Kapitel 111

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„Wir wollten euch zu Weihnachten überraschen." Linus Mutter trat auf sie zu und umarmte sie fröhlich. „Lydia ist doch mit den Kindern in Italien und Lea ist mit dem Kleinen bei Patricks Familie auf der Insel. Also haben wir uns gedacht, wir überraschen euch und verbringen Weihnachten hier in Düsseldorf." „Mensch Astrid, nun schnacke das Mädel mal nicht so zu und lass uns erst einmal ins Haus gehen, sonst zieht ja die ganze Kälte hier rein, wenn wir noch ewig in der Tür stehen." Thomas schob seine Frau vor sich her an Ina vorbei ins Haus. Er zwinkerte ihr kurz zu, als er die Tür hinter sich schloss und den Koffer abstellte. Ina stand da wie angewurzelt. Was sollte sie denn jetzt machen? Sie musste los, um Linus zu suchen, aber sie konnte seine Eltern doch auch nicht einfach so hier stehen lassen......vielleicht konnten sie ja auch mit suchen. Aber..... „Wo ist denn unser Sohn?" Astrid schaute sich suchend um. „Jetzt sag nicht, er ist schon in der Firma. Wir haben extra den Nachtzug genommen, damit wir euch noch vorher erwischen." Ina schüttelte ihren Kopf. Wie sollte sie sagen, dass sie nicht wusste, wo er war? Dass er wahrscheinlich gerade irgendwo verletzt und halb erfroren lag. „Ich....ich weiß... nicht wo Li....Linus ist", kam es schluchzend aus ihrem Mund, ehe sie es unterdrücken konnte. „Ich woll....wollte ihn gerade suchen ge..gehen." Dicke Tränen liefen ihr über die Wangen und ihr Herz war von Angst und Panik eingeschnürt. Eine warme Hand legte sich um ihre Schulter und dann wurde sie an eine kräftige Brust gezogen, während eine weitere Hand ihren Rücken tätschelte. „Was is denn los, meen Deern?" Bei dieser warmen liebevollen Umarmung schossen Ina noch mehr Tränen in die Augen. „Li...Linus!", war alles, was sie schluchzend herausbrachte. Die Umarmung wurde fester und noch tröstender. „Du hast keine Zeit hier herum zu heulen, du musst Linus suchen. Er braucht dich", hörte Ina ihre eigene Stimme in ihrem Kopf. Sie löste sich aus der Umarmung. „Ich muss los Linus suchen!" „Nee, nee, du gehst so aufgelöst wie du bist nirgendwo hin. Du läufst uns ja glatt noch vor ein Auto."  Ina spürte, wie Astrid sie sanft durch das Haus zum Sofa schob. „Setz dich mal erst einmal hin, meen Deern. Und dann erzählst du uns, was hier eigentlich los ist. Habt ihr euch gezofft?" Ina nickte nur kurz. „Ich habe in der Firma Mist gebaut und Linus war stinksauer auf mich. Er hat sogar auf dem Sofa geschlafen." Astrid deutete auf die Decke, die noch immer ausgebreitet neben Ina lag.  „Nein, das war ich heute, weil ich gestern hier eingeschlafen bin, während ich auf ihn gewartet habe. Linus hat gestern Nacht dort geschlafen." Astrids nachdenklicher Blick war nicht zu übersehen. „Dann habt ihr schon länger Streit?" Was sollte sie denn sagen? Während ihr Kopf noch überlegte, platzte ihr Mund schon mit der Wahrheit heraus. „Ja, also das war wirklich keine Glanzleistung da die ganzen Handwerker abzuziehen." Das musste Thomas ihr gar nicht sagen, das war ihr mittlerweile auch klar. Eine Firma in der Größe wie ihre, konnte nicht einfach nach persönlichen Bedürfnissen geleitet werden. Ihre Mutter hätte mit Sicherheit auch Verständnis, wenn das Haus in Bochum erst später fertig wurde. Es war ja schließlich nur ihre eigene Idee gewesen, sie damit zu Weihnachten zu überraschen. Weil sie das Gefühl hatte, ihr etwas Gutes zu tun. Sie wollte das wieder gutmachen, was ihr Vater Genia angetan hatte. Sie wollte ihrer Mutter zeigen, dass sie ihr wichtig war. Trotzdem hatten solche Gefühlsduseleien nichts in einer Firma zu suchen. „Das ist aber noch lange kein Grund deshalb so ein Kindertheater zu veranstalten", unterbrach ihn Astrid aufgebracht. „Ist doch klar, dass die Familie Vorrang hat. Und sich deshalb wie ein schmollendes Kleinkind zu verhalten....nee, so haben wir Linus nicht erzogen." „Aber...aber vielleicht schmollt er gar nicht und es ist ihm einfach was beim Laufen passiert und er braucht jetzt meine Hilfe." Ina sprang vom Sofa auf....und wurde keinen Moment später wieder zurück gedrückt. „Du bleibst hier erst einmal sitzen und wir überlegen uns, wo eine Suche Sinn macht." Ja, Astrid hatte recht. Sie brauchten einen Plan und noch mehr Leute. Sie musste ihre Mutter anrufen, damit sie Lucas Familie zusammentrommelte. „Hast du denn schon versucht ihn anzurufen?" Ihr Blick fiel zu Thomas und sie schlug sich die Hand vor die Stirn. Nein, auf die Idee war sie noch überhaupt nicht gekommen. Wie dumm war sie eigentlich? Schnell griff sie zu ihrem Handy und begann zu wählen. Von weit her hörte sie Linus durchdringenden Klingelton. Schnell sprang sie auf und folgte dem Geräusch. „Hier ist die Mailbox von...." Schnell wählte sie noch einmal und folgte dem immer lauter werdenden Klingelton ins Schlafzimmer. Das Geräusch kam aus dem Bett. Ina hob die Decke an und entdeckte das Handy in der Mittelritze. „Hast du es gefunden?" Astrid war ihr gefolgt. Ina nickte und hielt das Handy hoch. In ihrem Kopf entwickelte sich spontan ein Horrorszenario. Was, wenn jemand Linus entführt hatte? Oder er Opfer eines Überfalls geworden war? Obwohl, das war Quatsch, denn es fehlte ja offensichtlich nichts im Haus. Ina drehte sich um und rannte die Treppe hinunter in die Küche. „Frau Senger, wann haben Sie Linus das letzte Mal gesehen?" Die Haushälterin schaute sie irritiert an. „Gestern als ich Natascha zu deinen Großeltern gefahren habe, ist er gerade nach Hause gekommen." Aber das war dann ja gegen Mittag. Also viel früher als sie gedacht hatte. Irgendetwas stimmte hier absolut nicht. „War er alleine?" Ina schoss wieder die Entführungsthese durch den Kopf. Obwohl, wahrscheinlich hätte sie dann doch schon eine Lösegeldforderung erhalten. „Ja, war er. Aber er sah irgendwie ziemlich müde aus." Frau Senger kam auf Ina zu und legte ihre Hand auf Inas Arm. „Mädel, was ist den hier los?" Wieder brachte Ina nur ein geschluchztes „Linus ist weg" hervor. „Schau mal, was ich gefunden habe!" Ina drehte sich zu Astrid, die auch in der Küche aufgetaucht war. Sie wedelte mit einem Blatt Papier herum.

Schuss und Treffer -  in der zweiten Mannschaft   ✔️    Teil 13Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt