„Alles okay bei dir?" Luca ließ sich auf den Plastikstuhl neben Linus plumpsen. Sie beide waren immer noch im Warteraum des Krankenhauses. Genia und Ina waren auf dem Weg zu Constantin. Linus wusste, dass er eigentlich Ina beistehen sollte....aber....aber irgendwie fühlte er sich total gelähmt. „Ja, ja. Alles gut", antwortete er eher aus Routine als aus Überzeugung. Wenn er ehrlich zu sich war, war überhaupt nichts gut. Seit dem Anruf vom Pflegeheim breitete sich dieses miese Gefühl von Panik in ihm aus und in seinem Kopf hörte er ständig das Echo von dem dumpfen Plumpsen des Körpers seines Kollegen damals im Büro. Das war wie eine Endlosschleife. Als er die Treppe zum Dachboden hochgerannt war, hatte er selbst Stiche in der Brust bekommen und das Gefühl gehabt kaum noch richtig Atmen zu können. Er hatte die Panik beiseite geschoben, die ihn ergriffen hatte, um für Ina da zu sein. Wenn er ehrlich war, war er aber mehr als nur ein bisschen zufrieden gewesen, dass Genia auch da gewesen war und sich um Ina kümmern konnte. Er selbst fühlte sich irgendwie überfordert damit. Das war irgendwie alles so.....keine Ahnung. Damals hatte er ihr doch auch einfach zur Seite stehen können. Warum fiel es ihm auf einmal so schwer? Okay, eigentlich brauchte er da nicht lange überlegen. Die Antwort war ziemlich einfach, auch wenn er sie nicht wirklich wahrhaben wollte. Es hing alles mit seinen Albträumen zusammen. Und damit, dass er es einfach nicht schaffte, es wie damals zu verdrängen. Das war so scheiße....er musste es wieder schaffen. Ina würde ihn garantiert in der nächsten Zeit brauchen. Und auch wenn er wusste, dass es so war, fühlte er sich schon alleine mit dem Gedanken überfordert und kraftlos. „Also, du kannst mir viel erzählen. Aber mit Sicherheit ist bei dir nicht alles gut." Luca schaute ihn kopfschüttelnd an. „Ich bin doch nicht blind. Du sitzt hier stocksteif und dein Gesicht ist weißer als die Wand hinter dir. Also, was ist wirklich los?" Was sollte er seinem Kumpel sagen? Die Wahrheit? Das wäre wahrscheinlich das Beste, aber.....aber es sollte sich jetzt nicht um ihn drehen. Nein, hier ging es jetzt nur um Ina und ihren Vater. „Du weißt, dass ich seit damals nicht so der große Fan von Krankenhäusern bin. Diese Luft hier ist so...." Er brach ab. „Ach man, Scheiße!" Linus ließ seinen Kopf in seine Hände sinken. „Ich habe einfach Schiss, was mit Ina passiert, wenn das mit ihrem Vater wieder von vorne losgeht oder im schlimmsten Fall, wenn er es diesmal nicht schafft. Was macht das mit ihr gerade jetzt in dieser Phase ihres Lebens?" Ja, die Ängste hatte er wirklich. Auch wenn es nur die halbe Wahrheit war, log er seinen Kumpel wenigstens nicht an. „Na leicht wird es für sie bestimmt nicht. Aber sie hat ja jetzt auch Genia und den Rest der Familie an ihrer Seite." Luca schaute ihn ernst an. „Und du auch. Das weißt du! Wir sind alle für euch da. Ihr steht nicht wie beim letzten Mal alleine da." Linus nickte. Ja, das war ihm schon bewusst. Und trotzdem würde es ihm in den Nächten nicht viel nützen, wenn seine alten Geister wieder über ihn hereinbrachen. „Die Frage ist aber auch, was macht das Ganze mit uns und unserer Zukunft?" Luca schaute ihn verwundert an. „Was meinst du damit? Ihr beide gehört zusammen. Da ändert sich doch nichts daran, egal wie das hier ausgeht. So, und jetzt lass uns zu unseren Frauen gehen." Luca klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Mal horchen, was der Arzt zu sagen hat." Linus nickte und stand auch vom Stuhl auf, um seinem Kumpel zum Fahrstuhl zu folgen, auch wenn alles in ihm eigentlich nach Flucht aus dem Krankenhaus schrie.
„Alles gut, mein Schatz?" Genia zog Ina in ihre Arme und wischte ihr sanft die Tränen von den Wangen, die dort immer noch zu sehen waren. Sie hatte schlucken müssen als sie mit der Schnabeltasse zurück ins Zimmer gekommen war und Ina und ihr Vater sich dort nur mit Tränen in den Augen angeschaut hatten. Das war......das war irgendwie so....so......so emotional. Sie hatte in dem Moment sogar ihre Wut auf Conny vergessen und aufpassen müssen, dass die Schwangerschaftshormone in ihr nicht durchdrehten und sie selbst auch noch Tränen in den Augen bekam. „Ja, alles gut." Ina nickte. „Dann lass uns mal zum Ärztezimmer gehen." Wieder nickte Ina, lief aber nicht los, sondern schlang ihre Arme um Genias Hals und drückte ihr einen Kuss auf die Wangen. „Danke, dass du hier bei mir bist." Es war nur ein simpler Satz, aber er bedeutete für Genia alles. Wie oft hatte sie damals davon geträumt, dass ihre Carmen ihn zu ihr sagte. „Das ist doch selbstverständlich. Du bist meine Tochter. Ich bin immer für dich da", kam es ihr deshalb auch sofort über ihre Lippen. „Wart ihr schon bei Lenny?" Luca war mit Linus um die Ecke gebogen. „Nein, da wollten wir gerade hin. Kommt ihr mit?" Die Männer nickten beide und zusammen setzten sie ihren Weg zum Ärztezimmer fort.
„Also, eins kann ich euch schon mal sagen. Dieser Herzinfarkt war nicht so folgenreich wie der erste. Das liegt vor allem auch an der guten Erstversorgung im Pflegeheim. Deshalb ist mit keinen weiteren Schädigungen im motorischen wie kognitiven Bereich zu rechnen. Dieses Mal gab es keine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff." Ina schaute zu dem Arzt, den sie bereits vom ersten Aufenthalt ihres Vaters hier kannte. Sie hatte gar nicht gewusst, dass Luca mit ihm befreundet zu sein schien. Aber das war ja auch letztlich egal. „Es ist aber auch klar, dass so ein Herzinfarkt natürlich nicht ohne Grund eintritt. So wie es aussieht, müssen wir erst einmal den Zustand des Patienten wieder stabilisieren, damit wir ihm ein paar Bypässe legen können. Das ist natürlich eine nicht einfache OP, aber wir werden nicht darum herumkommen, wenn wir einen weiteren Infarkt in nächster Zeit verhindern wollen." Ina hatte nur das Wort Operation gehört. Sie dachte an ihren Vater, der total geschwächt nur ein paar Zimmer weiter lag. „Meinen Sie, dass er die Operation überhaupt übersteht? Muss sie wirklich sein?" „Sagen wir mal so, die Chance, dass er die OP übersteht, ist größer, als dass er den nächsten Herzinfarkt übersteht." Ina musste schlucken.
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Schuss und Treffer - in der zweiten Mannschaft ✔️ Teil 13
RomanceLinus und Ina sind schon seit zwei Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie das Bauunternehmen von Inas Vater, der seit seinem Herzinfarkt ein Pflegefall ist. Für Ina war der Weg in die Firma schon von kleinauf vorgezeichnet. Linus hatte sich sein Lebe...