Kapitel 92

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"Ich kann nicht fassen, dass ich das tue." Tyrone öffnete gerade die Haustür und ich folgte ihm. Noch musste ich die Sorge in mir tragen, ob er mich nicht doch hier ließ. Bei seinen Zweifeln wäre das eine realistische Möglichkeit.

Als weitere Vorsichtsmaßnahme hielt ich meine Klappe. Ich wollte keine weitere Diskussion starten, davon hatten wir heute Morgen bereits genug.

Wir erreichten schon das Auto und Tyrone riss die Fahrertür auf. Sein todernster Gesichtsausdruck wies daraufhin was er davon hielt. Es war ein Wunder, dass mein Mate dem zugestimmt hatte. Meine Argumente schienen doch noch Wirkung gezeigt zu haben.

Ohne einem Wort eilte ich zur Seite des Beifahrers und setzte mich auf den Platz. Ansonsten würde ich es ihm zutrauen, dass er ohne mich losfuhr.

Kaum hatte ich die Autotür geschlossen, startete er den Wagen und parkte aus. Scheinbar hatte er allgemein einen schnellen Fahrstil, denn auch diesmal begann die Fahrt rasant.

Ich blieb dem Seitenfenster gewidmet, denn der Wald konnte ein schöner Anblick sein. Wobei er viel zu schnell an uns vorbei zog. So gute Reflexe ein Alpha hatte, aber ich würde es als riskant einstufen. Alleine bei all den Wildtieren, die jeder Zeit auf die Straße laufen könnten.

Natürlich bestand die Gefahr, dass Tyrone umdrehte und mich zu Hause absetzte, allerdings konnte ich mir keinen Kommentar verkneifen. "Du hältst dich wohl gerne an Verkehrsregeln."

"Aurela, sei einfach dankbar, dass ich dich mitnehme." Nun wandte ich mich doch ihm zu. Er wirkte ernst, aber nicht mal zu sehr. Vielleicht hatte er tief in sich erkannt, wie recht ich hatte. Am Ende konnte mir nicht viel passieren. Es gab genug Wachen im Anwesen und Amanda war weg gesperrt.

"Trotzdem könntest du die Geschwindigkeit reduzieren. Wie ein Wahnsinniger durch die Gegend zu fahren ist gefährlich." Zu meiner Überraschung wurde der Wagen langsamer. Deshalb merkte ich an: "Danke."

Für ihn schien dieses Thema abgehakt zu sein, denn er fuhr anders fort: "Wie vereinbart wirst du alles machen was ich dir sage. Es gibt keinen Alleingang und..." Schon unterbrach ich ihn: "Ich werde wie ein gut dressierter Hund deine Befehle befolgen. Und nein, ich stelle keine Fragen und tue einfach was du sagst. Das war unser Deal und den halte ich ein." Da er kurz zu mir sah, setzte ich ein Lächeln auf.

Innerlich konnte ich es kaum fassen, dass er mich wirklich mitnahm. Der Sturkopf konnte sogar nachgeben. Vielleicht war ihm eine weitere Diskussion auch zu mühsam gewesen. Immerhin hatte ich ihn seit unserem Erwachen versucht umzustimmen.

Todernst sagte er: "Das ist kein Spaß. Mir ist zwar selbst bewusst, dass meine Mutter im Kerker sitzt, dennoch bin ich misstrauisch. Es war viel zu leicht sie einzufangen."

"Dann schweige darüber, dass ich im Anwesen bin. Zwangsläufig muss sie das nicht wissen." Obwohl er das vermutlich nie vorhatte. Warum sollte er seiner Mutter auch erzählen, dass ich mich in der Nähe befand? Das würde keinen Sinn machen.

Sein Blick blieb auf die Straße gerichtet, als er drohte: "Und wehe du begibst dich in die Nähe meiner Mutter. Sie mag ein Gespräch mit dir wollen, aber das wird nie stattfinden."

"Kein Problem. Ich habe selbst nicht das Bedürfnis mit ihr zu reden." Natürlich wäre es interessant zu wissen, was genau sie von mir wollte. Allerdings war mir bewusst, wie riskant das sein konnte.

Mit einem Kopfschütteln widmete ich mich wieder der Außenwelt. Es war vollkommen verrückt in welcher Familie ich gelandet war. Da war der friedliche Anblick des Waldes ein kleiner Trost. Mittlerweile konnte man die Bäume besser sehen, da mein Mate beschlossen hatte mit normaler Geschwindigkeit weiterzufahren.

Eine Ablenkung war die Aussicht dennoch nicht, dafür gab es zu viele Geschehnisse. Ein Seufzen fand von alleine über meine Lippen.

Tyrone legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und drückte leicht zu, dabei sagte er: "Ich werde nur kurz von deiner Seite weichen, wenn ich meine Mutter besuche. Ansonsten bin ich immer bei dir." Meine Hand legte ich auf die seine und hieß damit die Funken willkommen. "Tyrone, die schlimmste Gefahr ist vorüber. Du solltest aufhören dir derart viele Sorgen zu machen."

In letzter Zeit mag viel passiert sein, aber das war kein Dauerzustand. Im Normalfall war das Darkmoon Rudel ein sehr sicheres.

Ich sah auf unsere Hände und verschränkte seine Finger mit den meinen. Vielleicht besänftigte ihn das ein bisschen. Irgendwann musste Tyrone selbst erkennen, dass er übertrieb.

"Mate, dir soll nichts geschehen. Deine Sicherheit ist meine oberste Priorität. Genau deshalb hättest du zu Hause bleiben sollen." Bevor diese Diskussion von vorne begann, lenkte ich gekonnt das Thema um. "Wie genau gehen wir überhaupt wegen Yasmina vor? Denkst du sie ist bereits im Anwesen?"

Tyrone gab ein Grummeln von sich, denn natürlich fiel ihm der abrupte Themenwechsel auf. Ich drückte seine Hand, denn irgendwie würde ich es schon schaffen ihn am Boden zu halten.

Nach einem Räuspern folgte die Antwort: "Sie befindet sich längst in der Nähe. Einer der Wachen hat Yasmina gesichtet, jedoch wieder aus den Augen verloren. Wie ich sie kenne, hat sie es entweder schon ins Anwesen geschafft oder bald."

In Anbetracht der Tatsache, dass sie bereits zwei Morde hinter sich hatte, ohne Spuren zu hinterlassen, wäre es möglich, dass sie sich schon im Haus befand. Dann müsste sie es nur noch schaffen zu Tyrones Vater zu gelangen. Ihn anschließend umzubringen dürfte einfach zu bewerkstelligen sein.

Nachdenklich sagte ich: "Also hat sie es wirklich auf deinen Vater abgesehen."

"Mit Sicherheit, denn auf ihn hat Yasmina den größten Hass. Bei der Wahl zwischen meiner Mutter und ihm, ist mir klar für wen Yasmina sich entscheidet."

Dann mussten wir hoffen, dass wir unser Ziel rechtzeitig erreichten. Ich wollte unbedingt verhindern, dass sie die Lage für sich schlimmer machte.

Ich wollte gerade ansetzen, allerdings kam mir mein Mate zuvor: "Als erstes suchen wir das Zimmer meines Vaters auf. Es gibt einen Geheimgang in diesen Raum. Und wenn, wird Yasmina darüber zu ihm gelangen. Zur Sicherheit will ich die Geheimtür verschließen."

Es machte Sinn, wenn er das selbst tun wollte. Ansonsten wüsste noch jemand Bescheid wegen dem Geheimgang. Aber genauso verschaffte es Yasmina Zeit.

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt