Kapitel 80

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Die nächsten Tagen vergingen elendiglich langsam. Wenn man sich vor jemanden verstecken musste, konnte das verdammt langweilig sein. Mein Hauptproblem war, dass ich mich auf nichts konzentrieren konnte. Im Grunde war es eine ewige Warterei auf Neuigkeiten.

Am heutigen Tag wurde meine Laune vom Wetter widergespiegelt, denn es regnete und das sehr stark. Ich stand vor dem Fenster im Wohnzimmer und sah nach draußen. Man sah nicht allzu weit, da ein derartiger Sturm wütete. Der Wind wehte Blätter wie kleine Äste umher und die Regentropfen trommelten gegen das Fenster.

Bei diesem Wetter könnte man denken, dass demnächst der Weltuntergang drohte.

Mit einem Seufzen musste ich den Kopf schütteln und verschränkte meine Arme. Es war frustrierend, wenn man nichts tun konnte.

Der Versuch mit Yasmina zu sprechen war jämmerlich gescheitert. Sie ignorierte jeglichen Anruf, wie die Kontaktaufnahme über den Mindlink. Mittlerweile gab ich Tyrone Recht, sie hatte einen Plan und enthielt ihn uns vor.

Etwas Positives gab es in dem Ganzen, denn mein Mate hatte keine Rückschritte gemacht. Allerdings rechnete ich jeden Moment damit, dass er plötzlich wieder nach Abstand verlangte oder mich sonst wie wegstieß. Das Mateband war wohl wirklich ein kleines Wunder.

Da dachte ich an ihn, schon spürte ich ihn näher kommen. Tyrone mag vollkommen geräuschlos durch das Haus gehen, aber ich wusste genau wo er sich befand. Gerade verließ er sein Büro und ich wollte hoffen, dass er nun mich aufsuchte. Seiner Arbeit war er für diesen Tag genug nachgegangen.

Meinen Kopf legte ich schräg und sah dem Regen dabei zu wie er fiel. Währenddessen kam mein Mate stets näher, wie erhofft betrat er das Wohnzimmer und machte sich bemerkbar in dem er mich hören ließ, dass er da war.

Wie auch die Tage zuvor fragte ich: "Gibt es Neuigkeiten?" Bei der Neugier in mir, musste ich diese Frage sofort ohne einer Begrüßung stellen. Obwohl Tyrone mir das vermutlich so oder so direkt gesagt hätte.

Er stellte sich neben mich, dabei spürte ich seinen Blick auf mir als er antwortete: "Ja, die gibt es. Meine Mutter konnte gefasst werden." Damit hatte er meine volle Aufmerksamkeit, denn das hatte ich als Letztes erwartet. Ausgerechnet dieses Biest sollte geschnappt worden sein. Der Frau passierten angeblich keine Fehler und das wäre ein gigantischer gewesen.

Seinem Gesichtsausdruck konnte man weder Freude noch Erleichterung ablesen. Da musste es praktisch mehr geben, denn ansonsten sollte er wenigstens eine leichte Euphorie empfinden. Tyrone mag kaum Emotionen zeigen, aber fähig war er dazu. In so einem Fall erst recht.

Vollkommen unterbelichtet war ich nicht, weshalb ich schlussfolgerte: "Du denkst, das könnte Absicht sein. Amanda wollte gefangen genommen werden."

"Möglich. Außer wir haben das Glück und sie wurde unachtsam wegen der Trennung zu meinem Vater. Er mag im Koma liegen und die beiden hatten ein schwaches Band, dennoch ist eine zu lange Trennung schmerzhaft."

Darauf hoffen konnten wir auf jeden Fall. Nur hatten die beiden eine schlechte Bindung zueinander, wer weiß inwieweit Amanda davon beeinflusst wurde.

Tyrone wandte sich mir ganz zu weshalb ich es ihm gleich tat und dabei einen Schritt näher an ihn herantrat. Er nahm meine Hände in die seinen als er fortfuhr: "Oder sie will an dich herankommen. Meine Mum hat nämlich erst vorhin um ein Gespräch mit dir gebeten."

An der Stelle wäre es interessant zu wissen was genau sie mir mitteilen wollte. Vielleicht waren es nützliche Informationen. Man hatte sie sicherlich in den Kerker geworfen, dort wurde sie gut bewacht. Eigentlich könnte man einem Treffen zustimmen.

Scheinbar standen mir meine Gedanken ins Gesicht geschrieben, denn Tyrone sagte bestimmend: "Nein, das ist keine Option. Wenn dieses sogenannte Gespräch eine Falle ist, dann machen wir damit genau das was sie will. Wir werden kein Risiko eingehen." Mit seinem Blick wollte er das verdeutlichen, nur hatte der wenig Effekt auf mich. Ich hob eine Augenbraue und musterte ihn dabei. "Und ich habe nichts zu melden? Dabei wurde um meine Anwesenheit gebeten und nicht um deine. Ich habe ein Bestimmungsrecht."

Ein leises Knurren ließ mich vorab wissen was er darüber dachte und seine Augenfarbe wurde einen Tick dunkler. An sich war es auch eine dumme Idee einem Alpha zu widersprechen. Als Luna nahm ich mir diese Freiheit trotzdem.

Bevor er mir den Schädel abriss erklärte ich: "Deine Mutter hat keine Ahnung, dass wir jetzt offizielle Mates sind. Sobald sie dieses Wissen hat, wird sie die Mordpläne an mich verwerfen, immerhin tötet sie dich damit genauso. Dann wäre da noch die Tatsache, dass sie gut bewacht wird und du wärst an meiner Seite. Im Grunde kann mir nichts passieren."

"Nein."

Ich konnte gerade mal den Mund öffnen, schon folgte ein erneutes Knurren. Diesmal war es lauter und bedrohlicher. Das war die Aufforderung meine Klappe zu halten. Ich tat ihm den Gefallen, allerdings funkelte ich ihn an, damit ihm mein Missfallen bewusst war.

"Aurela, das ist zu gefährlich. Wir haben keine Ahnung mit wem sie eine Allianz geschlossen hat. Wenn sie weitere Verbündete hat, könnte das böse enden."

Ich ließ seine Hände los, damit ich meine aufgebracht in die Höhe werfen konnte. "Bitte wer wagt es gegen dich vorzugehen? Klar, Alpha Greymoon hat es getan, aber der ist übergeschnappt. Ansonsten hat jeder viel zu viel Angst vor dir."

Es interessierte mich einfach was genau Amanda von mir wollte. In einer Zelle eingesperrt konnte sie mir keinen Schaden zufügen. Mein Mate übertrieb maßlos, denn das mit einem möglichen Verbündeten hielt ich für sehr unwahrscheinlich.

Diesmal wurde seine Stimme lauter als er donnerte: "Nein." Beinahe wäre ich zusammengezuckt, aber konnte es halten. Mit seiner Lautstärke hatte er mich überrascht und mit der bedrohlichen Ausstrahlung, die er nun hatte. Dennoch verspürte ich keine Angst vor ihm, weshalb ich seinem Blick problemlos standhalten konnte.

Leider war mir etwas glasklar, diese Diskussion war sinnlos. Tyrone würde nie nachgeben, dafür war er zu überzeugt von seiner Meinung. Natürlich konnte ich ihn verstehen. Seine Beweggründe waren nett gemeint und er machte sich Sorgen um mich. Deshalb gab ich nach, was ich ihm mit einem Nicken zu verstehen gab.

"Gut, dann bleiben wir eben hier."

Das Thema schien damit abgehakt zu sein, denn Tyrone kam schon zum nächsten. "Yasmina ist heute Nacht abgehauen. Ich habe keine Ahnung wo sie sich befindet oder was sie vorhat."

Zumindest war sie auf unserer Seite. Egal was sie geplant hatte, es dürfte nie etwas sein wovon wir Schaden nehmen würden. Trotzdem wäre es schön zu wissen wo sie sich aufhielt oder ob es ihr gut ging.

Mir kam ein anderer Gedanke, welchen ich gleich ansprach. "Ist sie wirklich abgehauen? Man könnte sie entführt haben oder es gab einen erneuten Mordversuch." Tyrone schüttelte mit dem Kopf, dem schien er sich sicher zu sein. "Nein, sie hat einen Brief hinterlassen mit dem sie sich entschuldigt. Ansonsten gibt es keine Anzeichen für eine Entführung oder einem sonstigen Verbrechen."

So wütend ich noch vor einer Minute gewesen war, die war schnell verpufft. Mit der Info über Yasminas ungewissen Verbleib meldeten sich die Sorgen in mir. Deshalb legte ich meine Arme um meinen Mate, der das erwiderte. Mit meinem Kopf auf seiner Brust und einem tiefen Atemzug erdete ich mich ein bisschen.

Natürlich war das für Tyrone die perfekte Gelegenheit direkt zum nächsten Thema zu gelangen: "Wenn es für dich in Ordnung ist, wird Flynn morgen nach Hause reisen. Ein paar unserer Rudelmitglieder werden dort bleiben." Darüber musste ich keine Sekunde nachdenken, denn die Antwort war mir klar. "Ja, auf jeden Fall. Dein Beta wird hier genauso gebraucht und meine Familie ist soweit in Sicherheit. Er kann gerne heute noch los, wie auch immer er möchte."

"Nein, er wurde von deiner Mutter zum Abendessen eingeladen, worauf er sich freut. Deine Familie versteht sich gut mit ihm. Vielleicht schafft er es deinen Vater mir gegenüber zu erwärmen." Mich ließen diese Worte lächeln. Um uns mag ein Chaos sein, dennoch gab es ein paar gute Nachrichten, egal wie klein sie sein mochten.

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Spät aber doch. Ich hoffe das Wunschkapitel diese Woche hat euch gefallen.
Am Sonntag gibt es wieder die Abstimmung darüber auf Instagram.

Danke fürs Lesen und eure Treue.

Ich wünsche euch noch einen schönen Abend/ Nacht/ Morgen/ Tag, je nachdem wann ihr das lest.

Eure Kim

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt