„So, und das ist unsere Elphi." Linus Vater deutete auf ein interessant aussehendes Gebäude. Natürlich kannte Ina es. Wer kannte es nicht, wenn er aus dem Baugeschäft kam, auch wenn es zu einer Zeit entstanden war, in der sie noch nicht in der Firma ihres Vaters aktiv war. Dieses Gebäude war der schlichte Wahnsinn. „Herzog und de Meuron haben sich da wirklich selbst übertroffen." Alleine schon diese außergewöhnliche Fassade. „Wer bitte?" Thomas schaute sie überrascht an. Wahrscheinlich dachte Linus Vater, dass nur ein Hamburger sie kannte und wollte sie testen. „Na die Architekten der Elbphilharmonie! Sie sind schließlich echte Stars im Bereich der Architektur und nicht nur in der Schweiz bekannt, wo sie ihr Büro haben. Wer kennt sie nicht?" „Ich zum Beispiel", kam es von Linus Vater. „Echt nicht?" Das konnte sich Ina gar nicht vorstellen. Schließlich kam er doch aus Hamburg und da.... „Nö, echt nicht." Er schüttelte seinen Kopf. „Mir war es eigentlich egal, wer so viel Geld verschwendet hat. Ich kann dir nur sagen, dass unsere Firma bei dem Bau ganz schön ins Schleudern gekommen ist. Ständig musste etwas geändert werden. Weißt du, meen Deern, nicht alles, was auf dem Reißbrett machbar ist, lässt sich auch so umsetzen. Aber das wissen die schlauen Herren von Architekten ja nicht und selbst die Herren Bauleiter sind da meist nicht wirklich im Bilde. Und dann bleibt das an uns hängen, ihnen zu erklären, warum das so man nicht läuft." Ina nickte. Okay, das hatte sie auch schon auf einigen ihrer Baustellen festgestellt. Trotzdem, es musste doch unglaublich sein, wenn man als Architekt so etwas entwarf. Wenn man seine ganze Kreativität und sein Wissen in so einen Entwurf einfließen ließ. Schon als kleines Kind hatte Ina mit Begeisterung Häuser auf Papier gemalt....ihre Mutter hatte sie dann immer meine kleine Architektin genannt. Das war schon so lange her. Ja, als ihre Mutter noch lebte, war es ihr Traum gewesen, irgendwann einmal etwas zu entwerfen oder zu designen. Sie war sich damals nicht sicher gewesen, ob sie Architektin oder Modedesignerin werden wollte. Ihre Mutter hatte ihr gesagt, dass sie ja noch genug Zeit hätte, sich zu entscheiden.....und dann war sie gestorben. Da war kein Platz mehr für solche Gedanken gewesen. Wenn sie sich nicht um Natascha gekümmert hatte, dann hatte ihr Vater erwartet, dass sie sich in die Firma einbrachte und mit ihm repräsentative Aufgaben übernahm. Architekten hielt er für Hungerkünstler. Für ihn war klar gewesen, dass eine Frau in der Firma nur im wirtschaftlichen Bereich einfache Aufgaben übernehmen konnte. Die Baustelle gehörte in Männerhände. Das war auch der Grund, warum sie Wirtschaftswissenschaften und nicht Bauingenieurwesen, geschweige denn Architektur studiert hatte. „Und schau mal, da hinten..." Thomas deutete mit seiner Hand in eine andere Richtung. „Das Gebäude haben wir auch gebaut, aber in einem Bruchteil der Zeit. Da waren aber auch nicht so berühmte Schlipsträger für verantwortlich, die ständig einen anderen Floh im Kopf hatten. Und die Baukosten sind auch im Rahmen geblieben." Okay, das Gebäude war jetzt auch nicht so aufwendig wie die Elbphilharmonie, aber trotzdem sah es interessant aus. „So, jetzt wird es aber Zeit für das Miniatur Wunderland." Astrid stupste ihren Mann in die Seite. „Nicht alle sind an irgendwelchen Baustellen von dir interessiert." „Wird ja auch bald keine mehr geben, von denen ich erzählen kann", brummte er. „Au ja, Miniatur Wunderland", quietschte Natascha vor Begeisterung. Trotz des Quietschen hatte der letzte Satz seines Vaters Linus Ohren erreicht und er fragte sich, was er zu bedeuten hatte. Klar, war Kurzarbeit nicht schön, aber das sollte doch nur für eine kurze Überbrückungszeit der Fall sein. Er nahm sich vor noch heute Abend mit ihm darüber zu sprechen. „Na, wie gefällt dir Hamburg?" Linus griff Inas Hand und lief mit ihr hinter seinen Eltern und der Kleinen hinterher. „Es ist schön." Ihr Blick ging noch einmal zurück zur Elbphilharmonie und hatte fast etwas Sehnsuchtsvolles. Linus war vorher noch nie aufgefallen, dass sie sich so für Bauwerke interessierte. Eigentlich hatte er immer den Eindruck gehabt, dass sich ihre Aufmerksamkeit nur um die Bauprojekte der Firma und ihren Profit drehte. Das sie sogar die Architekten der Elphi kannte, hatte ihn ziemlich überrascht.
„Das ist ja voll cool!" Nataschas Augen strahlten förmlich, während sie die kleine Miniatur vom Hamburger Hafen bestaunte. „Sehen wir uns den nachher auch noch in groß an?" „Na klar, meen Deern. Schau mal, da ist sogar das Musicaltheater von König der Löwen nachgebaut." Astrid deutete mit ihrem Finger auf den Nachbau. „König der Löwen!" Nataschas Augen fingen geradezu an zu leuchten. „Können wir da hingehen, Inibini. Biiiitttteeee!" „Ich weiß nicht, ob wir da noch Karten für bekommen." Ina ärgerte sich, dass sie nicht schon früher daran gedacht hatte. Klar mochte Natascha Disney und den Film hatten sie früher oft zusammen gesehen. Sie selbst liebte Simba ja auch. Als sie klein war hatte sie sogar ein Stofftier gehabt, das ihr ihre Mutter geschenkt hatte. „Menno!" Die Kleine schaute sie verzweifelt an. „Sonst kannst du doch immer alles besorgen." „Ach meene Lütte, man kann nicht immer alles haben. Wir gehen nachher einfach an den Elbstrand. Da ist es auch schön und das kostet nicht so viel." Astrid legte tröstend den Arm um Nataschas Schulter. „Warst du schon mal im König der Löwen?" Astrid schüttelte sofort den Kopf. „Nee, die Karten sind ja man viel zu teuer." Zusammen mit Natascha lief sie weiter zu der nächsten Ausstellungsfläche. Ina folgte ihnen. Irgendwie hatte sie den Eindruck, dass Astrid schon gerne einmal das Musical sehen würde. Ihr Blick wanderte zurück zu der Miniatur des Musicaltheaters. Geld war ja nicht das Problem. Entschlossen zog Ina ihr Handy aus der Tasche und begann zu googlen. Wenn sie keine Karten mehr für heute bekam, dann konnte sie wenigstens welche für Astrid und Thomas als kleines Dankeschön kaufen.
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Schuss und Treffer - in der zweiten Mannschaft ✔️ Teil 13
RomanceLinus und Ina sind schon seit zwei Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie das Bauunternehmen von Inas Vater, der seit seinem Herzinfarkt ein Pflegefall ist. Für Ina war der Weg in die Firma schon von kleinauf vorgezeichnet. Linus hatte sich sein Lebe...