Chapter 73

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Jisung POV

Die beiden verbringen wieder den ganzen Nachmittag und Abend bei mir und helfen mir jeden aufkommenden Gedanken an Minho zu unterdrücken.
Wir schauen fern, spielen etwas auf meiner Konsole und die beiden machen sich noch etwas zum Abendessen. Ich habe keinen Hunger und erzähle, dass ich schon heute Morgen etwas gegessen habe. Obwohl das leider nicht stimmt. Aber egal. Notlügen sind okay.
Als es immer später wird, werde ich langsam müde und kann die aufkommenden Angst vor der Einsamkeit nicht unterdrücken.
Als sie aufstehen und zur Tür gehen, kann ich gerade noch so mein Lächeln aufrecht halten. Sie umarmen mich fest und geben mir jeweils einen Kuss auf die Wange.
Ich kichere, da es ein wenig kitzelt und sehe ihnen dann sehsüchtig hinterher.
Schon als der Fahrstuhl abgefahren ist, sehe ich noch auf die Stelle, an der sie gerade noch standen.
Große Tränen kullern meine Wangen hinab und schließe schluchzend die Tür. Ich verziehe mich in mein Bett und weine vor mich hin.
Diese Einsamkeit ist so erdrückend. Ich will nicht allein sein. Ich will wieder meine Freunde sehen und raus gehen. Doch dafür müsste ich mich Minho stellen und das kommt absolut nicht in Frage.
Ich habe Angst ihn zu treffen. Ich will nicht sehen, wie er mich abwertend mustert. Wie er über mich lacht und sein Gesicht zu der bösen Fratze aus meinen Träumen verwandelt.
Er ist doch so hübsch. So perfekt. So perfekt für mich. Aber er liebt mich nicht. Ich habe ihm nie etwas bedeutet. Er hat mich benutzt. Er fand meinen Körper anziehend und mehr nicht.
Er wollte nur Spaß mit mir haben. Mich nackt sehen, um mich jetzt so zu erniedrigen.
Wie konnte ich mich nur so sehr auf ihn einlassen?
Okay nein, sowas darf ich nicht anfangen.
Ich bin sehr glücklich mit Minho gewesen und habe die Zeit mit ihm genoßen. Klar jetzt geht es mir dreckig, aber bereuen tu ich diese schönen Erfahrungen nicht.
Nur schmerzt es jetzt umso doller. Ohne all die sanften Berührungen, ohne die heißen heimlichen Küsse und die Leidenschaft und Lust, die er in mir erweckt hat.
Ich will das wieder haben. Aber nur wenn Minho mich auch will. Und zwar mich als ganze Person und nicht nur meinen Körper.
Ich weine wieder los.
Wieso mach ich mir selbst solche Hoffnungen? Ich weiß doch, dass Minho mich nicht liebt und er wird es auch niemals tun.
Das Einsamkeitsgefühl ignorierend, kuschle ich mich tiefer in meine Decke und schließe demonstrativ meine Augen. Mit viel Konzentration schaffe ich es ohne einen einzigen Gedanken an Minho zu verschwenden, einzuschlafen. Vielleicht geht es mir endlich ein bisschen besser und hab endlich die Kontrolle über meine Gefühle und Gedanken zurück.

Offenbar doch nicht...
Ich schrecke aus meinem Schlaf hoch und sitze schweißgebadet in meinem Bett.
Schnell schalte ich mein Licht an, da es draußen noch dunkel ist. Mein Herz schlägt ganz laut in meiner Brust und mein Atem geht keuchend.
Ich versuche die Bilder aus meinem Traum zu vertreiben, doch sie haben sich schon in mein Gedächtnis eingebrannt.
Hilflos musste ich mit ansehen, wie Minho, Changbin, Felix und Chan durch ein Haus geschlichen sind und mein Traum-Ich dabei verfolgt haben. Sie hatten alle Messer in der Hand und haben mich damit dann verletzt.
Ich stehe auf und will mich panisch anziehen, doch aus Versehen, reiße ich meine Jacke von einem Stuhl und schrecke zusammen. Als ich mich runter beuge um die Jacke aufzuhängen, fallen meine Augen auf die kleine Packung Zigaretten.
Sie müssen aus meiner Jackentasche gefallen sein, als ich sie runter gestoßen hab.
Ein paar Sekunden starre ich sie an. Eigentlich schadet es ja nicht. Vielleicht hilft es mir, mich zu beruhigen.
Schnell werfe ich mir ein paar Sachen drüber und gehe in die Küche. Ich öffne das Fenster, setze mich aufs Fensterbrett und zünde mir eine Kippe an.
Der kalte Rauch breitet sich in meiner Lunge aus und ich muss kurz husten.
Immer wieder ziehe ich an der Zigarette und starre dabei nach draußen.
Heute ist eigentlich schönes Wetter. Es ist zwar noch eisig kalt, aber der Himmel klar und ich sehe einen kleinen Streifen Sonnenlicht. Trotzdem will ich nicht raus gehen. Ich sehe wahrscheinlich aus wie der Tot, da will ich niemanden erschrecken.
Nach einer Zigarette starre ich an den Sternenhimmel und spüre wie kleine Tränen meine Wangen runter laufen.
Ich muss nicht schluchzen, oder verkrampfe mich, sie rollen einfach meine Wangen herunter, ohne das ich etwas dagegen machen kann.
Mein Herz hat sich immer noch nicht beruhigt und deshalb greife ich nochmal nach der Schachtel.
Langsam wird der Himmel heller und mir fällt auf, dass ich die halbe Schachtel leer geraucht habe. Verdammt wie konnte das denn passieren?
Schnell werfe ich sie in den Müll und setze mich wieder vor das offene Fenster.
Die noch etwas kühle Luft lenkt meine Gedanken ab, solange bis draußen Autos starten und ich wegen dem Lärm das Fenster schließen muss.
Ich gehe ins Bad und spüle mir meinen Mund aus. Er schmeckt ganz eklig und ich hasse mich gerade dafür, dass ich so schwach geworden bin.
Wieso lass ich von solchen Sachen nicht die Finger? Mir geht es doch schon schlecht genug. Vermutlich muss ich mich gleich auch noch übergeben, wenn ich was esse.
Ich rege mich noch mehr auf und treibe damit die Erinnerungen an meinen Traum wieder an.
Panisch sehe ich mich in meiner eigenen Wohnung um und habe Angst, dass hinter jeder Ecke jemand stehen könnte.
Ich renne in die Küche, öffne meinen Schrank und schraube mir wie ferngesteuert eine Flasche Schnaps auf und beginne zu trinken. Nach ein paar kleinen Schlücken setze ich die Flasche wieder ab und merke wie der Alkohol langsam seine Wirkung zeigt.
Ich beruhige mich etwas, aber mein Bauch fängt an zu kribbeln und kichere auf. Plötzlich bekomme ich Schluckauf und kichere noch mehr.
Scheiße, ich sollte nicht auf nüchternen Magen trinken, denke ich.
Eigentlich sollte ich überhaupt nicht trinken.
Aber das Gefühl ganz allein zu sein, ist stärker und ich trinke weiter.
Irgendwann ist die Flasche halb leer und ich stelle sie ab, da mir ganz schwindelig wird.
Ich torkle durch meine Wohnung und lasse mich auf mein Sofa fallen.
Alles fühlt sich ganz leicht an und über meine düsteren Gedanken kann ich nur lachen.
Als es plötzlich klingelt, schrecke ich hoch und halte mir dann meinen Kopf.
Wieso dreht sich denn alles so doll?
Sind das schon Changbin und Felix? So früh haben die Schluss!? oder sie sind zu faul und schwänzen.
Ich muss los kichern. Vielleicht wollen sie mehr Zeit mit mir haben und wieder etwas verrücktes machen. Dagegen hätte ich nichts einzuwenden. Wir könnten alle noch etwas trinken und dann wird das sicher lustig.
Ich torkle in meinen Flur und auf die Freisprechanlage zu.
Ich drücke auf den blinkenden Knopf und kichere als erstes in das kleine Gerät.
"Sind das etwa meine Liebschsten?", frage ich halb kichernd.
"Was?", kommt eine verwirrte Frage zurück und ich kann die Stimme nicht zuordnen. Aber das ist weder Changbin noch Felix.
"Nicht mein Liebschsten?", frage ich und ziehe einen Schmollmund.
"Nein, aber darf ich rein?", fragt die Stimme wieder.
Wer weiß wer das ist. Aber hey, vielleicht will er mit mir trinken. Das wird sicher lustig.
"Aber klar doch, du Schnuckliger. Isch wohn im vierten Stock", sage ich noch und öffne dann die Tür.
Ich gehe in die Küche und hole die Flasche Schnaps, die ich schon angefangen habe. Hoffentlich mag mein geheimnisvoller Besucher so etwas. Naja notfalls habe ich auch noch Bier.
"Isch hoffe du magst das", meine ich und drehe mich um, um zurück in den Flur zu laufen.
