Kapitel 48

7.5K 377 40
                                    

Tatsächlich gab man in dem Ganzen mir genauso eine Aufgabe. Als anerkannte Luna, durfte ich mit den uns verbündeten Rudeln telefonieren und sie über die aktuelle Lage aufklären. Es wunderte mich, dass man mir ernsthaft ausgerechnet das überlassen hatte. Klar, ich wusste wie man telefonierte, aber das waren sehr ernste Gespräche und ich hatte null Erfahrung mit dem Umgang mit anderen Rudeln.

Tja, ich hatte es gut über die Bühne gebracht und jeder war dankbar über die Informationen. Die meisten hatten ihre Überraschung kaum verbergen können, dass die neue Luna bereits ihrer Arbeit nachkam.

Obwohl ich mich zu Beginn leicht überfordert gefühlt hatte, war ich nun stolz. Damit hatte ich mich dem Titel der Luna gerecht verhalten. Mein erster Job in diesem Bereich war erledigt worden und das mit Bravour.

Die einzige Ausnahme war mein altes Rudel, denn das hatte Tyrone selbst kontaktiert. Dort ging es auch um ein neue Vereinbarung wegen der Kämpfer, die mein Mate zu ihnen schicken wollte. In dem Fall war es besser, dass er das übernommen hatte.

Ansonsten klärte Tyrone hauptsächlich alles über den Mindlink und blieb mit mir im Büro. Mir schien, dass er mich ungern alleine lassen wollte. Vermutlich traute er niemanden außer sich selbst, weshalb ich praktisch an ihn gebunden war.

Bei all dem saß ich in seinem Sessel hinter dem Schreibtisch und ich fühlte mich darin verloren. Er füllte diesen Stuhl wesentlich mehr aus, nur ich war Fehl am Platz.

Als der letzte Anruf getätigt war und ich das Telefon ablegte, trat Tyrone neben mich, welcher vorhin noch hinter mir vor dem Fenster gestanden hatte. Er hatte sicherlich genug Dinge zu klären gehabt. Bei diesem riesigen Rudel und einem Angriff, da gab es Arbeit zur genüge.

Ich sah auf zu ihm und seine Augen hatten gleich die meinen gefunden. Keine Ahnung was in diesem Kopf vor sich ging. Seine Schutzmauern hatte er wieder hoch gefahren und die schienen unüberbrückbar zu sein. Kaum dachte man, dass sich dieser Mann öffnete, bewies er einem das Gegenteil.

Nach einem Räuspern erklärte ich: "Alle sind darüber informiert und jeglicher Alpha bot seine Hilfe an. Ich zweifle daran, dass du welche brauchst, aber man weiß ja nie."

Darauf ging er nicht weiter ein und erklärte: "Ich hasse dieses Haus, aber es ist im Normalfall sehr sicher, weshalb wir hier wohnen bleiben werden. Die Schutzmaßnahmen und Wachen wurden erhöht, damit bist du hier drinnen in vollkommener Sicherheit." Er reichte mir ein paar Zettel, die ich kommentarlos annahm. "Das sind die Pläne von diesem Haus. Es gibt mehrere Sicherheitsräume, Panikräume oder wie auch immer du sie nennen möchtest. Geheimgänge gibt es genauso, die alle dort aufgezeichnet sind. Für die versteckten Räumlichkeiten gibt es die Beschreibung, wie du die Tür öffnen kannst." Mit einem eindringlichen Blick, machte er den Abschluss: "Schau dir diese Papiere an und vor allem merk dir alles. Es ist hier zwar sicherer, aber man sollte immer auf mögliche Notfälle vorbereitet sein. Mir ist es lieber, wenn du dieses Wissen hast."

Das klang logisch und ich war ihm dankbar. Man wusste nie, ob das nicht irgendwann nützlich werden könnte oder ein Leben rettete. Wenn man schon die Möglichkeiten hatte, dann sollte man diese nutzen.

"Ok, danke für die Aufzeichnungen. Ich werde mir alles gut einprägen."

Ich widmete mich den Zetteln, weil ich sie mir genauer ansehen wollte, aber Tyrone fuhr fort: "Meine Mutter zieht soeben aus, damit gibt es in deiner unmittelbaren Nähe ein Problem weniger." Mit dieser Aussage hatte er es geschafft meine volle Aufmerksamkeit zu bekommen, denn es überraschte mich.

Wie hatte er sie aus dem Haus bekommen?

Amanda dürfte es ihm schwer gemacht haben. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie da mitspielte. Vor allem in ihrer Idee mich zu beseitigen wurde die Lage komplizierter, wenn sie abhaute.

Ich zog verwirrt meine Augenbrauen zusammen und fragte: "Wie hast du das geschafft? Wollte sie den Auszug?"

"Nein, sie wollte natürlich bleiben. Aber du warst das Ziel des Anschlags, damit meine Mutter keiner weiteren Gefahr ausgesetzt ist, weil sie sich in deiner Nähe befindet, wird sie umziehen. Es wird zwar nie wieder jemand in dieses Haus schaffen, aber irgendwie musste ich sie los werden und vor dem Rudel ist das eine tolle Ausrede."

"Also gibt es keine Beweise, dass sie an dem Angriff ihre Mitschuld trägt?" Ein Kopfschütteln war mir Antwort genug. Die Frau war offenbar gut im Spuren verwischen. Aber mit Glück kam diese Info über Alpha Greymoon auf. Vielleicht wurde er gesprächig, sobald Tyrone ihn gefangen genommen hatte.

Meine Frustration tat ich kund, in dem ich ein Seufzen von mir gab. Es wäre auch zu einfach gewesen, wenn wir Beweise gefunden hätten.

Tyrone meinte: "Mach dir keine Hoffnungen. Meine Mutter weiß was sie tut und wie sie ihre Taten am besten vertuscht."

Bei dieser Familie brauchte man wirklich keine Feinde mehr. Wenn ich daran dachte, dass mein Mate sein Leben lang mit ihnen zu tun hatte, bekam ich unwillkürlich Mitleid. Das musste eine schlimme Kindheit gewesen sein.

Ich stand vom Stuhl auf und antwortete dabei: "Irgendwann macht sie einen Fehler, das tun sie alle. Vielleicht nicht heute oder morgen, aber Amanda wird noch für ihren Wahnsinn bezahlen."

Mein Mate wandte sich mir ganz zu, was eine kleine Hoffnung aufkeimen ließ. Vielleicht taute er auf.

"Aurela, wenn ich eins gelernt habe, dann das man meine Mutter niemals unterschätzen sollte." Ich nickte lediglich und sah auf zu ihm. Es juckte mich in den Fingern ihn zu berühren, aber ich riss mich zusammen.

Eine Stille fiel zwischen uns, bei der ich kaum beurteilen konnte, ob diese angenehm oder grausam war. Dieses ewige hin und her zwischen uns hörte vermutlich nie auf.

"Ich werde mit in den Kampf ziehen. Erstens will ich meine Männer nicht alleine lassen oder enttäuschen. Zweitens muss ich mir den Alpha schnappen. Drittens bin ich kein verfluchter Feigling, wie Greymoon es ist."

Die Sorgen begannen damit automatisch. Am liebsten hätte ich ihn hier behalten, denn in so einer Schlacht konnte viel schief gehen. Da könnte ihm alles Mögliche passieren, egal wie viel Erfahrung Tyrone hatte.

Ich biss mir auf die Unterlippe, denn ich war versucht ihn umzustimmen. Nur wäre das unfair, denn im Grunde kam er nur seinem Job nach.

Tyrone fuhr fort: "Flynn wird bei dir bleiben und auf dich aufpassen. Ich vertraue niemanden so sehr wie ihm, weshalb er das übernehmen wird. Auch im Haus sind lediglich Wachen, denen ich mein Vertrauen schenke. Man wird dich gut beschützen." All das klang gut für mich, aber meine Sorgen drehten sich um ihn.

Ganz leise fragte ich: "Wie lange wirst du weg sein?" Hoffentlich nicht zu lange. Alleine, weil wir dann bestimmt Abstand zueinander fanden. Die Rückschritte sah ich praktisch vor mir.

Zu meiner Verwunderung hob er seine Hand, um sie auf meine Wange zu legen. "Ich werde schneller wieder hier sein als du denkst." Das war eine vage Antwort, die bedeuten dürfte, dass er selbst keine Ahnung hatte. Das klang wenig vielversprechend.

Ich war mutig genug einen kleinen Schritt auf ihn zu zugehen, weshalb wir einander beinahe berührten. Noch waghalsiger wurde ich, als ich fragte: "Was ist los? Plötzlich bist du wieder abweisender mir gegenüber."

Und damit war alles zerstört, denn die Kälte zog in jeglichen Winkel seines Gesichtes. Seine Hand zog er abrupt zurück und der Schritt nach hinten fehlte genauso wenig. Der Todesstoß wurde dem Ganzen mit folgenden Worten gegeben: "Ich bringe dich jetzt auf unser Zimmer."

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt