„Wow, das ist so nice!" Natascha strahlte ihre Schwester vor Begeisterung an. Wenn Ina ehrlich war, hatte sie ihre Schwester noch nie so glücklich an ihrem Geburtstag erlebt. Sie bezweifelte, dass das dem neuen Laptop und dem Smartphone geschuldet war, die auf dem Geburtstagstisch gelegen hatten, denn ihre Schwester hatte beides kaum eines Blickes gewürdigt. Sie hatte nur das Geschenkpapier entfernt und sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Kartons zu öffnen. Stattdessen hielt sie jetzt strahlend ein Sweatshirt hoch auf dem ganz groß Hamburg abgedruckt war. Okay, dieser Matrosenstyle war ja gerade angesagt. „Ja, meen Deern, das kannst du dann anziehen, wenn du uns in Hamburg besuchen kommst." Ina schaute erstaunt zu Astrid. Was hieß hier, Natascha würde sie in Hamburg besuchen kommen? Das war doch gar nicht abgesprochen. Linus Eltern konnten ihrer kleinen Schwester doch nicht einfach über ihren Kopf hinweg eine Reise nach Hamburg schenken. Das ging doch so nicht. „Hamburg ist eine so schöne Stadt. Ich war früher immer gerne in Hamburg." War ja klar, dass sich Genia natürlich zu Wort melden musste. Eigentlich war sie gar nicht eingeladen gewesen, aber unglücklicherweise war sie ja die Schwester von Ben und war für ihre Stiefmutter eingesprungen, die leider einen wichtigen Termin hatte. Also Ina wäre die ältere Dame lieber gewesen. Irgendwie war Genia einfach nicht ihr Fall.....oder wie sagte man immer so schön.....sie schwammen absolut nicht auf der gleichen Wellenlänge. Inas Blick fiel zu der Frau neben Genia. Ihre Freundin Paula war da schon ganz anders. Mit ihr hatte sich Ina sofort verstanden. Glücklicherweise war sie ja auch hier und hatte ihre Tochter Julia begleitet. „Hamburg ist voll blöd. Die haben nur so einen doofen Fußballverein", meldete sich Carmen, die kleine Tochter von Lucy zu Wort, die auch mit Genia gekommen war, weil ihre Mutter mit ihrem kleinen Sohn zu einem anderen Kindergeburtstag eingeladen war. „Das stimmt so nicht. Es gibt ja auch noch St.Pauli", widersprach Ben sofort. „Da hast du man recht, meen Jung." Linus musste grinsen, denn sein Vater strahlte den Jungen begeistert an und begann mit einem umfassenden Vortrag über seine Paulianer. Er ließ sein Blick weiter schweifen. Das ganze Wohnzimmer war voll mit kleinen Teenie Mädchen. Glücklicherweise hatte Ina nicht alle Mütter mit eingeladen, denn das wäre ihm dann eindeutig zu viel weiblicher Einfluss gewesen. Da hätte er wahrscheinlich die Flucht ergriffen, ganz abgesehen davon, dass die Stimmung mit Sicherheit massiv unter der Anwesenheit der Mütter gelitten hätte. „Da habt ihr euch aber ganz schön angestrengt." Genia war neben Linus aufgetaucht. „Sieht echt toll aus. Das hat bestimmt eine ganz schöne Stange Geld gekostet." Linus schüttelte den Kopf. „Nee, nur zwei Nachtschichten." Genia schaute ihn überrascht an. „Das Essiggürkchen...."Sie brach ab und schlug sich schnell die Hand vor den Mund. „Sorry!" Eine leicht rötliche Spur hatte sich in ihr Gesicht geschlichen. „Schon okay, ist ja die Übersetzung von Pepincito", winkte er ab, auch wenn es für ihn mehr kleines Gürkchen bedeutete, konnte er doch nicht abstreiten, dass Ina manchmal eher einem sauren Essiggürkchen glich. „Das habt ihr alles alleine gemacht? Ich hätte nicht gedacht, dass Ina eine Bastellschere in die Hand nimmt. Wimpernzange ja, Bastellschere definitiv nein." Genia schaute ihn fast fassungslos an. Das konnte er gut verstehen, denn wenn er ehrlich war konnte er es auch immer noch nicht glauben, dass er in den letzten zwei Tagen in jeder freien Minute Papierblumen gebastelt hatte, die dann zu Kränzen und Girlanden verarbeitet worden waren. Jeder hier im Raum trug so einen Blumenkranz um den Hals und die Mädels sogar noch auf dem Kopf. Er konnte von Glück reden, dass seine Mutter nicht noch mehr Zeit für die Vorbereitung gehabt hatte, sonst würden hier wahrscheinlich alle auch noch in solchen Hawaii-Fädenröcken herumrennen. „Zu deiner Beruhigung, Ina hat nicht die Blumen gebastelt. Das war ich. Ina hat mit meinem Vater zusammen die Limbostangen gebaut und die Sanddüne im Garten geschaffen." Genia fing an zu grinsen. „Du meinst, sie hat deinem Vater die Anweisungen dafür erteilt." Linus schüttelte den Kopf und spürte wieder diesen gewissen Stolz in seiner Brust aufsteigen. „Nein, sie hat selbst den Hammer geschwungen und was da noch alles an Werkzeug nötig war." Ja, er war selbst von Inas handwerklichem Geschick überrascht gewesen und sein Vater hatte mit Begeisterung ihr alles erklärt. Es hatte seinen alten Herren natürlich nicht davon abgehalten, die entsprechenden Bemerkungen in seine Richtung fallen zu lassen und übermäßiges Lob an Ina zu verteilen. Genias Blick war die perfekte Beschreibung für ungläubig. „Das glaube ich nicht." „Wieso nicht?", ertönte Inas pikierte Stimme neben ihnen. Scheinbar hatte sie sich wohl angeschlichen, denn er hatte sie gar nicht bemerkt. „Weil das alles total professionell aussieht", platzte es aus Genia heraus und Linus unterdrückte gerade noch das Stöhnen, das sich ihm bei dieser Bemerkung fast entrang. Das würde jetzt wohl eine längere Diskussion, auf die er gut verzichten konnte. „Es fuscht halt nicht jeder. Manche Leute legen auch Wert auf qualitativ hochwertige Arbeit, wenn sie selbst Hand anlegen", kam es spitz von Ina zurück. Genia hob beschwichtigend ihre Hand. „Stop, ich glaube das ist wohl falsch angekommen. Ich meinte das eigentlich als Lob." „Oookay!" Ina sah zwar nicht so aus, als glaubte sie das. „Können wir jetzt den Kuchen anschneiden, Inibini?" Das Geburtstagskind war bei Ina aufgetaucht. Linus war erleichtert über die Unterbrechung, ehe sich dann vielleicht doch noch ein Streitgespräch zwischen den beiden Frauen entwickelt hätte. Er fand es schade, dass die beiden so überhaupt keinen Draht zueinander fanden. „Ja klar. Ich hole noch schnell das Messer, Schischi. Du kannst schon mal zum Geburtstagstisch gehen." Ina war nicht gerade unglücklich einen Vorwand zu haben, um wieder da wegzukommen. Sollte Genia doch weiterhin hinter ihrem Rücken über sie lästern. Das war ihr doch egal. Bei Linus hatte sie sowieso keine Chance damit etwas zu erreichen. Nein, sie hatte gesehen, mit welchem Stolz in den Augen er von ihrer handwerklichen Leistung erzählt hatte. Und sie musste zugeben, das tat richtig gut und beflügelte ihr Herz einen Takt schneller zu schlagen. Ja, ihr war es wichtig, dass Linus auf sie stolz war. So wie es ihr immer wichtig gewesen war, dass ihr Papa stolz auf sie war. Mit dem Kuchenmesser in der Hand lief sie zurück zum Geburtstagstisch. „Danke Inibini!" Ihre Schwester griff nach dem Messer und dann war da nur noch der ohrenbetäubende Schrei.....
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Schuss und Treffer - in der zweiten Mannschaft ✔️ Teil 13
RomanceLinus und Ina sind schon seit zwei Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie das Bauunternehmen von Inas Vater, der seit seinem Herzinfarkt ein Pflegefall ist. Für Ina war der Weg in die Firma schon von kleinauf vorgezeichnet. Linus hatte sich sein Lebe...