Die Zeremonie I

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Whakan kehrte mit einem opulenten Kopfschmuck zurück, den Felix an die Bilder von Indianerhäuptlingen aus seiner Kindheit erinnerte. Allerdings wirkte dieser sehr traditionell gearbeitet und war nicht so bunt.

Weiterhin brachte er eine bauchige Flasche aus dunklem Glas, einen kleinen Tonkrug und ein breites, weißes Band aus groben Leinen mit. Er bat Jako, mit dem Krug Wasser aus dem See zu holen und es in den Stein in ihrer Mitte zu schütten.

Jako tat wie geheißen. Währenddessen setzte Whakan sich wieder im Schneidersitz auf die Decke und breitete das weiße Band vor sich aus. Als Jako sich wieder gesetzt hatte, streckte der Ältere seine Hände aus.

"Bitte übergebt mit die von euch gewählten Zeichen." Felix sah verwirrt zu Jako und dieser deutete auf seine Kette. Felix löste das Lederband und reichte den Anhänger an Whakan, während Jako aus der Tasche seiner Weste ein Armband zog.

Überrascht sah Felix ihn an, doch Jako sah konzentriert auf den Älteren. Dieser wickelte die beiden Schmuckstücke in das Stoffband, sodass es immer noch lang, aber nun wesentlich schmaler war.

"Reicht mir eure nebeneinander liegenen Hände." Felix streckte seinen rechten und Jako seinen linken Arm aus. Ihre Hände schwebten über der mit Wasser gefüllten Schale und berührten sich leicht.

Dies allein war ausreichend, um bei beiden für ein angenehmes Kribbeln zu sorgen. Der Ältere ließ das Band vorerst liegen, streckte die Arme weit aus und bewegte seinen Oberkörper wiegend von rechts nach links.

Immer wieder dehnte er dabei die Hände aus, als wollte er aus der Luft, dem Wald oder dem See etwas greifen und zu sich ziehen. Dabei summte er leise vor sich hin, was aufgrund seiner Bewegung mal ab- und mal anschwellend erklangt.

Jako und Felix bekamen eine Gänsehaut und führten ihre noch erhobenen Hände dichter zusammen. Als Whakan die Hände zum bereits fast dunklen Himmel streckte, wo die ersten Sterne aufleuchteten, begann er zu sprechen.

"Wir wurden zusammen mit allen Geschöpfen auf diese Erde gesetzt." Er machte eine ausholende Geste, die die ganze Welt einschloss. "All diese Geschöpfe, auch die kleinsten Gräser und größten Bäume..."

Wieder zeigte er auf seine direkte Umgebung und neigte ehrbietig den Kopf. "... sind mit uns eine Familie. Wir sind alle eins und gleich an Wert auf dieser Welt." Whakan sah zu Jako und Felix.

Dann legte er seine Hände auf ihre und drückte sie mit einer, wie Felix erstaunt feststellen musste, ziemlichen Kraft für einen Mann seines Alters. Er kreuzte ihre Arme und griff dann nach dem Band vor ihm.

Whakan legte den Stoff über ihre Gelenke und begann zu sprechen, während er diesen mit wohlbedachten Bewegungen zusammen band. "Es gibt mehr als eine Art zu lieben." Er ließ sie los.

"Und es gibt mehr als einen einzigen Weg, die andere Hälfte seines Selbst in einem anderen Menschen zu finden. Ihr habt dies geschafft, in Zeiten der Freude, des Kummers und der Ungewissheit."

"Ihr habt euch entschieden euch zu vervollständigen, die Hälfte des Anderen zu sein und somit Eins zu werden. Und eine solche Verbindung wird auf dieser Erde für alle Zeiten als das Höchste angesehen."

Felix konnte nicht leugnen, dass ihn diese Worte rührten und er seine Tränen aufkommen spürte. Mit einem Blick zur Seite sah er, dass es Jako genauso ging. Als dieser den Blick erwiederte konnte Felix die tiefe Liebe darin erkennen.

Entspannung im Hause Fewjar IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt