Chapter 108

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"Das wird schon noch", sage ich aufmunternd und klopfe ihm auf die Schulter.
"Sicherlich ist sie nur hin und her gerissen, ob sie eine Beziehung neben ihrem Studium schafft. Medizin ist ja jetzt nicht gerade das einfachste Studium."
Er nickt. "Du könntest Recht haben."
"Aber was ist eigentlich mit dir?"
Mein Herz setzt aus.

Jisung POV

"W-was meinst du?", frage ich und kann nicht verhindern, dass meine Stimme zittert
"Naja wie läuft die Schule so bei dir?"
Unauffällig atme ich aus und entspanne mich wieder etwas. Ich bin nicht bereit, mich direkt jetzt vor meinem Bruder zu outen.
"Naja so wie immer. Du weißt schon. Die Lehrer nerven viel und versuchen uns Panik vor den Prüfungen nächstes Jahr zu machen. So wie bei dir sicher auch." Er nickt verständnisvoll.
"Und was Freunde angeht...?"
"Naja also ich wohne nach wie vor allein, aber ich bin viel mit Felix unterwegs."
"Ach Felix, an den erinner ich mich noch. Den mochte ich. Ihr wart immer schon ein gutes Team."
Ich nicke zustimmend und lächle bei dem Gedanken an ihn.
"Er ist jetzt schon seit einer ganzen Weile blond. Und dann sind noch immer drei andere Jungs dabei."
"Keine Mädchen?", fragt er skeptisch und ich schüttle nur den Kopf.
"Weißt du...Felix ist...er hat einen Freund. Er heißt Changbin."
Unsicher schiele ich zu meinem Bruder und warte auf seine Reaktion. Ein bisschen feige komme ich mir schon vor, da ich Felix einfach so vorgeschoben hab.
"Oh wow, okay...und wie läuft es...bei den beiden?"
"Du bist nicht sauer, deswegen?"
"Nö wieso auch? Ich bin zwar überrascht, aber wenn dieser Changbin gut zu ihm ist, dann ist doch alles im grünen Bereich, oder?"
"Ja das stimmt, weißt du, da ist noch etwas..."
"Ja?"
"Ich-"
"JISUNG? SIWON? Es gibt Essen!", ruft meine Mutter von unten und unterbricht uns.
"Alles klar!", ruft mein Bruder zurück und steht von seinem Stuhl auf. Er streckt sich kurz und ich tue es ihm gleich.
"Was wolltest du noch sagen?"
"Ich...ach egal. Nicht so wichtig."
Er nickt und legt nochmal einen Arm um mich und drückt mich an ihn.
"Schön dich wieder zu sehen, kleiner Bruder."
"Danke, ich freu mich auch sehr."
Wir lächeln uns an.
"Hey, warte!", ruft er, als ich vorlaufe. Ich drehe mich um und sehe ihn fragend an.
"Du riechst nach einem andere-"
"Kommt ihr?", ruft meine Mutter noch einmal und unterbricht uns wieder.
"Ach egal, lass uns gehen", sagt mein Bruder und wir gehen gemeinsam die Treppe nach unten.
Da hab ich ja gerade nochmal Glück gehabt, denke ich und seufze leise auf.

"Eure Großeltern möchten heute nochmal vorbei kommen", informiert uns unsere Mutter, nachdem wir mit dem Essen fertig sind.
Wir nicken beide.
"Vielleicht machen wir alle mal gemeinsam einen Spaziergang oder? Und dann machen wir Kaffee bei uns."
"Machst du auch Kuchen?", fragt mein Bruder gleich und sieht meine Mutter bettelnd an.
"Meinetwegen kann ich das machen."
"Oh ja bitte, ich hab schon ewig nichts Süßes mehr gegessen."
"Apropos Süßes", sage ich und ziehe die Tüte mit den Gummibärchen hervor. Schnell fasse ich beide Gläser und reiche sie meinem Vater.
"Die hab ich noch schnell vor der Abfahrt besorgt. Ich weiß ja, wie gern du die isst."
Die Augen meines Vaters beginnen zu leuchten wie bei einem kleinen Kind an Weihnachten.
"Oh wow sind das viele. Vielen Dank mein Junge. Das ist sehr nett von dir", sagt er und strubelt mir durch die Haare.
"Kein Problem, war ein Umweg, aber ich hab es ja noch pünktlich geschafft."
"Ach ja, das wollte ich noch fragen", sagt meine Mutter und legt ihre Serviette weg, "Wieso bist eigentlich nicht mit dem Auto gekommen, sondern Zug gefahren?"
"Ich wollte nicht fahren. Dann wäre das Auto hier gewesen und gezwungen, damit auch wieder zurück zu fahren. Vielleicht wäre ich zu müde geworden. Darauf hatte ich keine Lust, aber ich wurde ja zum Bahnhof gebracht."
"Von wem? Von Felix?", fragt mein Vater und plötzlich sehen mich alle sehr interessiert an.
"Nein...von einem a-anderen F-freund", stottere ich und sehe auf meinen Teller.
"Und von wem?", will meine Mutter genauer wissen.
"Minho", sage ich knapp und versuche neutral zu schauen.
"Und woher kennt ihr euch?", fragt meine Mutter weiter, da ihr dieser Name fremd ist.
"Von der Schule."
"Ach geht ihr in eine Klasse?"
"Nein nicht wirklich. Er ist ein Jahr älter. Er ist...ein guter Freund von Felix Freund", sage ich und schiebe wieder Felix vor. Verdammt bin ich ein Feigling, schimpfe ich mit mir selbst.
"Von Felix...Freund?", fragt mein Vater skeptisch und zieht eine Augenbraue hoch.
"Ja...von seinem Freund. Felix ist schwul. Er hat einen Freund namens Changbin und die beiden sind schon über ein Jahr zusammen."
"Und dieser Minho?"
Ich seufze.
"Minho und Chan, sind Changbins beste Freunde. Als ich Changbin kennengelernt habe, hab ich auch die beiden getroffen und jetzt verstehen wir fünf uns ziemlich gut."
"Das klingt ja spannend", sagt meine Mutter und klatscht in die Hände.
"Dann sieht ihr gemeinsam von einer Party zur anderen?", fragt sie und ihre Augen leuchten.
"Naja so oft feiern wir nicht. Wir gehen ja alle noch zur Schule. Also geht so. Wir sind oft bei einem von uns zu Hause und machen ein paar entspannte Nachmittage."
"Das klingt toll", sagt meine Mutter und freut sich sichtlich. Für sie ist Homosexualität wohl kein Problem. Sie hat es ganz einfach aufgenommen. Doch mein Vater ist weiterhin still und hat nichts weiter gesagt.
"Papa?", frage ich deshalb vorsichtig nach.
"Ja?", sagt er mit dünner Stimme und sieht auf.
"Alles okay? Hast du ein Problem damit, dass die beiden zusammen sind?"
Jetzt richten sich alle Blicke auf meinen Vater.
"Ehm...nein, nein hab ich nicht. Es ist nur...ungewöhnlich. Sonst nichts", sagt er und nickt dann, als ob er sich selbst etwas beruhigen möchte.
Kurz sind wir alle still. Unsicher, was wir jetzt noch sagen sollen.
"Lasst uns abräumen. Eure Großeltern wollten in 1,5 Stunden da sein. Wenn ihr Kuchen wollt, müssen wir damit jetzt sofort anfangen. Und ich brauche eure Hilfe", sagt meine Mutter und zeigt auf mich und meinen Bruder. Artig nicken wir und stehen mit ihr auf.
Mein Vater stellt seinen Teller in den Geschirrspüler und verlässt still die Küche. Das letzte was ich höre, ist wie die Terrassentür auf und zu geht.
Gerade als ich mich umdrehe, erhasche ich noch einen besorgten Blick meiner Mutter, mit welchem sie meinem Vater hinterher schaut. Doch sobald sie mich sieht, lächelt sie wieder und versucht das Ganze zu überspielen.

I Can't take my eyes off you || Minsung ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt