Linus lief durch den langen Gang im Flughafen. Er hatte zwar noch keinen Weiterflug, aber die freundliche Flugbegleiterin hatte ihm den Rat gegeben zum Schalter ihrer Fluggesellschaft im anderen Terminal zu gehen. Da kann man mit Sicherheit etwas machen, waren ihre Worte. Na hoffentlich behielt sie recht, denn die Zeit bis Mitternacht wurde langsam knapp. Nein, den Gedanken, dass er Ina noch in diesem Jahr wieder in seinen Armen halten konnte, den konnte er gleich verwerfen. Das war ganz alleine sich selbst geschuldet. Warum hatte er nicht einfach schon vorher den Abflug gemacht? Er vermisste Ina doch nicht erst seit heute. Linus Blick ging zu den Wegweisern über ihm. Okay so wie es aussah, war der Münchner Flughafen wohl nicht der Flughafen der kurzen Wege. Sollte er dieses Laufband nehmen? Nee, er hatte ja gesunde Füße. Außerdem konnte ihm etwas Bewegung auch nicht schaden so kribbelig wie er war. Ja, dieses Kribbeln wurde von Kilometer zu Kilometer, den er seit Barcelona hinter sich gelassen hatte immer stärker..... und jetzt von Minute zu Minute. Wenn er dieses dämliche Laufband benutzen würde, müsste er wohl auf der Stelle joggen, um nicht verrückt zu werden. Ob in Düsseldorf wohl noch dieser kleine Blumenladen am Flughafen offen hatte? Wenn ja, würde er sämtliche Rosen aufkaufen, die es dort gab, bevor er ins Taxi sprang und den Taxifahrer dazu animieren würde jeden Geschwindigkeitsrekord zu brechen, damit er so schnell wie möglich bei Ina war. Sein Magen sackte eine Etage tiefer. Es war ja schön, dass er sich so nach Ina verzehrte, aber......aber war es so sicher, dass es ihr genauso ging? Vielleicht war sie stinksauer auf ihn und sein Verschwinden. Vielleicht wollte sie ihn nie wieder sehen und jagte ihn sofort aus dem Haus. So undenkbar war das nicht. Ina war eine sehr stolze und entschiedene Frau. Das war etwas, was er immer an ihr bewundert hatte. Genau wie diese Verletzlichkeit, die sie hinter dem ganzen Stolz versteckte. Alleine bei dem Gedanken an sie, begann sein Herz an zu rasen. Linus Fuß blieb an etwas hängen und er konnte sich gerade noch fangen in dem er zu dem Handlauf des Laufbands griff. Dabei berührte er kurz eine Hand, die aber gleich weiterfuhr. Sein Blick wanderte etwas hoch. Er sollte sich lieber etwas auf seine Umgebung konzentrieren, ehe er hier noch sich selbst zerlegte und dann doch nicht mehr zu Ina kam. Manno, was war das denn? Ina zog ihre Hand von dem Handlauf des Laufbands. Wer bitte tatschte sie da an? Okay, heute war Silvester, aber wenigstens auf dem Flughafen hatte sie gehofft von irgendwelchen torkelnden Besoffenen verschont zu sein. Scheinbar war ihr das Glück aber nicht hold. Sie schüttelte kurz angewidert den Kopf und begann in ihrer Handtasche nach einen Desinfektionstuch zu kramen. Glücklicherweise hatte sie so etwas ja für genau solche Fälle immer dort parat. Linus drehte sich um. Er sollte wenigstens noch ein kurzes Entschuldigung der Person auf dem Laufband hinterherrufen. Er war ja schließlich kein Stoffel, der einfach irgendwelche Leute antatschte. „Sorry, ich bin...." Linus blieb der Rest des Satzes im Hals stecken, denn er schaute in die blauen Augen, die er mehr liebte als alles auf der Welt. Die Augen, die sich in gleichmäßiger Geschwindigkeit weiter von ihm entfernten und ihn irritiert anstarrten. Also entweder drehte er jetzt total durch oder aber...... „Ina! Pepincito!", brach es aus ihm heraus. Was machte Ina hier in München auf dem Flughafen? War das alles nur ein Hirngespinst? Wenn er sich nicht beeilte, würde er es jedenfalls nicht herausfinden. Linus begann in die entgegengesetzte Richtung zu rennen. Verflucht, warum hatte er nur solchen Muskelkater vom Surfen? „Ina! Pepincito!", rief er noch einmal so laut er konnte. Das....das war Linus, sickerte es langsam in Inas Hirn. Ja, er musste es sein. Er hatte sie gerufen. Das war....das war keine Fatamorgana. „Linus!", brach es auch aus ihr heraus. Sie sah, wie Linus auf sie zugerannt kam, während sie immer weiter auf dem Laufband fuhr. Ihr Blick ging nach vorne. Verflucht, wie lang war denn dieses blöde Laufband? Fuhr man damit einmal durch halb Bayern? Es schien jedenfalls überhaupt kein Ende zu nehmen. Auch wenn Linus immer etwas näher kam, war er doch irgendwie noch unendlich weit weg. Alleine sein Anblick hatte den Rest von Wut in Sehnsucht verwandelt. Jetzt reichte es ihm aber! Wie lange sollte er denn noch hier neben dem blöden Band her rennen? Linus wollte zu seinem Mädchen und zwar so schnell wie möglich und nicht erst am Ende des Laufbands. Entschlossen setzte er zum Sprung über den Handlauf an. Er hatte sich in den letzten Tagen so oft auf ein Surfboard geschwungen, da würde er diesen Sprung doch wohl auch schaffen. Erleichtert landete er wieder auf seinen Füßen und dann rannte er in Inas Richtung. Ina hatte den Atem angehalten als sie gesehen hatte, dass Linus zum Sprung angesetzt hatte. War er denn von allen guten Geistern verlassen? Das war doch scheißgefährlich! Als sie sah, dass er es geschafft hatte, setzten sich ihre Füße von alleine in Bewegung und begannen entgegen der Laufrichtung zu ihm zu laufen. Manno, warum hatte sie vorhin nicht ein paar Sportschuhe angezogen? Sie kam einfach gefühlt überhaupt nicht vorwärts. Glücklicherweise schien es Linus nicht so zu gehen, denn er kam in großen Schritten auf sie zu gerannt. „Pepincito!" Mit einem großen letzten Schritt war er bei ihr und riss sie in seine Arme. „Lin...." Zu mehr kam sie nicht mehr, denn seine Lippen landeten auf ihrem Mund und Ina schlang ihre Arme um Linus Hals und presste sich an ihn. Erst jetzt wurde ihr so richtig klar, wie sehr sie ihn und seine Nähe die ganze Zeit vermisst hatte. Sie spürte wie ihr die Tränen der Erleichterung und des Glücks über die Wangen liefen. Linus löste sich von ihr. „Nicht weinen, Pepincito!" Sanft strich er mit seinem Daumen über ihre Wange, während das Laufband mit ihnen immer weiter fuhr. „Ich bin doch jetzt wieder da. Und ich werde auch nie wieder gehen." Ja, das war ein Versprechen, das er sowohl ihr als auch sich selbst gab. Nein, er würde nie wieder einfach so verschwinden. Er würde sich ein Weg und professionelle Hilfe suchen, um seinem Problem aus der Vergangenheit für immer Herr zu werden. Er würde nie wieder das Risiko eingehen, dass es ihn das kostete, was er am meisten liebte. „Ich liebe dich mehr als mein Leben!" Ja, genau das war es, was er für seine Pepincito fühlte.
DU LIEST GERADE
Schuss und Treffer - in der zweiten Mannschaft ✔️ Teil 13
RomanceLinus und Ina sind schon seit zwei Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie das Bauunternehmen von Inas Vater, der seit seinem Herzinfarkt ein Pflegefall ist. Für Ina war der Weg in die Firma schon von kleinauf vorgezeichnet. Linus hatte sich sein Lebe...