Kapitel 11

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In die Eingangshalle kam eine Frau, welche ich auf etwa mitte 50 schätzen würde. Trotz ihres Alters sah sie umwerfend aus und wirkte jung geblieben.

Ihre Hochsteckfrisur saß perfekt, bei der sich keine einzige Strähne ihrer braunen Haare löste. Ihre Augen bewiesen die Verwandtschaft zu Tyrone, denn sie hatten dieselben.

Als sie mich entdeckte, blieb sie wir angewurzelt stehen und im ersten Moment sah man ihr einen kleinen Schock an. Anschließend wechselte ihr Gesichtsausdruck in Unglauben um.

Das verunsicherte mich sehr, weshalb ich unfassbar nervös wurde, was ich versuchte zu überspielen.

Im nächsten Moment fand ein Lächeln auf ihre Lippen, welches ihr ganzes Gesicht strahlen ließ. Diese unbändige Freunde mit Begeisterung könnte niemanden entgehen.

Sie kam auf uns zu und fragte: "Du hast sie gefunden?" Ihre Stimme klang als könnte sie es kaum fassen, da es derart gute Nachrichten waren.

"Ja, ansonsten wäre ich alleine gekommen, wie du dir denken kannst." Bei seiner Mutter blieb sein Ton eiskalt. Er schien jeden mit seiner kalten Aura zu foltern.

Ihr Sohn interessierte sie nicht weiter, denn sie war ganz auf mich fokussiert und kam nun vor mir an. Seine Mum streckte mir ihre Hand entgegen und sagte: "Ich bin Amanda." Ich schüttelte diese gleich und antwortete: "Es freut mich dich kennenzulernen und ich heiße Aurela."

Bis jetzt verlief es gut und das blieb hoffentlich so. Sofern ich höflich blieb, hielt sie mich bei Glück für sympathisch.

Amanda ließ ab von mir und musterte mich von unten bis oben. "Was für eine bezaubernde, junge Frau du doch bist."

Ich war überfordert mit dieser Situation, aber eine kleine Besserung kam dadurch, dass Tyrone sagte: "Ich lasse euch einander besser kennenlernen und werde in mein Büro gehen." Mit diesen Worten verließ die Kälte den Raum, was mich derart erleichterte, dass ich beinahe umkippte.

Amanda hingegen strahlte eine Wärme aus und dem ersten Eindruck nach war sie ein sehr herzlicher Mensch. Sie und ihr Sohn waren wie Tag und Nacht.

Sie seufzte und meinte: "Nimm das nicht persönlich, wenn er einen langen Tag hatte, kann er ein Griesgram sein. Das sollte man nie zu ernst nehmen."

Ich konnte mir schwer vorstellen, dass dieser Mann überhaupt gute Laune haben konnte, aber ich enthielt mich einer Aussage.

In einem freundlichen Ton mit einem leichten Lächeln antwortete ich: "Nein, keine Sorge."

Amanda musterte mich erneut und fragte: "Hat er dich gar nicht umziehen lassen? In dem Kleid muss eine lange Reise mühsam sein."

Ja, an der Stelle wäre ich unfassbar dankbar, wenn ich mich endlich umziehen könnte.

Ich schüttelte mit dem Kopf, denn die Möglichkeit hatte nie bestanden. Der Mann hatte mich eingepackt und weg waren wir.

Man konnte erkennen, das sie das leicht verwirrte. Scheinbar erwartete sie sich ein anderes Verhalten von ihrem Sohn. Dabei ja, seinem Ruf nach war das heute noch ein freundliches Kennenlernen gewesen.

"Was ist mit deinem Gepäck?" Wenn die nur wüsste, wie das wirklich abgelaufen war. Wobei sie das nun erfahren dürfte, wenn Amanda schon Fragen stellte. Ich würde Tyrone wohl kaum in Schutz nehmen, vor allem sollte jeder zu seinen Taten stehen.

"Wir sind direkt losgefahren, da gab es keine Zeit zu packen oder etwas mitzunehmen." Sie schüttelte den Kopf und meinte: "Er kann wirklich unmöglich sein. Keine Sorge, wir lassen dir deine Sachen nachschicken. Ich werde das klären."

Das war sehr nett von ihr und war in all dem Chaos eine kleine Freude. Sofern es kein Schauspiel war, hatte ich ein freundliches Gesicht gefunden. Aber dem Eindruck nach war sie wirklich begeistert von mir.

Amanda bot mir ihren Arm an und sagte dabei: "Zuerst bringe ich dich auf dein Zimmer. Nach der Fahrt bist du sicherlich müde. Wir können uns morgen auch noch unterhalten." Diese Worte waren perfekt, denn das konnte ich gebrauchen. Alleine da meine armen Nerven sich beruhigen mussten.

Ich hakte mich bei ihr unter und so gingen wir los. Nebenbei antwortete ich: "Vielen Dank, das ist sehr lieb. Eine Runde Schlaf kann ich gut gebrauchen."

Mit ihrer freien Hand tätschelte sie die meine. Ich mag sie kaum kennen, aber schon jetzt hatte sie eine positive Wirkung auf mich. Da merkte man eine richtige Luna und dieses Amt dürfte sie jahrelang ausgeführt haben, bis Tyrone übernommen hatte.

Wobei sie ihm vermutlich weiterhin unter die Arme griff, da er seine Luna erst heute gefunden hatte. Damit kamen die nächsten Gedanken wie das bitte ablaufen sollte. Im Grunde war es meine Pflicht dieses Amt zu übernehmen, nur müssten wir vorher das Bündnis vervollständigen und...

Nein.

Diesen Mist tat ich mir nicht an. Meine Gedanken waren viel zu wirr und Klarheit könnte nur Tyrone verschaffen, welcher abwesend war. Am Ende hing alles davon ab, wie er das geplant hatte, denn ich zweifelte stark daran, dass ich eine Wahl hatte.

Amanda holte mich in die Realität in dem sie sagte: "Das mache ich gerne. Nach dem du dich erholt hast, gebe ich dir eine Führung und sobald du möchtest, zeige ich dir diese wunderschöne Gegend. Ich bin mir sicher, dass dir dein neues Zuhause gefallen wird."

Wir hätten geklärt, dass ich nicht eingesperrt wurde und weiterhin auf freiem Fuß wäre.

Wir gingen eine breite Treppe hoch, welche gegenüber der Haustür lag. Auch diese war aus Marmor und die Wand rechts daneben war mit Gemälden gesäumt. Sie sahen alt aus und es könnte der Familienstammbaum sein, zumindest waren stets Personen darauf abgebildet.

Dennoch war dieser Anblick gewöhnungsbedürftig, was dieses Gebäude allgemein war. Dabei hatte ich noch kaum etwas davon gesehen.

Amanda holte mich aus meinen Gedanken in dem sie begeistert sagte: "Endlich hat Tyrone seine Mate gefunden. Ich kann es nicht in Worte fassen, wie sehr ich mich freue, dass du bei uns bist."

Diese Freude empfand auch nur sie. Nicht mal ihr Sohn dürfte deshalb ein positives Gefühl in sich tragen.

Keine Ahnung, was ich darauf erwidern sollte, aber eine Antwort wurde unnötig, da sie weiter redete: "Morgen beginne ich mit der Planung deiner Ankunft. Es gibt ein paar Dinge zu regeln, aber darum kümmere ich mich sehr gerne."

Ein paar Dinge zu regeln?

Was genau meinte sie damit?

Ich hätte ja nachgefragt, aber mein Hirn hatte seinen Dienst eingestellt. Mit jeglichen Problemen würde ich mich morgen befassen. Für heute war genug passiert, weshalb ich alle Gedanken beiseite schob.

Aber die wahre Erkenntnis, was genau heute alles passiert war und wie extrem sich mein Leben verändern würde, dürfte mich bald treffen.

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt