Chapter 69

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Warnung vor Essstörung !
Jisung POV

Keuchend öffne ich meine Augen. Schweißgebadet richte ich mich auf und fahre mir durch die Haare.
Schon wieder ein Albtraum. Diesmal stand ich ganz allein im Gang unserer Schule.
Minho ist durch die Gänge gerannt und hat laut geschrien. Er hat behauptet ich habe ihn für meine dreckigen Gefühle benutzt und dass er das alles gar nicht wollte.
Felix ist an mir vorbei gegangen und hat nur enttäuscht mit dem Kopf geschüttelt.
Alle haben mich hasserfüllt angestarrt und schließlich kam Minho wieder.
Seine Augen glühten wieder rot und sein ganzes Abbild wirkte verzehrt.
Ich wollte mich bei ihm entschuldigen.
Dafür das ich mich in ihn verliebt habe und das ich ihn schon so oft geküsst habe.
Doch er hat mich auf den Boden geschubst und nach mir getreten. So lang bis ich vor Schmerzen nur noch Keuchen und Wimmern konnte. Und ich konnte nicht aufwachen. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass das Ganze nur ein schrecklicher Traum ist, aber er hörte einfach nicht auf. Ich war darin gefangen. Erst als sich Minho zu mir runter gebeugt hat, hörte es auf. Alles wurde ganz still und er riss mir wieder mein Herz aus der Brust. Ich schrie wie am Spieß und wachte auf.
Ich vergrabe meine Hände in der Decke und presse sie gegen meine Augen. Unkontrolliert schluchze ich und verschlucke mich an meinen Tränen. Mein ganzer Körper schmerzt, obwohl es nur ein Traum war. Und mein Herz. Ist schon ganz taub gewurden und nur ein unangenehmes Pochen erinnert an den Schmerz.
Torkelnd laufe ich ins Bad und wasche mir mein Gesicht. Meine Augen sind eingefallen und blutunterlaufen.
Mein Gesicht ist ganz blass und farblos.
Ich reiße mir Minhos Pullover vom Körper und schleudere ihn von mir.
Dann laufe ich in mein Zimmer und ziehe mir einen eigenen Hoodie an.
Er riecht nach meinem Waschmittel und beruhigt mein rasendes Herz. Ich krieche wieder in mein Bett und lasse über mein Handy leise Musik laufen.
So richtig nehme ich sie jedoch gar nicht wahr. Ich starre einfach nur in die Luft und zwinge mich an nichts zu denken.
Mein Handy habe ich in den Flugmodus gestellt, damit meine Ruhe auch von niemandem unterbrochen wird.
Langsam fallen mir meine Augen wieder zu. Obwohl ich dagegen ankämpfe, schlafe ich ein. Ich habe Angst vor einem weiteren Albtraum, aber vielleicht ist selbst mein Geist so erschöpft, dass er endlich Ruhe gibt.

Einige Stunden später blinzle ich und erwache aus meinem zum Glück traumlosen Schlaf. Ich starre durch den Spalt meiner Gardinen und erkenne das helle Tageslicht. Es ist Sonntag. Oder zumindest sollte es Sonntag sein.
Ich greife nach meinem Handy, allerdings zeigt es mir nur ein schwarzes Display.
Der Akku muss wohl leer sein. Ist ja auch eigentlich egal.
Ich kämpfe mich langsam aus den Kissen hoch und laufe zum Fenster. Grelles Licht sticht mir in die Augen, als ich nach draußen sehen will.
Na gut dann halt nicht.
Ich ziehe die Gardinen richtig zu und verdunkle den Raum noch ein bisschen mehr. Irgendwie ist das auch angenehmer.
Also laufe ich durch meine Räume und dunkle sie alle so ab, indem ich entweder die bodenlangen Gardinen schließe oder die Rolladen herunter lasse.
Eine angenehme Dunkelheit breitet sich aus. Mit ihr kommt Ruhe und Kälte.
Etwas was mein angeschlagenes Herz jetzt ganz dringend brauch.
Ich gehe in die Küche und trinke einen Schluck kaltes Wasser. Die Flüssigkeit rinnt meine Kehle hinab und ich muss leicht husten. Ich kann mich nicht erinnere wann ich das letzte Mal etwas getrunken habe. Vermutlich unter der Dusche.
Ich sehe auf die Anzeige an meiner Mikrowelle.
16.34 Uhr
Da ist ja wirklich schon einiges an Zeit vergangen.
Lustlos öffne ich meinen Kühlschrank und sehe hinein. Eigentlich habe ich viel verschiedenes Essen da, aber ich habe keinen Hunger.
Also schließe ich ihn wieder und gehe ins Wohnzimmer.
Mein Blick fällt auf die Pizza die ich diese Nacht gegessen habe. Naja wohl eher auf die paar Bissen die ich genommen hab.
Ich hab zwei Stücken gegessen. Dann ist mir schlecht geworden.
Na gut dann esse ich das. Ich nehme mir ein Stück und quäle es mir herein. Danach fühle ich mich so satt, als ob ich eine riesige Portion verdrückt hätte.
Da ich nichts mit mir anfangen kann, starte ich meine Konsole und verbringe die nächsten zwei Stunden damit wahllos irgendwelche Menschen tot zu fahren.
Das macht zwar kein Spaß, aber es verhindert, dass ich irgendwelche Gedanken an Minho verschwende. Oder an meine gruseligen Träume.
Als mir doch zu langweilig wird, schalte ich eine Serie ein, bei der ich schon längst den Überblick verloren hab, weil ich nie richtig aufpasse.
Ich esse noch ein weiteres Stück, bis mir schlecht wird. Und nicht nur ein bisschen.
Ich renne ins Bad und übergebe ich.
Würgend knie ich vor dem Klo und wimmere leise.
Mein Bauch tut weh und mein Rachen brennt.
Noch einmal muss ich würgen obwohl mein ganzer Körper schon leer ist.
Schnell spüle ich alles weg und lege mich auf den Rücken die kalten Fliesen lassen mich frösteln und beruhigen gleichzeitig meinen wilden Herzschlag.
Scheiße irgendwas stimmt hier nicht. Mein Körper scheint irgendwie kein Essen zu vertragen. Oder vielleicht nicht so fettiges Zeug. Also muss ich wohl was anderes kaufen. Aber nicht heute. Heute ist Sonntag.
Das werd ich dann morgen irgendwann machen.
Ich kämpfe mich hoch und kämpfe gegen den Schwindel an. Ich spüle mir meinem Mund aus und starre mich dann im Spiegel an.
Dabei fällt mein Blick auf Minhos Pullover. Er liegt in einer Ecke und eigentlich hat er das nicht verdient.
Schnell hebe ich ihn ab und streiche den Dreck weg.
Dann ziehe ich ihn über meinen eigenen dünneren Pullover, da ich anfange zu frösteln.
Ich trinke wieder ein Glas Wasser in der Küche und beruhige damit meinen wunden Hals etwas.
Dann schalte ich alles aus und verziehe mich wieder in mein Bett.
Mit einer langen Hose und beiden Pullovern kuschle ich mich in meine Decke.
Zum ersten Mal denke ich wieder über diese Situation nach.
Was machen wir jetzt bloß?
Minho hat mich abserviert. Da brauch ich mir auch keine Hoffnung mehr machen, dass das wieder wird. Er hat sich nicht bei mir gemeldet, auch nicht entschuldigt oder irgendwas.
Also bin ich ihm egal und jetzt lästig geworden.
Das schmerzt. Aber ich werde jetzt nicht wieder weinen.
Ich muss einen klaren Kopf behalten. Die letzten Stunden hab ich einfach nur vor mich hin existiert. Ohne das da irgendwas raus gekommen ist. Naja aus mir ja schon, denke ich ironisch und es schüttelt mich bei dem Gedanken. Das letzte als ich mich übergeben habe, ist schon Jahre her. Da war ich vielleicht zehn oder so.
Minho und ich...
Wie soll das bloß weiter gehen? Ich meine wir hatten etwas, aber jetzt ist alles vorbei. Und ich habe ein gebrochenes Herz und liebe ihn immer noch.
Wie soll das bloß weiter gehen? Ich muss ab jetzt immer allein sein. Ich kann mich ja schlecht weiterhin mit ihm und den Anderen treffen. Das funktioniert nicht, wenn er mich einmal so zerbrochen hat.
Mit weiteren Gedanken an die Zukunft und diese scheiß Situation schlafe ich ein.

Kurz darauf wache ich wieder schreiend auf. Mein Herz klopft ganz schnell und ich schalte sofort mein Licht an. Schmerzhaft schließe ich meine Augen kurz und zwinge mich dann mich an das helle Licht zu gewöhnen. 
Dieser Traum war wirklich der schlimmste.
Minho wollte mich töten. Er hatte ein Messer in der Hand und hat versucht es mir in mein Herz zu bohren.
Zum Glück bin ich stattdessen von einer Klippe gestürzt.
Naja eigentlich auch nicht besser.
Aber Minho mit dem Messer. Oh Gott das war schlimm und der schlimmste Albtraum den ich bis jetzt hatte. Dagegen waren die anderen nichts.
Ich schaue mich in meinem Zimmer um und auch unter mein Bett. Eigentlich verrückt wer soll sich schon unter meinem Bett verstecken? Ein Zwerg?
Etwas beruhigt lege ich mich zurück und starre an meine Decke.
Draußen scheint es noch mitten in der Nach zu sein. Aber hier drin ist es hell erleuchtet.
Das Licht sorgt auch dafür, dass ich ganz wach werde und mein Atem sich langsam beruhigt.
Mir schießen Tränen in die Augen die ich nicht stoppen kann. Sie laufen einfach unaufhaltsam über meine Wangen.
Ich mache nichts dagegen. Der Schmerz der etwas abgeklungen ist, kommt schlagartig zurück und hält mir vor Augen, was ich verloren habe. Wen ich verloren habe.
Minho ist so perfekt. Ja er liebt mich nicht und hat mich wahrscheinlich nur benutzt. Aber Gott, er war auch lieb und sanft und hat mich getröstet, als ich traurig war.
Wer tröstet mich jetzt? Und lenkt mich danach mit Küssen ab? An wen kuschel ich mich im Schlaf?
An niemanden. Hier ist niemand. Ich bin allein.
Der Schmerz über Minhos Verlust gräbt sich tief in meine Eingeweide und in mein Herz und reißt dort die frischen Wunden wieder auf.
Ich schluchze und jammere. Niemals werde ich wieder jemanden finden zu dem ich passe. Für mich ist Minho perfekt. Ich will nur ihn. Und das ganz für mich allein.
Als es hell wird stehe ich langsam auf und wasche mir mein Gesicht in meinem Bad. Danach stecke ich mein Handy ans Ladekabel und warte bis es wieder angeht.
Nachdem ich alles entsperrt habe, stürmen einige Nachrichten auf mich ein. Die meisten von Felix natürlich. Aber auch meine Mutter hat mich angerufen und mir geschrieben. Ihr sollte ich zuerst antworten. Da ich meiner Stimme aber nicht vertraue, schreibe ich ihr bloß.

Jisung
Hey Mama, mir geht es gut, Schule klappt auch alles. Ich mach viel mit Felix und einigen Freunden. War über das Wochenende leicht erkältet und hab viel geschlafen. Aber heute geht es mir schon viel besser.
Ich vermisse euch und drück euch ganz doll <3

Ich seh die weiteren Chats und erschrecke über die Anzahl an Nachrichten von Felix
42
Wow er muss sich echt Sorgen gemacht haben. Ich hätte ihm antworten sollen. Schnell schreibe ich ihm, dass ich nur sehr viel geschlafen hab und mein Ladekabel verschwunden war.
Er antwortet mir sofort.

Felix
Du kommst heute nicht oder? Hast du geschlafen?

Jisung
Wohin kommen? Und ja ich hab geschlafen.

Felix
Heute ist Montag. Also Schule, aber hetz dich nicht. Ich würde auch nicht gehen.

Ich reiße meine Augen auf, stimmt eigentlich müsste ich ja in die Schule gehen. Aber nach einem Blick in mein Gesicht, entscheide ich ganz sicher nicht in die Schule zu geben. Ich sehe aus, als ob ich auf Drogen wäre. Selbst beim Einkaufen werd ich mir etwas anziehen um mein Gesicht zu verstecken.
Ich sehe auf die restlichen Nachrichten und muss lächeln als ich Chans und Changbins Nachricht sehe.

Changbin
Hey Kleiner alles okay bei dir? Felix ist total besorgt, aber er will mir nicht erzählen was los ist. Ich will dir nicht zu Nahe treten, aber gehts dir gut? Melde dich bei Felix.

Chan
Jisung ist alles okay? Felix hat mich panisch angerufen und gefragt ob du dich bei mir gemeldet hast. Ist dir etwas passiert? Kann ich dir helfen?
Melde dich bei mir sobald es geht.

Ich schreibe ihnen das alles in Ordnung ist und bin ein wenig erschrocken, wie leicht mir diese Nachrichten fallen. Aber es sind nur Nachrichten. Schließlich wird da viel gelogen. Würde ich es ihnen ins Gesicht sagen, wäre es sicher nichts so einfach. Immerhin sieht man mir sofort an, wie schlecht es mir geht.
Ich schlucke und lege mein Handy weg.
Minho hat mir nicht geschrieben. Aber warum sollte er auch? Er ist fertig mit mir.
Es ist vorbei.
Wir haben nichts mehr am Laufen. Und werden es auch nicht wieder haben. Noch einmal lasse ich mir mein Herz nicht von ihm brechen. Oder von irgendjemand anderem.
Ich werde sie von mir fern halten. Vermutlich sollte ich mich erstmal ein wenig abkapseln, damit ich mich sammeln kann. So eine Attacke ist schwer zu überwinden.

I Can't take my eyes off you || Minsung ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt