Kapitel 104

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Das Anwesen hatte ich mit Yasmina bereits verlassen. Wir warteten in der Einfahrt auf Flynn, welcher jeden Moment hier sein würde.

Wir standen nebeneinander auf der letzten Marmorstufe und Yasmina schubste mich leicht an. "Ich bin wirklich auf Gina gespannt. Tatsächlich empfinde ich Freude, wenn ich daran denke sie kennenzulernen." Mich ließ das Lächeln, denn das hörte man gerne. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr euch verstehen werdet."

So schwierig war Gina nicht und kam meist mit jedem klar. In Anbetracht der Tatsache, dass ich mit beiden gut befreundet war, mussten sie sich praktisch mögen.

Sie musste mit dem Kopf schütteln und meinte: "Die Mondgöttin muss das witzig gefunden haben. Ihr zwei seid beste Freundinnen und aus einem ganz anderem Territorium. Dennoch die Mates von Alpha und Beta in diesem Rudel." Es war die Andeutung von einem Lächeln auf ihren Lippen. Man musste ihr zustimmen, denn ein bisschen lustig war das schon.

Allerdings war ich überglücklich, dass Gina wieder bei mir war. Die Göttin hatte mir damit einen Gefallen getan. Ein kleines Stück meiner früheren Heimat war mit ihr zu mir gekommen.

Anschließend wanderte Yasminas Blick nach unten zu meinem Bauch. "Wobei die Welpen meine größte Freude sind. Ich weiß jetzt schon, dass Tyrone und du gute Eltern sein werdet. Ihr gleicht euch perfekt aus." Automatisch legte ich meine Hand auf den Bauch und antwortete: "Und du wirst eine wundervolle Tante." Sie schenkte mir einen empörten Blick, welcher mich zum Lachen brachte. "Das steht außer Frage. Ich werde die coole, lockere Tante mit der man immer Spaß hat."

"Daran habe ich auch keinen Zweifel. Du bist wie gemacht dafür." Sie schubste mich wieder leicht mit ihrer Schulter an und meinte: "Wenn ich schon keine eigenen Kinder haben werde, dann werde ich eben der Babysitter von euren Welpen. Das Gute daran ist, ich habe vollen Fokus auf eure Kinder. Sie werden sich nie vernachlässigt von mir fühlen." Der erste Satz war ein Stich in mein Herz. Denn dieser Aussage nach, hatte sie vermutlich Kinder gewollt.

Nur ohne den eigenen Mate hatten die wenigsten Werwölfe Kinder. Man müsste auch einen neuen Partner suchen, was nach dem Tod kaum jemand tat. Die meisten waren zu sehr in der Trauer gefangen oder hingen ein Leben lang an ihrem Mate. Da konnte oder wollte man keine neue Beziehung eingehen.

Es bildeten sich leichte Tränen in ihren Augen, als sie erzählte: "An dem Tag als Zac starb, da hat er mich am Morgen gefragt, wann wir Kinder wollen. Wir entschieden uns, dass wir es versuchen möchten, weil wir beide schon bereit dafür waren."

Das war derart grausam, dass in mir ein starker Kampf begann. Die Tränen fanden in meine Augen, aber ich konnte sie wenigstens zurückhalten. Mein Herz tat verdammt weh, wenn ich daran dachte, was für ein schönes Leben sie hatte.

"Er war ganz aufgeregt und konnte es kaum erwarten." Kurz machte sie Pause und die Zeit gab ich ihr. Nebenbei nahm ich ihre Hand, vielleicht half ihr der Beistand.

Schließlich fuhr sie fort: "Er meinte dann, dass wir Tyrone unbedingt helfen müssten seine Mate zu finden. Immerhin sollten unsere Kinder beste Freunde werden. Das klappt leichter, wenn sie ungefähr im selben Alter sind." Eine Träne ran über ihre Wange und ich blinzelte ein paar Mal, um meine Sicht scharf zu halten.

Sie sah weiterhin geradeaus und sagte ganz leise: "Zac hätte sich riesig gefreut Onkel zu werden." Ihre Stimme wäre beinahe gebrochen, was mir noch mehr weh tat. Ein Kloß hatte sich in meinem Hals gebildet und ich musste schwer schlucken. Ich hatte Zac nicht mal gekannt und empfand eine derartige Trauer. Für Yasmina musste es die pure Hölle sein.

Danach fiel Stille zwischen uns, weil ich meiner Stimme kein bisschen vertraute. Man sah auch ihr an wie sie mit sich rang um die Fassung zu wahren.

Die beiden hatten so viele Träume und Pläne. Und mit einem Wimpernschlag waren diese zerstört worden. Manchmal fragte man sich wie grausam diese Welt sein konnte.

Ich wandte mich selbst ab und sah nach vorne, denn man hörte einen Wagen näher kommen.

Yasmina meinte noch: "Falls du mal Zweifel oder Bedenken hast wegen der Kleinen, dann bin ich allzeit bereit dir diese zu nehmen. Freude soll angeblich ansteckend sein und die besitze ich in diesem Fall." Flüsternd antwortete ich: "Danke."

Mit ihrer üblichen Miene drehte sie sich nun mir zu, dennoch waren Tränen in ihren Augen zu finden. Da überraschten mich ihre nächsten Worte: "Nein, wir sollten deinem Uterus danken, dass er begeistert zwei Babys ausbrütet." In einer anderen Lage hätte ich gelacht.

Der Wagen blieb vor uns verstehen, was die Unterhaltung beendete, da ein gutgelaunter Flynn ausstieg. "Mädels, wie schön, wenn man so sehnsüchtig erwartet wird." Yasmina hatte sich gefasst und deutete auf mich. "Eigentlich haben wir gerade Aurelas weiblichen Organen Lob ausgesprochen."

Der Beta kam auf uns zu und grinste mich dabei breit an. "Dein Mate hat mich heute mitten in der Nacht über den Mindlink angeschrien, weil er es nicht mehr halten konnten, mir mitzuteilen, dass du schwanger bist." Mich brachte das zum Lachen, denn das war unendlich süß. Tyrones Aufregung schien keine Grenzen zu haben.

Ich riss mich zusammen, damit ich ihm eine Antwort geben konnte. "Er hat gestern Abend die ganze Zeit überlegt, ob er es dir persönlich sagen soll oder über den Mindlink. Am Abend konnte Tyrone es noch halten, weil er dein Gesicht sehen wollte, wenn du die neuen Nachrichten erhältst."

Flynn kam bei mir an und umarmte mich fest. "Ich gratuliere euch beiden." Ich erwiderte sie und antwortete: "Danke." Als wir uns voneinander lösten, deutete ich zu Yasmina. "Der zukünftigen Tante solltest du auch gratulieren. Sie freut sich nämlich riesig." Da sie direkt neben mir stand, hatte Flynn sie schnell geschnappt und schloss sie in seine Arme. "Yasmina, lass dich knuddeln und beglückwünschen." Tatsächlich ging sie auf die Umarmung ein, allerdings drückte sie verdammt fest zu. Damit wollte sie ihn wohl ärgern, nur musste man bei einem Beta mehr tun, um ihn zu verletzen.

Ich machte mich schon auf den Weg zum Wagen, denn ich wollte unbedingt nach Hause. Die Reise konnte gerne beginnen.

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt