„Puh, ich brauche eine Pause!" Ina schnaufte erschöpft. Gefühlt hätte sie gerade einen Tanzmarathon zusammen mit Linus gewinnen müssen. Sie hatte nicht gewusst, dass ihr Freund so ein hervorragender und vor allem auch ausdauernder Salsa Tänzer war. „Okay, dann setz dich, ich hole dir etwas zu trinken." Linus führte sie zu einer der gemütlichen Lounge Sofas. Ja, da war hier wirklich keine richtige Hochzeitsfeier, sondern eine Strandparty. Inas Blick fiel zu dem Brautpaar. Luca hatte mittlerweile sein Sakko, seine Krawatte und seine Schuhwerk verloren. Fehlte nur noch, dass er auf Strandklamotten wechselte. Die Braut hatte auch keine Schuhe mehr an und die beiden bewegten sich wie zwei aneinander geklammerte Äffchen im Sand zur Musik. Also für die Hochzeit hätten sie ja wenigstens ein paar Tanzschritte üben können. „Die beiden passen so perfekt zusammen. Sie sind wirklich ein hübsches Paar und man sieht wie glücklich sie miteinander sind. Das ist schließlich das Wichtigste", wurde Ina von einer Frau mit dunkelhaarigem Lockenkopf angesprochen. Sie hatte wohl Inas Blick bemerkt. Scheinbar war sie wohl auch eine gute Freundin von Luca, denn sie hatte sein Alter. „Hallo, ich bin Leokardia. Eine Freundin der Braut, naja und irgendwie auch des Bräutigams. Wir sind damals zusammen zur Schule gegangen und er war damals mit meiner Schwägerin zusammen. Und du bist die Freundin von Linus. Nicht wahr? Wir haben uns glaube ich schon einmal auf dem Geburtstag von Genia getroffen." War ja klar, das Leokardia Linus kannte. Wer kannte ihn nicht? Linus hatte einfach die Gabe einen Raum zu betreten und sofort mit jedem ins Gespräch zu kommen. Witzigerweise störte es Ina nicht einmal nur als die Freundin von bezeichnet worden zu sein. Warum auch? Sie war ja stolz auf ihren Freund. „Ich bin Ina", stellte sie sich schnell vor. Leokardia lächelte sie an. „Und das ist meine Tochter Romy." Sie deutete auf das Baby, dass seelenruhig trotz des ganzem Lärms in ihrem Arm schlief. „Mama, darf ich mit Mari und Espie da hinten ein Schloss bauen?" Ein kleiner dunkelhaariger Junge war angerannt gekommen und hatte abrupt vor ihnen gebremst. Er beugte sich zu dem Baby und drückte im sanft einen Kuss auf die Wange. „Ja, kannst du, Emilio." Ina war erstaunt. Leokardia hatte bereits zwei Kinder und der kleine Junge war bestimmt schon fünf Jahre. Wenn sie zusammen mit Luca zur Schule gegangen war, dann war sie gerade einmal 21. Wann hatte sie bitte das Kind bekommen? Ina hatte absolut kein Verständnis für Teenager-Schwangerschaften. Wenn man noch nicht in der Lage war richtig zu verhüten, war man auch nicht in dem Alter, um schon Sex zu haben. Nicht umsonst hatte sie selbst damit bis zur Hochzeit warten wollen. Okay, das hatte nicht ganz funktioniert. Linus hatte ihren wohldurchdachten Plan einfach torpediert. Eigentlich hatte sie nämlich eine bestimmte Reihenfolge einhalten wollen. Erst Studium abschließen, dann heiraten und Sex haben und als Krönung dann ein Kind und dazwischen irgendwann in die Firma einsteigen. Okay, der Plan war, an dem Tag als ihr Vater am Flughafen zusammengebrochen war, sowieso durcheinander geraten, denn sie hatte ihr Studium aufgeben und sofort in die Firma einsteigen müssen. Und dann war da Linus, den sie aus tiefstem Herzen liebte. Im Gegensatz zu ihrer Partnerschaft mit Luca damals war ihr das Warten mit dem Sex bei Linus irgendwie total unmöglich erschienen. Nein, sie hatte einfach nicht länger warten wollen......aber eine Teenager-Schwangerschaft war trotzdem das Letzte. Kein Wunder, dass sie Genia, dieses oberflächliche Weib, zu ihren Freundinnen zählte. Innerlich nahm sie Abstand zu Leokardia, die ihr eigentlich ziemlich sympathisch erschienen war. „Du fragst dich sicher, wieso ich schon so einen großen Sohn habe?" Scheinbar hatte man ihrer Miene wohl ihre Gedanken ansehen können. Warum sollte sie es also nicht einfach zugeben. „Ja, irgendwie schon." Leokardia begann zu grinsen. „Die Frage bin ich gewohnt. Emilio ist eigentlich mein kleiner Halbbruder, den Max und ich adoptiert haben, als mein Vater gestorben ist." „Ohh!" Ina spürte wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Da hatte sie wohl in ein ganz falsche Richtung gedacht. Wie peinlich! „Aber er hat dich doch Mama genannt." Leokardia fing an zu lachen. „Ja, seit Romy da ist, möchte er uns auch Papa und Mama nennen, damit sie es schneller lernt und weil er doch ein großer Bruder sein will." „Dann weiß er also, dass er adoptiert ist?" Leokardia nickte. „Ja klar, er war ja schon fast fünf, als mein Papa gestorben ist. Für ihn wohnt sein anderer Papa jetzt im Himmel und passt auf ihn auf. Und Max ist sein Papa hier unten, der mit ihm Fahrradfahren geht." Ina nickte nur. Irgendwie war das komisch. Sie war kein Fan von Adoptionen. Für sie käme so etwas nicht in Frage. Sie wollte wenn ihr eigenes Kind. Bei so einem adoptierten Kind wusste man doch nie, was für Gene darin steckten. Das hatte ihr Vater immer schon so gesagt. Okay, wenn es sich um sein Halbgeschwisterteil handelte, war das Risiko geringer. Trotzdem war sich Ina nicht sicher, ob sie Natascha adoptieren würde, wenn ihr Papa doch noch starb. Wozu auch? Sie war ja ihre Schwester und das reichte doch als Verbindung. Natürlich würde sie sich immer um sie kümmern. Das war ja Ehrensache, aber Adoption.....nee, eher nicht. „Hier, ein Cocktail für dich, Pepincito." Linus reichte ihr ein bunt dekoriertes Glas. „Hier Prinzessin." Ein rotblonder Mann reichte auch Leokardia ein ähnliches Glas. „Soll ich dir mal unsere Mango abnehmen?" Dann musste das wohl Max, Leokardias Mann, sein. Er nahm seiner Frau das Baby ab, dass sich ohne aufzuwachen an seine Brust kuschelte. „Und du bist jetzt also mitten in deinem praktischen Jahr?" Linus hatte sich auch neben Ina gesetzt und schien sein Gespräch mit Max fortzuführen. „Ja, und nebenher arbeite ich schon an meiner Approbation." Wie bitte? Der Kerl wollte schon Doktor werden? „Max hat Medizin studiert", klärte sie seine stolze Ehefrau ungefragt auf. „Und was machst du so beruflich?" Na das war eine Frage, die Ina gerne beantwortete. „Ich leite zusammen mit Linus die Firma meines Vaters. Und was machst du?" Das war eine reine Höflichkeitsfloskel, denn was sollte man wohl von einer so jungen Mutter erwarten. Wahrscheinlich hatte sie gerade einmal die Schule fertig bekommen und ruhte sich jetzt darauf aus, dass sie die Frau eines angehenden Mediziners war. „Ich mache gerade eine Ausbildung zur Maßschneiderin. Eigentlich hatte ich ja Design studiert, weil ich das Modelabel meiner Schwiegermutter übernehmen will. Aber irgendwann ist mir klar geworden, dass das Studium mich nicht weiterbringt und es viel wichtiger ist die handwerklichen Fertigkeiten zu lernen." Ina schaute Leokardia erstaunt an. Puh, das hätte sie nicht erwartet, dass ihr so eine ehrgeizige Frau gegenüber saß, besonders nicht, wenn es eine Freundin von Genia war, die ja nun wirklich alles andere als ehrgeizig war. Bei ihr war doch immer alles nur easypeasy, so wie diese Hochzeit halt.
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Schuss und Treffer - in der zweiten Mannschaft ✔️ Teil 13
RomanceLinus und Ina sind schon seit zwei Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie das Bauunternehmen von Inas Vater, der seit seinem Herzinfarkt ein Pflegefall ist. Für Ina war der Weg in die Firma schon von kleinauf vorgezeichnet. Linus hatte sich sein Lebe...