Kapitel 83

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Funken.

Ich spürte wundervolle Funken an meiner Wange, jemand schien darüber zu streicheln. Unwillkürlich musste ich lächeln, denn das musste mein Mate sein.

Leise hörte ich ihn sagen: "Guten Morgen Mate."

Langsam öffnete ich meine Augen und Tyrone lag knapp vor mir. In seinen Gesichtszügen war keine Kälte zu finden, auch ansonsten wirkte er entspannt. Dabei hatte ich bereits den Gedanken, dass dieser Mann nie entspannt sein könnte. Scheinbar hatte ich mich geirrt.

Er streichelte weiterhin über meine Wange und mein Hirn fing langsam an wieder richtig zu arbeiten. Nach dem Schlaf war gerne alles wie in Nebel gepackt. Da brauchte es kurz bis man die Orientierung fand.

Skeptisch zog ich meine Augenbrauen zusammen, denn eigentlich hatte ich keinen Stress. Meine Aufgabe war es mich zu langweilen und abzuwarten. Im Grunde hatte ich keine wirkliche Beschäftigung. Lediglich Tyrone hatte als Alpha genug Arbeit.

Wieso weckte er mich dann?

Für mich gab es nur eine logische Erklärung, die machte allerdings bei dieser sanften Mimik keinen Sinn.

"Ist etwas passiert?"

Welche Erklärung sollte das sonst haben? Wenn er eine freundlichere Art hätte, würde ich denken, dass er mich vermisst hatte und deshalb weckte. Nur handelte es sich um einen grummeligen Eisbären, der hatte sicherlich andere Gründe dafür.

Seine Hand blieb auf meiner Wange als er antwortete: "Deine beste Freundin ist bald hier. Ich vermute, dass du ihre Ankunft ungern verschlafen würdest." Mit dieser Aussage verwirrte er mich und das vollkommen.

Außer er betitelte Yasmina als meine beste Freundin. Was das Darkmoon Rudel anbelangte konnte man das sogar gelten lassen. Ansonsten war ich hier mit beinahe niemanden befreundet.

Trotzdem hatte für mich immer noch Gina diesen Titel.

Man sah mir diese Fragen wohl an, denn Tyrone erklärte: "Ja, ich rede von Gina. Sie kommt mit Flynn hierher."

Einen Moment war ich noch irritiert, bis ich das verstanden hatte. Direkt nach dem Aufwachen musste man solche Infos erst verarbeiten.

"Was? Ist das nicht zu gefährlich? Aktuell gibt es viele Baustellen und im Grunde verstecken wir uns. Dann lädst du Besuch ein?"

Für die Tatsache wie vorsichtig Tyrone war, machte das keinen Sinn. Außerdem wollte ich Gina in Sicherheit wissen. Bei all den Umständen konnte man daran zweifeln, ob das hier der Fall war.

"Nein, Besuch einzuladen wäre in diesen Zeiten unangebracht. Aber da sie sowieso in unser Territorium muss, habe ich vorgeschlagen, dass sie bei uns unterkommt. Das dürfte dich freuen."

Meine Hirnzellen waren wieder funktionsfähig, weshalb ich in den Sitz aufschnellte. In diesem Fall gab es nur eine Option.

Ich sah Tyrone an, schlug ihm gegen den Oberarm und sagte etwas zu laut: "Spuck es aus! Wer ist ihr Mate?"

Entweder Flynn persönlich oder einer der Rudelkämpfer, ansonsten gab es keine Optionen. Ansonsten war niemand in meinem alten Territorium gewesen.

In mir war längst Euphorie ausgebrochen, denn bald würde ich meine beste Freundin wiedersehen. Ich hatte sie unglaublich vermisst, damit würde ich zumindest eine Person aus meiner alten Heimat treffen.

Ausnahmsweise war ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen zu finden. "Wie ich sagte, kommt sie mit Flynn hierher."

Flynn, der Beta und beste Freund meines Mates. Die Mondgöttin ging wahrlich interessante Wege.

Am liebsten hätte ich wie ein Teenie gekreischt, weil Gina bald hier wäre. Dann hatte sie noch ihren Mate gefunden, wovon wir unser Leben lang träumten.

Moment.

Meine Freude erhielt einen Dämpfer, weil mir bewusst war wie sie über dieses Rudel dachte. Und erst bei unserem letzten Telefonat hatte sie gemeint, dass sie den Beta unter keinen Umständen kennenlernen wollte, weil ihr der Gedanke Angst machte.

Für sie musste das ein Schock sein. Wenn ich daran dachte wie es mir damals erging, empfand ich Mitgefühl. Für sie musste das total verwirrend und überfordernd sein.

Zumindest hatte sie den Vorteil, dass Flynn ein richtig netter Mann war und das mit Humor. An ihm konnte man nichts aussetzen.

Das Grinsen war endgültig aus meinem Gesicht gewischt, weil ich mir Sorgen machte. Sobald sie bei uns war, musste ich Gina für mich beschlagnahmen. Dann konnte ich ihr gleich ein paar Bedenken abnehmen und mit ihr darüber reden. Ein Gespräch konnte in überfordernden Situationen wahre Wunder wirken.

Tyrone nahm meine Hand, drückte diese leicht, wodurch er meine Aufmerksamkeit bekam. Mein Mate klang besorgt als er fragte: "Was ist los? Ich habe gedacht du freust dich." Meine Augen fanden die seinen und sein Blick war fragend. Für ihn schien mein Verhalten schwer nachzuvollziehen sein. Dabei lag es im Grunde auf der Hand. Der Mann wusste was über sein Rudel geredet wurde.

Nach einem Seufzen erklärte ich: "Ich habe gerade darüber nachgedacht wie beängstigend das für mich am Anfang war. Ich hoffe, dass Flynn nachsichtig mit ihr ist."

"Selbstverständlich, wir reden von meinem Beta. Ihn und mich kannst du nicht vergleichen. Er geht sicherlich besser damit um. Außerdem wollte seine Mate ihm nicht sofort davonlaufen. Das erspart ihm einige Aggressionen."

Das trug er mir vermutlich noch ewig nach. Leider mit Recht, weil ich mich vollkommen falsch verhalten hatte. Normalerweise sollte man jedem eine Chance geben und nicht direkt die Flucht ergreifen.

Ich gab ihm einen schnellen Kuss und flüsterte: "Das tut mir übrigens immer noch leid." Da er mittlerweile spüren konnte, was ich fühlte, sollte ihm klar sein wie ernst mir das war.

"Ich weiß und danke."

Erst als er mir mit einer Hand über die Seite fuhr, realisierte ich, dass ich nichts anhatte. In Anbetracht der Tatsache wie die letzte Nacht verlaufen war, machte das Sinn. Trotzdem hatte ich das für den Moment vergessen.

Ich riss die Bettdecke an meine Brust und Tyrone musste das natürlich witzig finden. Für sein Lachen könnte ich ihn erschlagen. Allerdings hörte man es so selten, dass man ihm nicht mal böse sein konnte, wenn er es tat.

"Mate, für was versteckst du dich?"

Ich klammerte mich an die Decke, denn die würde ich mir unter keinen Umständen nehmen lassen. Am liebsten hätte ich sie mir noch über mein Gesicht gezogen. Er mag mich längst nackt gesehen haben, dennoch waren wir im Grunde erst seit kurzem zusammen.

Ein Räuspern musste sein, bevor ich elegant das Thema wechselte. "Zurück zu Gina und Flynn. Wann kommen die beiden an? Weißt du genaueres?"

"In ein paar Minuten. Ich hätte dich früher geweckt, nur siehst du so friedlich beim schlafen aus. Und ich wollte dir die Erholung nach der letzten Nacht gönnen." Meine armen Wangen nahmen eine rötliche Farbe an. Dann genoss er es auch noch wie er es schaffte mich verlegen zu machen.

In einem todernsten Ton antwortete ich: "Ok du hast praktisch darum gebeten." Ich wagte es die Decke loszulassen, schnappte das Kissen hinter mir und wollte schon Tyrone damit schlagen. Leider war der Alpha schneller und fing es problemlos ab.

Wie man ihn kannte, musste Tyrone verdeutlichen, dass er die Überhand hatte. Im nächsten Moment lag ich nämlich auf dem Rücken mit dem Tyrannen über mir.

Mit einem gespielt bösen Blick musterte ich ihn, lediglich er hatte immer noch ein Lächeln im Gesicht. "Alpha Darkmoon, du bist wirklich gemein."

"Luna Darkmoon, das mag sein, dennoch liebst du mich, wie ich dich liebe." Mit dieser Aussage hatte er mich besänftigt. Mein Mate hatte sich nochmal gut gerettet.

Tyrone beugte sich zu mir und auf diesen Kuss ging ich gerne ein. Alleine wegen der wundervollen Funken zwischen uns.

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt