Man erkannte es wohl an meinem Gesichtsausdruck, denn Yasmina sagte: "Ernsthaft, das ist die pure Wahrheit. Tyrone hatte etwas Wunderschönes geplant. Er wollte sich für dich richtig Mühe geben, obwohl ihm der romantische Kram eigentlich unwichtig ist." Bei diesem Mann war das durchaus schwer zu glauben. Deshalb blieb mein Blick skeptisch und ich musterte sie lediglich. Ich hielt es weiterhin für einen schlechten Scherz.
Unbeirrt begann sie ein Verhör: "Wie verlief das vorherige Gespräch? Über was habt ihr geredet? Irgendwas muss der Auslöser gewesen sein." Sie wollte dem Ganzen auf den Zahn fühlen und das Rätsel lösen. Scheinbar glaubte sie an seine Unschuld und, dass es einen logisch Grund dafür gab.
Ich fuhr mir mit der freien Hand durch die Haare und erklärte: "Er war wieder abweisend, weshalb ich ihn darauf angesprochen habe." Nach dem ich tief Luft geholt hatte, riss ich mich zusammen und berichtete ihr den Rest. Yasmina hörte mir aufmerksam zu und ließ mich sprechen. Sie unterbrach mich kein einziges Mal und wartete ab, wie der genaue Verlauf gewesen war.
Als ich fertig war, nickte ich und fuhr mir mit einer Hand übers Gesicht. Ich wollte gefasst bleiben und nicht heulen anfangen, dabei war meine Stimmung knapp vor dem Kippen.
Yasmina räusperte sich und meinte: "Dann haben wir den Auslöser gefunden. Tyrone ist eine Person, die in Wut zu Kurzschlussreaktionen neigt und er wird teilweise leicht wütend. In deinem Fall hat er das offensichtlich nicht unter Kontrolle und denkt irrational." Obwohl leichte Tränen in meinen Augen waren, erwiderte ich ihren Blick. Ich versuchte zu erkennen, wie viel Wahrheit in ihrem Gesagten lag. "Aurela, ich glaube, dass Tyrone gedacht hat, dass du weg willst und ihn ablehnen möchtest. Deshalb knallte ihm eine Sicherung durch und er hat die Akzeptanz durchgezogen."
Ich schüttelte den Kopf und sagte: "Ich habe aber nichts von abhauen gesagt. Ich habe ihn lediglich gebeten genug Anstand zu haben mich gehen zu lassen, wenn er mich nicht will. Es ist unfair mich hier zu behalten, wenn ich ihn nerve."
"Naja, bei eurem Kennenlernen wolltest du abhauen. Das dürfte er noch eine Weile im Kopf haben. Das vergisst man nicht so schnell. Da hat er vorhin voreilige, falsche Schlüsse gezogen und in seiner Panik dich akzeptiert." Ich musste mich krampfhaft zusammenreißen, um mit fester Stimme zu fragen: "Warum hat Tyrone dann gesagt, dass er mich nicht will?"
"Eigentlich hat er das nicht direkt gesagt, wie du mir das geschildert hast. Damit könnte vieles gemeint sein und auf deine spezifische Frage gab er dir keine Antwort. Der Typ kann sehr schlecht mit Gefühlen umgehen, wenn du mich fragst, hat er genau deshalb auch keine Ahnung, wie er mit dir umgehen soll. Du überforderst ihn maßlos." Ich hob eine Augenbraue, denn ganz konnte ich dem nicht folgen. Aber Yasmina war so freundlich und erklärte es: "Wir zwei sind in einem ruhigen, behüteten Haushalt aufgewachsen. Uns wurde beigebracht wie man geliebte Personen behandelt oder wir hatten direkt vor Augen, wie das abläuft bei normalen Mates. Unsere Eltern haben sich und uns geliebt, dadurch haben wir gelernt wie das ist oder funktioniert."
Mir brach vorab das Herz, weil mir klar war worauf das hinauslief. Deshalb flüsterte ich: "Bei Tyrone und Zac war das ganz ein anderer Fall." Sie nickte und beim Namen ihres Mates zuckte sie leicht zusammen. Da tat mir leid, dass ich diesen überhaupt ausgesprochen hatte. Ich wollte ihr keine Schmerzen zufügen, denn davon trug sie genug in sich.
"Im Grunde ist das die Sorte Person, der man erst beibringen muss wie das mit der Liebe läuft. Ich spreche aus eigener Erfahrung, es kann verdammt anstrengend und auch viel Arbeit oder Geduld verlangen. Aber für mich war Zac das allemal wert. Ich würde es immer wieder tun."
Etwas überraschte mich an dieser Aussage, weshalb ich fragte: "Also hat es bei euch gedauert bis ihr ein Paar gewesen seid?" Sie schüttelte mit dem Kopf und ein leicht trauriges Lächeln fand auf ihre Lippen. "Nein, wir waren direkt zusammen und es gab nie eine Trennung. Aber das heißt nicht, dass der Weg einfach war oder keine Schwierigkeiten auftauchten. Wir hatten am Anfang unsere Kämpfe." Ich nickte verständnisvoll und sie drückte leicht meine Hand, was ich erwiderte. In dem Fall versuchten wir uns gegenseitig Beistand zu geben.
"Zac hat immer gemeint, dass es ein Segen war, dass ihre Eltern ihn ständig links liegen ließen oder ignorierten. Tyrone hingegen war mittendrin. Sein Vater nahm die Ausbildung zum Alpha sehr ernst und hat Tyrone von klein an gedrillt. Seine Erziehungsmethoden waren brutal und fragwürdig. Wenn ich nur an diesen Mann denke..." Diesen Satz ließ sie so stehen, da sie ein Schauer durchfuhr. "Seine Mum ist im Grunde keine, denn die sollte auf ihr Kind aufpassen und es beschützen. Amanda hatte Angst vor ihrem Mate und dreimal darfst du raten, wen sie gerne als Puffer verwendete."
Ganz leise antwortete ich: "Tyrone."
Sie nickte und mittlerweile wollte ich wegen seiner Vergangenheit heulen, nicht mehr wegen dem Mist den er bei der Akzeptanz abgezogen hatte. Mein Mate hätte gerne mit mir reden können und zwar Klartext. Nur tat er das sehr ungern. Yasmina tat uns einen großen Gefallen, in dem sie Licht ins Dunkel brachte.
Sie legte den Kopf schräg und wirkte nachdenklich. "Weißt du was ich nie verstanden habe?" Die Fragezeichen standen ihr groß ins Gesicht geschrieben und ich drückte ihre Hand, damit sie fortfuhr. "Alpha und Luna haben das stärkste und vor allem engste Band. Im Normalfall können Mates einander nicht weh tun und sie lieben sich. Wie hat es Arthur als Alpha dann geschafft seine Mate zu verabscheuen und ihr weh zutun? Amanda hat er wirklich grob behandelt."
Darüber dachte ich nach, aber ich hatte selbst keinen Tau wie das klappen sollte. Es entsetzte mich selbst, dass das überhaupt möglich war.
Schließlich meinte sie nachdenklich: "Meine einzige Erklärung ist, dass dieser Mann kein Herz besitzt, was ihn resistent gegen das Mateband macht. Richtig komisch war es, dass er dann doch manchmal einen Moment hatte, wo er nett zu Amanda war. Allerdings war er das ausschließlich zu ihr, ansonsten behandelte er jeden wie Dreck und war ein grausamer Diktator."
Hm, diese Infos gaben auf jeden Fall genug Denkstoff. Allgemein hatte ich heute viel erfahren. Damit durfte ich mich auseinandersetzen, bis ich dem Tyrannen gegenüber stand. Sofern ich mich dafür entschied zu bleiben.
Ich legte einen Arm um Yasmina, weil ich ihr mittlerweile dankbar war, dass sie mir all das gesagt hatte. Beide lehnten wir unsere Köpfe gegeneinander. Diese Frau hatte es in kürzester Zeit geschafft mir ans Herz zu wachsen.
Sie seufzte und erklärte: "Erst durch Tyrone wurde es ein schönes Rudel, in welchem man gerne lebt." Da lag wohl eine schwere Zeit hinter allen, bei dem früheren Alpha. Wenigstens hatte sich mittlerweile das Blatt gewendet.
Danach herrschte Stille zwischen uns, die mir Zeit zum Nachdenken gab. Beide hingen wir unseren Gedanken nach und hießen diese Ruhe willkommen.
Diese Unterhaltung hatte mich ganz durcheinander gebracht. Theoretisch wäre es vernünftig zu warten und ein Gespräch mit Tyrone zu führen. Nur, wenn ich danach doch abhauen wollte, wäre eine Flucht wesentlich schwerer. Wenn er in der Nähe war, wäre ein erfolgreicher Versuch praktisch unmöglich, weil der Alpha sofort handeln könnte.
Schließlich flüsterte Yasmina: "Wobei, warum fragen wir uns überhaupt wie Arthur seine Mate verletzen konnte oder schlecht behandeln? Dieser Mann hat seinen eigenen Sohn umgebracht, das sagt alles über ihn aus. Er ist ein Monster wie es im Bilderbuch steht."
Diese Nachricht war ein wahrer Schock, denn ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit.
Zac wurde also von seinem eigenen Vater ermordet.
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My heartless Mate | ✔️
WerewolfSie führte ein einfaches und normales Leben im Rudel. Sie war beliebt, von jedem gemocht und war ein wahrer Sonnenschein mit viel Liebe. Alles änderte sich in einer einzigen Nacht. Ein Ball, welcher für den tyrannischsten und mächtigsten Alpha abgeh...