Ina kam aus der Dusche. Ein Blick zur Uhr sagte ihr, dass es Zeit wurde, dass auch Natascha und Linus aufstanden, wenn sie vor der Hochzeit noch frühstücken gehen und rechtzeitig fertig sein wollten. Schnell lief sie in das kleine abgeteilte Schlafzimmer ihrer Schwester, die aber bereits wach war und auf ihrem Handy herumtippte. „Guten Morgen und ab ins Bad mit dir." „Ja gleich, ich muss erst noch mit Julia und Carmen zu Ende schreiben." Die Stimme von Natascha wirkte leicht genervt. Es fehlte nur noch die Frage, was die Störung sollte. „Wir müssen in spätestens einer halben Stunde zum Frühstück, sonst sind wir nicht pünktlich zur Hochzeit fertig", schob Ina vorsichtshalber gleich noch eine Ermahnung hinterher. „Jaa, jaaa." Ihre Schwester winkte mit der Hand ab, als wäre sie ein lästiges Insekt und Ina spürte einen gewissen Frust in sich aufsteigen. Seit wann war Natascha so? Ina war ihr ganzes Leben sofort gesprungen, wenn erst ihre Mama und später ihr Papa ihr eine Anweisung gegeben hatten. Wieso nahm Natascha sie nicht genauso als Autorität wahr, wie sie das bei ihren Eltern getan hatte? Dieses lässige Abwinken mit der Hand und das gelangweilte Jaa, jaaa machten Ina fuchsig. Trotzdem beschloss sie erst einmal Linus zu wecken. Wenn Natascha nicht pünktlich aus dem Bett kam, dann war es halt ihr Problem, wenn ihr Frühstück ausfiel. Jawohl, so hätte ihr Vater auch entschieden. Obwohl nein, hätte er nicht. Er hätte Ina losgeschickt, um Natascha pünktlich am Frühstückstisch zu haben und wenn es nicht funktioniert hätte, wäre sie die Verantwortliche gewesen, die einen Anranzer bekommen hätte. Egal! Sie machte sich zurück auf den Weg ins Schlafzimmer und fuhr mit ihrer Hand sanft über Linus Schulter. Ein leises Stöhnen ertönte, Ina beugte sich über ihn. „Aufstehen, du Schlafmütze!", flüsterte sie leise in sein Ohr. Wieder ertönte ein leises Stöhnen und Linus drehte sich zu ihr um. Er öffnete seine Augen und rieb mit den Händen darüber, ehe er sich ausgiebig streckte. Seine Hände griffen nach Ina und zogen sie zu sich auf das Bett. „Guten Morgen, Pepincito. Du warst ja schon im Bad. So ein Mist! Und ich dachte, wir könnten gemeinsam duschen." Mit seiner Hand schob er ihre Haare etwas beiseite und wanderte mit seinen Lippen an ihrem Hals zu ihrem Ohr entlang. Auf Inas Körper breitete sich eine Gänsehaut aus. „Linus, wir müssen uns beeilen, sonst schaffen wir das Frühstück vor der Hochzeit nicht mehr. Und...." Weiter kam sie nicht mehr, denn Linus Lippen hatten einfach ihre verschlossen. Okay, vielleicht war Frühstück auch völlig überbewertet. Auf einer Hochzeit gab es ja immer mehr als genug zu essen und Ina musste ja auch etwas auf ihre Linie achten, schließlich wollte niemand mit einer fetten, trägen Geschäftsfrau verhandeln. Das hatte ihr Vater ihr schon von kleinauf eingebläut. Eine Frau hatte gepflegt und ansprechend auszusehen. „Hör auf zu denken!" flüsterte Linus an ihre Lippen und sie kam seiner Aufforderung gerne nach.....
„Boah, mich hetzten und ihr macht hier rum." Nataschas Stimme riss Ina und Linus mitten aus ihrer Knutscherei. Ina spürte, wie ihr die Wärme in die Wangen schoss. Sie hatte nicht von ihrer kleineren Schwester beim Knutschen erwischt werden wollen. Ihre Schwester stand mit in die Hüften gestützten Armen in der offenen Tür. „Inibini, ich habe keine Lust das blöde Kleid zur Hochzeit anzuziehen. Julia und Carmen haben ganz andere Kleider." Linus verdrehte kurz die Augen. „Ich bin dann mal im Bad und mache mich fertig." Er sprang aus dem Bett und zwinkerte Ina zu. „Falls du dich noch ertränken willst, ich stelle schon mal die Dusche an." Ja, er kannte die Diskussionen über Klamotten noch von seinen Schwestern aus der Teenagerzeit. Welcher Mensch sollte die ertragen können? Er jedenfalls nicht freiwillig. Da hatten es Männer doch einfacher. Sie zogen einen Anzug an und fertig. Ihm war dieser ganze Klamottenrummel sowieso immer viel zu hoch gewesen. Er hatte zum Beispiel nie verstanden, warum es ein No-Go war Sportschuhe zu einem Kleid anzuziehen. Seine Schwestern hatten ihn damals angesehen als wäre er das Kettensägemonster, als er gesagt hatte sie sollten doch lieber ihre bequemen Sneaker anziehen anstatt über ihre schmerzenden Füße zu jammern und prophylaktische Blasenpflaster zu kleben. Ebenso hatten sie ihn auch angeschaut als er mit einer blauen Hose und einem roten T-Shirt zum Geburtstag seines Vaters erschienen war. Wie mit einer Zunge hatten sie gesprochen. Rot und Blau trägt die Sau, war ihm dabei hängen geblieben. Seinen Vater hatte an seinen Klamotten nur gestört, dass er durch die Farben wie ein HSV Fan auf Auswärtsfahrt ausgesehen hatte. Ja, Männer hatten es da wirklich leichter.......
.....oder auch nicht, denn als er aus der Dusche kam, war die Diskussion noch voll in Gang. „Ich will aber nicht wie ein olle Oma aussehen." Natascha stampfte wütend mit ihrem Fuß auf. „In dem staubigen Fummel darf ich bestimmt nicht mit den anderen Blumen streuen." Ina holte tief Luft. Der staubige Fummel, von dem ihre Schwester sprach, war ein Designerkleid von Dior. „Und in was willst du dann herumlaufen?", platzte es aus ihr heraus. „Vielleicht in so einem Strandfummel aus dem Laden an der Promenade?" Das Wort Fummel hatte sie genauso abwertend betont wie zuvor ihre Schwester. „Ich möchte auch so ein Kleid haben." Natascha lief zu Linus und hielt ihm ihr Handy vor die Nase. Das war so typisch für diesen kleinen Teufelsbraten, dachte Ina. Immer wenn sie wusste, dass sie bei ihr nicht weiterkam, versuchte sie Linus auf ihre Seite zu ziehen. Und in Kleidungsfragen war er mit Sicherheit ein leichtes Opfer. Er konnte ja nicht einmal Dior und Channel auseinanderhalten, selbst wenn die Markenlogos aufgedruckt waren. „Ja, sieht nett aus", nickte er auch erwartungsgemäß und ein breites Grinsen ging durch Nataschas Gesicht. „Siehst du, Linus findet das auch viel hübscher." „Moment mal, das habe ich so nicht gesagt", protestierte er sofort und schaute zu Ina, die ihre Zähne zusammenbiss. „Ich habe nur gesagt, dass es nett aussieht." „Ich möchte aber auch so ein Kleid wie die anderen haben, biiiiittttteee!" Natascha dieses kleine Luder hakte sich bei Linus ein und sah ihn bettelnd an. „Vielleicht können wir ja nach dem Frühstück kurz noch in der Hotelboutique nach einem Kleid schauen?" Linus versuchte es mit einem tragbaren Kompromiss. Schließlich war heute der Hochzeitstag seines Kumpels und er hatte keine Lust auf schlechte Stimmung dort. „Ja, okay." Ina sah zwar nicht wirklich begeistert aus, stimmte aber zu. „Los, dann lasst uns frühstücken gehen." Natascha zog an seiner Hand. „Worauf warten wir dann noch!" Er schaffte es gerade noch einmal durch seine Haare zu wuscheln, ehe er von den zwei Preetz Frauen aus dem Zimmer gezogen wurde.
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Schuss und Treffer - in der zweiten Mannschaft ✔️ Teil 13
RomanceLinus und Ina sind schon seit zwei Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie das Bauunternehmen von Inas Vater, der seit seinem Herzinfarkt ein Pflegefall ist. Für Ina war der Weg in die Firma schon von kleinauf vorgezeichnet. Linus hatte sich sein Lebe...