnell aufklären sollte. "Nein, nein, es ist alles gut. Ich habe nur keinen Hunger." Ich blieb ehrlich, um weiteren Stress zu verhindern. Bevor man etwas anderes für mich kochte. Das wäre die pure Verschwendung, da ich nichts hinunter bekommen würde.

"Es wäre wirklich kein Umstand. Der Koch macht das sehr gerne."

Oh Göttin.

Ich hätte einfach frühstücken sollen. Vielleicht wäre es mir später wieder hochgekommen, aber wenigstens hätte ich mir dieses Gespräch ersparen können.

Ich schüttelte mit dem Kopf um meine Antwort zu verdeutlichen. "Nein, es ist alles in Ordnung damit." Ich zog mir etwas an den Haaren herbei und merkte an: "Die Reise hat mir auf den Magen geschlagen." Das war die ideale Ausrede und die machte Sinn.

Vielen Leuten ging es nach Reisen schlecht, das bekam nicht jeden. Manch ein Magen war sensibel.

Nein, ich hätte mir denken sollen, dass diese Aussage wenig half. Denn er wirkte besorgt, als er fragte: "Soll ich die Rudelärztin bitten zu kommen?"

Das tat ich mit einer Handbewegung ab und erklärte: "Das wird sich bald legen, aber vielen Dank."

Um zu einem neuen Thema zu wechseln, fragte ich: "Wie heißt du überhaupt?"

Er wirkte noch immer unsicher, was meine Antworten anbelangte, aber antwortete: "Ich heiße Gustavo." Er verneigte sich erneut leicht und das war seltsam. Es war eigenartig, wenn man formell behandelt wurde. Vor allem, da mir das absolut nicht bekannt gewesen war. Ich war immer im Durchschnitt, da wäre nie jemand so mit mir umgegangen.

"Ok, Gustavo. Ich möchte dir nochmal danken für deine Freundlichkeit. Trotzdem muss ich anmerken, dass alles in bester Ordnung mit dem Essen ist."

Er nickte und diesmal schien er mir zu glauben. Endlich.

"Dann wünsche ich einen schönen Tag, Luna."

Ich versuchte mich an einem Lächeln und antwortete: "Danke, das wünsche ich dir auch."

Klappe die Dritte, dass er sich verneigte und anschließend verließ Gustavo den Raum.

Kaum fiel die Tür zu, holte ich tief Luft und musste danach seufzen. Daran musste ich mich erst gewöhnen.

Aurore meinte: "Falls das so weiter geht, können wir die Lampe schneller verbrennen lassen als gedacht. Offensichtlich haben wir schon jetzt einen gewissen Status."

"Bitte was hast du mit dem dämlichen Ding?"

Automatisch sah ich nach oben und diese Perspektive, mit der Glühbirne in Sicht, macht es kein bisschen schöner. Dennoch übertrieb meine Wölfin. Keine Ahnung, was in ihrem Hirn vor sich ging.

"Sie beschäftigt michund hat sich in mein Hirn gebrannt. Dieses Ungetüm vergisst man nicht so schnell."

"Du übertreibst und das maßlos. Den Titel der Dramaqueen hast du verdient."

Sie meinte stolz: "Aber ich lenke uns damit ab." Man hörte ihrer Stimme an, wie toll sie ihren Einfall fand, was irgendwie süß war.

Aber ja, da musste man ihr tatsächlich recht geben. So dumm sein mochte, dennoch hatte man damit ein Thema. Zum Beispiel, weil man ihre geistige Gesundheit anzweifelte.

Das Glas voller Wasser, welches am Tisch stand, nahm ich in die Hand und trank einen Schluck. Zumindest trinken konnte ich, wenn schon keine Nahrung in meinen Magen fand.

Ein lautes Klopfen an der Tür ließ mich grummeln, denn der ständige Besuch nervte. Dauernd musste jemand in meiner Nähe sein.

Konnte man mich nicht in Ruhe lassen?

Es war mein zweiter Tag hier, da könnte man mir gerne ein bisschen Zeit für mich geben.

Die Tür öffnete sich und zum Vorschein kam ein Mann. Offensichtlich hatte er einen höheren Rang, denn das strahlte er aus.

Werwölfe konnten das allgemein spüren. Somit kam ich zum Ergebnis, dass ich es mit einem Beta zu tun hatte. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit war er Tyrones Beta, zumindest würde das logisch sein, wenn man bedachte in wessen Haus ich mich befand.

Es war verwirrend, dass er lächelte, noch mehr als in einem freundlichen Ton die Worte folgten: "Guten Morgen Luna, schön, dass wir uns kennen lernen."

Er setzte sich in Bewegung und ich antwortete währenddessen: "Guten Morgen." Ich würde ja erwidern, dass es schön war ihn kennenzulernen, aber noch hatte ich absolut keine Details.

"Übrigens bin ich der Beta von Tyrone."

Aja, wie gedacht.

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt