„Was ist denn das?" Ina hatte umgeblättert und deutete auf noch ein Schreiben, dass handschriftlich war. Es hatte wieder den Briefkopf der Firma ihrer Großmutter. Sie überflog die Zeilen, während Genia anfing zu lachen, schüttelte Ina fassungslos den Kopf. „Papa hat sie erpresst!" „Tja, das wird der Eiskönigin nicht gefallen haben, dass sie einen würdigen Gegner in ihrem ganzen miesen Spiel gefunden hat. Das ist halt so, wenn man ein Verbrechen begeht und sich mit anderen Verbrechern einlässt. Dann kam ihr ihre wunderbare Lösung ja noch teurer zu stehen. Das war dann wohl ihre gerechte Strafe. Geld hat sie immer am meisten getroffen." So wie es aussah, musste ihr Vater wohl irgendwie herausbekommen haben, dass die Unterschrift zur Adoptionsfreigabe von ihr gefälscht war. Diese Tatsache hatte ihre Oma dann wohl mehr als eine vorgetäuschte tödliche Krankheit ermutigt ihrem Vater aus der Patsche zu helfen. Was sagte das über diese beiden Menschen aus? Nichts, worüber Ina jetzt wirklich nachdenken wollte, außerdem verstand sie auch nicht wirklich den Inhalt des Schreibens. Sie legte den Ordner aus der Hand. Eigentlich hatte sie mehr gesehen als ihr lieb war. Deshalb griff sie auch nicht gleich nach dem zweiten Ordner, den ihr ihre Mutter reichte. „Magst du nicht mehr schauen?" Genia legte den Ordner neben sich auf die Erde und schaute sie prüfend an. Ja, sie beide saßen immer noch auf dem Boden hinter dem Sekretär. „Ich könnte gut verstehen, wenn du erst einmal genug hast. Es ist ja schon eine Menge, was da auf dich einstürzt." Genia legte ihr den Arm um die Schulter und zog sie an sich. Ja, das war so typisch für sie. Sie schaute danach, wie es ihren Mitmenschen ging. Ein heißer Schwall von Zuneigung schwappte durch Ina und ließ sie die Enttäuschung vergessen, dass ihr Vater sie benutzt hatte, um an Geld zu kommen. Nicht nur, dass er sie damals zu sich genommen hatte, weil es monetär gut vergütet war. Nein, er hatte sie und die Tatsache der Adoption auch später noch zu seinen Gunsten benutzt. Und alles nur, weil er Geld für die beschissene Firma brauchte. Immer drehte sich alles nur um die Firma! „Meinst du, deine Mutter wusste davon?" Ina schüttelte sofort den Kopf. „Nein auf keinen Fall. Das hätte sie niemals mitgemacht. Ich bin mir auch sicher, dass sie mich niemals so einfach adoptiert hätte, wenn sie gewusst hätte, was passiert war und dass du mich suchst." Ja, ihre Mutter war genauso ein ehrlicher, lieber und empathischer Mensch wie Genia gewesen. Entschlossen griff Ina nach dem nächsten Ordner und begann zu blättern. Vielleicht war es besser, wenn sie alles wusste, dann konnte sie wenigstens irgendwie damit abschließen. So musste sie ja immer wieder mit neuen Überraschungen rechnen, die sie aus der Vergangenheit einholten und ihre bis vor kurzem noch heile Welt immer weiter zerfallen ließen. Wenn sie alles wusste, konnte sie ihre Welt wenigstens wieder neu aufbauen. Und mit Sicherheit würde sie dabei schauen, auf welches Fundament sie sie stellte. Genia war mit Sicherheit ein ziemlich unzerstörbares. „Das.....das....." Ina schüttelte beim Anblick der Unterlagen vor ihr den Kopf. „Was denn?" Genia schaute auch auf das Papier. „Ich bin da jetzt nicht so der Wirtschaftshai. Was ist das?" Ina schaute ihre Mutter an und dann wieder auf das Papier. „Papa hat damals das Geld, das er für mich bekommen hat, in die Firma von Opa gesteckt und sich damit eingekauft." Okay, wahrscheinlich hatte er das als Investition in ihre Zukunft gesehen, damit er sie gut versorgen konnte. Trotzdem erinnerte sie sich daran, dass immer nur die Rede davon war, wie er sich alles selbst erarbeitet hatte. Da konnte ja wohl keine Rede von sein, bei dem Startkapital. Sie blätterte weiter und schüttelte wieder den Kopf. „Das...das wusste ich überhaupt nicht." Ihr Blick ging zu Genia. „So wie es aussieht, hat er die Firma damals, als er fast pleite war, irgendwie umformiert in eine GmbH. Deshalb brauchte er wahrscheinlich auch so dringend das Geld." Sie verzog ihr Gesicht. „Wer ist aber bitte hier der Teilhaber? Von dem weiß ich überhaupt nichts." Diesmal war es Genia, die den Kopf schüttelte. Ja, den Namen kannte sie.....und zwar aus dem Portfolio, dass sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Sie hatte ihn erst letztens in einem der Finanzberichte ihres Geschäftführers gelesen. Bärmageddon! Damals hatte sie sich gefragt, wer seiner Firma so einen dämlichen Namen gab. So langsam dämmerte es ihr aber, was dahinter steckte. Da hatte ihre Mutter ihren Namen Bärbel mit Armageddon gechipt, weil sie wohl ihr persönliches Armageddon war. Wieder fing sie an zu lachen. „Das ist so typisch. Selbst bei einer Erpressung hat der Drachen noch etwas für sich herausgeholt. Sie hat dem Teufel das Geld nur gegen Anteile der Firma gegeben." Ina schaute sie überrascht an. „Dann....dann hast du ja auch Anteile an unserer Firma." Genia zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, ob die noch bestehen. Ich kennen nur den Firmennamen aus den Unterlagen. Mehr nicht." Ina blätterte weiter in den Unterlagen, fand aber nichts aufregendes mehr. Als sie das letzte Blatt umgeblättert hatte, entdeckte sie einen Umschlag, der in einer Lasche steckte. Sie zog ihn heraus. „Der ist für mich!" Überrascht zeigte sie auf ihren Namen, der in der krakeligen Handschrift ihres Vaters dort stand. „Wieso hat er hier einen Brief für mich versteckt? Das ist doch total unlogisch. Er konnte doch gar nicht wissen, dass ich diese Ordner von ihm finde, wenn er sie in einem Geheimfach deponiert, von dem ich nicht einmal weiß." Genia zuckte mit den Schultern. „Vielleicht wollte er dir ja noch davon erzählen und ist nur nicht mehr dazugekommen, weil ihn der Herzinfarkt überrascht hat. Der Drache hat es ja auch nicht geschafft ein Testament zu machen, um zu verhindern, dass ich alles erbe. Solche Machtmenschen wie die beiden halten sich ja meist für unsterblich und unantastbar." Okay, das könnte passen, musste Ina zugeben. Trotzdem war das komisch. Ihr Vater hatte eigentlich nie etwas dem Zufall überlassen. Entschlossen riss sie den Umschlag auf.....
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Schuss und Treffer - in der zweiten Mannschaft ✔️ Teil 13
RomansaLinus und Ina sind schon seit zwei Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie das Bauunternehmen von Inas Vater, der seit seinem Herzinfarkt ein Pflegefall ist. Für Ina war der Weg in die Firma schon von kleinauf vorgezeichnet. Linus hatte sich sein Lebe...