"Wieso lässt du die Tür einfach offen stehen?", fragt mich eine plötzlich sehr bekannte Stimme aus dem Flur. Ich gehe um die Ecke und stoße fast mit ihm zusammen.
Mein Herz setzt aus.
Das kann nicht wahr sein!
Mein betrunkenes Hirn setzt sofort auf rot.
Meine Kinnlade fällt auf den Boden und ich starre Minho an.
Die Flasche Alkohol rutscht mir aus der Hand, doch bevor sie auf den Boden fällt, fängt Minho sie gerade noch so auf.
"Du solltest vorsichtiger sein", meint er vorwurfsvoll und sieht dann genauer auf das Etikett.
"Was hast du denn da? Saure Kirche? Ist es nicht erst kurz nach um elf?", fragend sieht er mich an.
"Das geht dich nichts an", meine ich dann erstaunlich fest und fast schon fauchend.
Er sieht mich an und wende sofort meine Augen ab. Ich kann ihn nicht ansehen.
Mein Herz macht unkontrollierte Sprünge und doch freu ich mich nicht über seine Anwesenheit.
Was zum Teufel will er hier?
Mir nochmal das Herz brechen?
Ich schlucke und bekomme bei diesem Gedanken totale Angst.
"Was willst du hier?", frage ich mit zitternder Stimme.
"Ich wollte nach dir sehen. Aber an der Klingel klang es so, als ob du jemand anderen erwartet hättest?", fragt er nach und sieht mir prüfend ins Gesicht.
Mein dummes betrunkenes Hirn sorgt dafür, das ich mich gerade aufrichte und ihn provozierend ansehe.
"Tu ich auch."
Meine Stimme klingt trotzig, wie bei einem kleinen bockigen Kind.
"Und wen?", fragt er nach und ich sehe wie sein linkes Auge nervös zuckt.
"Changbin und Felix. Meine Liebsten."
"Deine...Liebsten?", fragt er nach und formuliert die Worte so, dass sie total albern klingen.
Er soll sich nicht über mich lustig machen, denke ich und stampfe innerlich wütend auf. Weiß er denn gar nicht, was ich wegen ihm durchgemacht habe!?
"Ja MEINE Liebsten. Mach dich nicht lustig", fahre ich ihn an und kneife meine Augen wütend zusammen.
"Keine Sorge mach ich nicht. Aber die beiden sind ein Paar. Das weißt du oder? Du bist in keiner Dreiecksbeziehung oder so." Seine Stimme hat einen leicht belustigenden Unterton.
Meine Wut kocht wieder hoch und ich schaue ihn böse.
"Auch ja glaubst du das? Warum haben sie das dann gemacht?", frage ich und lasse mit Absicht einen entscheidenden Teil aus.
Sein Blick wird ernst und er sieht mich durchdringend an.
"WAS gemacht?", fragt er nach und seine Augen funkeln wütend. Ist er etwa eifersüchtig? Wie niedlich, denke ich ironisch. Aber leider zu spät.
"Mich gefickt", flüstere ich ihm zu und genieße den Schmerz und das Unverständnis, was sich auf seinem Gesicht breit macht.
"Dich? Gef-fickt?", stottert er und sieht mich mit großen Augen an.
"Jap. Du wolltest ja nicht. Dann habe ich mir halt jemand anderen gesucht. Die beiden schätzen mich viel mehr, als du es tust. Und es war gut. Verdammt gut", schnurre ich ihn an und breite ihm so meine Lüge unter der Nase aus.
Sein Gesicht ist schockiert und seine Haltung wie eingefroren.
"Das hast du nicht gemacht oder?", fragt er und sein Ton klingt fast schon flehend.
"Doch natürlich. Wie kann man zu so etwas nein sagen?? Zu dir hätte ich auch nicht nein gesagt, aber die Chance ist nun vorbei", hauche ich und tätschle seine Wange.
Eine einzelne Träne läuft seine Wange herunter und verdirbt mir auf einen Schlag, den ganzen Spaß an der Sache.
Er dreht sich um, stellt die Flasche auf dem schmalen Schrank im Flur ab und geht. Die Tür knallt hinter ihm ins Schloss und lässt mich wieder allein.
Zum zweiten Mal.
Ich breche zusammen. Erneut. Scheiße. Ich hab verkackt. Jetzt ist alles meine Schuld. Jetzt geht es ihm auch schlecht. Dieser scheiß Alkohol. Ich greife nach der Fasche und trinke einen weiteren großen Schluck.
Irgendwie muss ich das Ganze jetzt verkraften.

I Can't take my eyes off you || Minsung ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt