Kapitel 20

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Am liebsten wäre ich dennoch Flynn gefolgt, nur konnte ich das nie machen, außer ich wollte einen verärgerten Alpha an der Backe haben.

Ich blieb also stehen und drehte mich wie in Zeitlupe um. Das ungute Gefühl in mir wurde größer als ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen hörte. Nun war ich mit Tyrone alleine und verlor damit mein lebendes Schutzschild.

Tyrones Augen wanderten langsam von der Tür zu mir und jede Sekunde davon war die pure Qual.

Aurore sagte überzeugt: "Du schaffst das. Ich glaube an dich und bin dein größter Fan." Das half mir genau gar nicht weiter. Sehr viel eher wäre es hilfreich, wenn sie mir anbot das Steuer zu übernehmen und ich mich im Hintergrund halten könnte. Aber nein, ich musste mir diesen Irrsinn antun.

Vielleicht war es übertrieben, aber ich sagte zu meiner Wölfin: "Falls wir doch das Zeitliche segnen möchte ich angemerkt haben, dass es ein schönes Leben mit dir war."

"Danke, das kann ich zurückgeben. Aber zurück zum eigentlichen Problem. Warum sieht er uns nur an? Weder sagt noch tut Tyrone etwas."

Ja, das war eine sehr gute Frage. Er schien einen inneren Kampf zu haben, zumindest war das meine Vermutung. Sein Wolf und er hatten wohl eine Diskussion wer sich mit uns unterhalten durfte.

Aurore meinte: "Naja, wenigstens bleibt uns diese Diskussion erspart."

"Bei uns läuft es andersrum ab, weil ich am liebsten dich das übernehmen lassen würde. Aber die Diva will ja nicht im Rampenlicht sein." Es klang leicht bissig, weil ich maßlos überfordert mit dieser Situation war.

Warum zeigte er keine Reaktion?

Wenigstens irgendwas könnte er tun. Außerdem war er derjenige, der mich gebeten hatte zu bleiben.

Genau als ich mir das dachte, stand er in der nächsten Sekunde direkt vor mir. Es war ein wahres Wunder, dass ich weder aufschrie noch zusammenzuckte. Ich war allgemein wie erstarrt und zu kaum einer Reaktion fähig.

Ich sah nun auf die Brust vor mir, welche auf meiner Augenhöhe war. Irgendwie kam mir dieses Szenario bekannt vor. Es erinnerte an einen gewissen Abend, an welchem ich ihm hatte davonlaufen wollen.

Tyrone nahm mein Kinn in die Hand und hob es an. Es war als würde die Stelle kribbeln, wo unsere Haut sich berührte. Die berüchtigten Funken vollbrachten ihr Werk, nur war es noch schwach, wie unser Band.

Seine dunkelgrünen Augen hatten die meinen gefangen genommen und sie waren kühl. Allgemein strahlte er eine Kälte aus, die mich innerlich frösteln ließ.

Er hatte zwar diese distanzierte Haltung, dennoch war seine Berührung sanft und leicht. Der Tyrann tat mir weder weh noch war er grob.

Seine Stimme klang rau als er leise sagte: "Aurela, ich muss dir vermutlich nicht sagen, dass es ganz eine dumme Idee wäre sich von anderen Männern umwerben zu lassen."

Also hatte er die Worte von seinem Beta zu ernst genommen, was ich ausbaden durfte.

Ich nickte leicht, da sein Griff nicht zu fest war und auf eine Antwort dürfte er warten, obwohl es keine direkte Frage gewesen war.

Nun kam ein Nicken seinerseits und die Worte: "Sehr gut."

Das Anstarren ging in die zweite Runde und das Verlangen einen Schritt zurückzutreten wurde immer größer. Ansonsten herrschte Stille, weshalb mein viel zu schneller Herzschlag zu hören war. Als Werwolf konnte er meine Angst genauso riechen, dennoch folterte er mich weiterhin. Es schien meinem Mate egal zu sein wie unwohl ich mich fühlte.

Dennoch zog mich etwas zu ihm und diese unglaublich schönen Augen waren faszinierend. Da war ein starker Widerspruch in mir, bei allem was ihn betraf.

Aurore sagte ganz benommen: "Dieser Werwolf ist umwerfend. So etwas Attraktives habe ich mein Leben lang noch nie gesehen."

Irgendwie war das der Moment in welchem ich halbwegs zu Sinnen kam. Ihre Trance hatte mich daran erinnert, wer genau vor uns stand. Und genau das ließ das schlechte Gefühl in mir größer werden.

Endlich durchbrach er diese furchtbare Ruhe in dem er sagte: "Heute Abend wirst du meine Familie kennenlernen, also sei nicht zu spät zu Hause. Sie freuen sich sehr auf dich." Er scheinbar nicht, zumindest war das meine Einschätzung bei dieser Tonlage.

Ich hätte ja Panik geschoben, weil ich noch mehr Wahnsinnige aus dieser Familie treffen würde, aber das musste ich auf später verschieben. Aktuell musste ich versuchen mit dieser Situation klarzukommen.

Er ließ ab von mir, aber blieb direkt vor mir stehen. "Es interessiert mich herzlich wenig, ob du einen guten Eindruck hinterlässt. Das bleibt ganz dir überlassen."

Bitte was?

Es war ihm also vollkommen egal, was seine Familie von mir hielt. Keine Ahnung, ob das positiv oder negativ war. Seine Handlungen oder Denkweise verwirrte mich allgemein.

Abrupt wandte der Alpha sich ab und ging zu seinem Schreibtisch zurück. "Zur Kreditkarte, mach damit was du willst."

Noch immer kam kein Ton von mir und meine Füße waren wie festgewachsen. Ich musste auch gerade das Trauma verarbeiten, welches sich Tyrone Darkmoon nannte.

Als er auf seinem Stuhl Platz nahm, sagte er kalt: "Du kannst jetzt gehen."

Es war ein kleiner Kampf aus meiner Starre zu kommen und meinen Beinen den Befehl zu geben sich zu bewegen. Es dauerte kurz, aber schließlich bekam ich es hin mich umzudrehen und sobald der erste Schritt gemacht war, schaffte ich es loszueilen. Diesen Raum zu verlassen war mein oberstes Ziel.

Die Tür war das Portal zu meiner Freiheit und die Erlösung aus dieser qualvollen Situation.

Dort angekommen hielt ich inne, als meine Hand auf die Klinke fand, denn Tyrone meinte: "Wenn du am guten Eindruck interessiert bist, zieh ein Kleid an."

Warum auch immer, mir egal. Ich riss die Tür auf und antwortete: "Ok." Damit war ich aus dem Raum verschwunden und konnte aufatmen.

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt