I Can't take my eyes off you || Minsung ff

Chapter 10

Jisung POV

Montag morgen fahre ich in die Schule und parke um die Ecke auf meinem Stammplatz. Ich ziehe mir meine Cap tiefer in die Stirn um zu vermeiden gesehen zu werden.
Das Wochenende ist an mir vorbei gerast und ich hatte keine Zeit, mich auf ein erneutes Treffen mit Minho vorzubereiten. Ich hoffe einfach, dass er mich durch meine Cap und meinen Mundschutz nicht erkennen wird. Denn ich bin ziemlich unsicher wie ich ihm begegnen soll.
Meinen Rucksack hab ich locker auf einer Schulter hängen und sehe nebenbei geistesabwesend durch die Gegend. Laute Musik dröhnt durch meine Kopfhörer in meine Ohren und geben mir das nötige Selbstbewusstsein mit festen Schritten und kaltem Blick das Schulhaus zu betreten. Ich will wirklich von niemanden angesprochen und ich hoffe, das signalisiert mein Gesichtsausdruck auch.
Im Haus laufe ich schnell zu meinem Schließfach, nehme meine Bücher und betrete das laute Klassenzimmer.
Ich setze mich gerade an meinen Platz, als sich eine wütende Mina vor mir aufbaut. Überrascht sehe ich zu ihr auf und nehme einen Kopfhörer ab.
"Ja?", frage ich verwirrt und ziehe meine Augenbrauen fragend zusammen.
"Han Jisung. Ich weiß nicht ob du dich noch erinnern kannst was Freitagabend passiert ist oder ob du zu betrunken warst, aber WAS sollte DAS?", fährt sie mich an und stemmt die Hände in die Hüften.
Kalte Panik breitet sich in meiner Brust aus. Schnell sehe ich mich um, um mich zu vergewissern, dass unser Gespräch zwischen uns beiden stattfindet, doch bei Minas lauter Stimme sind wir kaum zu übersehen oder zu überhören und alle sehen neugierig zu uns rüber.
Mit Panik drehe ich mich wieder zu ihr um und schaue in ihre wütenden funkensprühenden Augen.
Hat sie uns wirklich gesehen?
Verdammt jetzt wird es doch raus kommen und ich werde zum Opfer der Schule. Meine Hände fangen an zu zittern und kalter Schweiß bildet sich in meinen Handflächen, während ich meine Hände zusammen balle.
Ich hätte es wissen sollen, warum bin ich bloß in die Schule gekommen!?
"W-Was meinst du?", frage ich gespielt lässig nach, obwohl meine Stimme leicht zittert und lehne mich entspannt in meinem Stuhl zurück. Vielleicht kann ich es ja abstreiten oder auf den Alkohol schieben. Hoffentlich nimmt sie mir das auch ab und lässt mich dann in Ruhe.
"Tu nicht so. Du hast mir mein Date vermasselt", faucht sie. Verwirrt sehe ich sie an. Was für ein Date?
Wovon spricht sie?
"Dein Date? Was denn für ein Date? Haben wir uns dort überhaupt gesehen?"
"Ich glaube du tickst nicht mehr ganz richtig", schreit sie fast schon und sie scheint kurz davor zu sein, mir eine runter zu hauen. "Natürlich haben wir uns dort gesehen. Du bist sofort auf mich zu gekommen und hast mich vor Sungjin auf die Wange geküsst. Glaubst du er wollte danach noch etwas mit mir zu tun haben?" Sie stampft wütend auf. Oh man sie sieht schon ein wenig lustig aus, mit ihrem roten Kopf und dem wütenden Ausdruck.
Minho würde sauer sicher auch so aussehen, wenn nicht sogar noch viel süßer.
ALTER Jisung stopp! Bloß nicht an diesen Arsch denken, reiß dich zusammen, rufe ich mich innerlich zur Ordnung und setze mich aufrechter hin.
"Tut mir wahnsinnig leid. Aber du sahst zu gut aus" meine ich bloß schmeichelnd und grinse sie einschleimend an.
Sie verdreht bloß ihre Augen und verschränkt ihre Arme vor der Brust. Nach meiner Entschuldigung scheint sie schon wieder etwas beruhigter zu sein.
"Hör auf zu spielen Han, dass ist nicht lustig."
Doch ich lache bloß und stehe mit einem Ruck auf. Langsam beuge ich mich zu ihr runter und sie sieht verwirrt zu mir auf.
"Soll ich es wieder gut machen?", hauche ich ihr mit rauer Stimme ins Ohr und meine Lippen streifen ihre Wange kurz.
Sie schaut mich entgeistert an, ehe sie mich angrinst, meine Hand nimmt und mich nach draußen auf den Gang zieht.
Scheint so, als ob ich doch gleich nochmal allen beweisen kann, dass ich auch wirklich auf Mädchen stehe, denke ich, da sicher inzwischen die ganze Klasse mitbekommen hat, was wir vor haben.
Auch wenn das nicht geplant war, hab ich jetzt wenigstens ein Problem weniger.

Oh Gott, was mach ich hier nur?, denke ich mir allerdings nur fünf Minuten später. Halb verzweifelt lehne ich an einer Wand in einem stillen Klassenzimmer und halte Mina vor mir eng an mich gepresst. Sie küsst gut. Ihre weichen Lippen bewegen sich verlangend gegen meine und normalerweise würde ich sofort darauf anspringen.
Doch das tue ich nicht. Nichts, passiert bei mir. Kein Herzklopfen, keine Erregung, keine Hitze. Nichts, einfach nichts. Die Stellen an denen meine Hände sie berühren, brennen, dich nicht vor Erregung, sondern weil ich sie sofort mehrere Schritte von mir entfernt wissen möchte.
Es ist als ob ich eine Statue küssen würde, eine die zwar gut küssen kann, aber nicht gut genug für mich. Ihre Berührungen erreichen mich einfach nicht. Sie lassen mich völlig kalt, nicht mal mein Herzschlag erhöht sich.
Schnell bemerkt Mina jedoch, dass etwas nicht stimmt und löst sich von mir. Sofort schlage ich meine Augen auf und sehe in ihre fragenden.
"Jisung was ist los?", fragt sie mich mit taxierenden Blick und sieht prüfend an mir auf und ab. Danach zieht sie verwirrt die Augenbraue hoch.
"Ich weiß nicht", gebe ich ehrlich zu und kratze mich ebenfalls verwirrt am Hinterkopf.
"Magst du mich plötzlich nicht mehr?"
"Als ob ich dich je mochte", antworte ich nur frech und kassierte einen Schlag auf die Brust, den ich allerdings kaum spüre. Sie scheint sich damit aber auch keine Mühe zu geben.
"Hey, das kann man auch netter sagen", fährt sie mich an, muss aber auch grinsen.
"Tut mir leid, ich weiß nicht was mit mir los ist", meine ich und vergrabe meinen Kopf in meinen Händen. Langsam rutsche ich an der Wand herunter, ziehe die Knie an und seufze laut.
"Jisung, geht es dir nicht so gut?", fragt sie nun ehrlich besorgt und hockt sich zu mir. Sie legt mir eine Hand Hand auf dir Schulter und streichelt sanft über den Stoff meiner Jacke.
"Nein ich glaube nicht. Tut mir leid. Und tut mir leid, dass ich dein Date vermasselt hab", entschuldigend sehe ich sie an und lächle schwach.
"Kein Problem. Das wäre sowieso nur einmalig gewesen." Sie zuckt mit den Schultern und verdreht grinsend die Augen.
"Lass uns zurück gehen ja?" Sie erhebt sich wieder und hält mir die Hand hin.
"Nein ich glaube ich brauch noch einen Moment."
"Na gut dann bis später." Sie zuckt mit den Schultern und will sich schon umdrehen.
"Mina", halte ich sie dann noch am Handgelenk zurück, "kannst du bitte niemanden davon erzählen? Ich bin im Moment etwas durcheinander und ich will nicht, dass jemand davon erfährt." Meine Stimme zittert ein wenig und ich versuche meine, an die Oberfläche drängenden Gefühle wieder runter zu schlucken.
"Keine Sorge. Dein Geheimnis ist bei mir sicher. Hoffentlich bekommt ihr das hin", meint sie noch und zwinkert mir zu. Ich halte in meinen Bewegungen inne und meine Augen werden kugelrund.  Als sie schon längst den Raum verlassen hat, starre ich ihr noch immer hinterher, zu geschockt davon, was sie gerade gesagt hat.
Ihr? Weiß sie es etwa doch?
"Fuck", murmle ich vor mich hin und reibe mir müde über die Augen.
Sie hat uns also ziemlich vermutlich gesehen. Tief atme ich durch. Ich vertraue ihr, dass sie nichts gegen Schwule hat und auch niemanden davon erzählen wird. Wir kennen uns zwar nicht gut, aber ich habe das Gefühl, dass sie sehr verlässlich ist.
Hoffentlich belügt mich mein Gefühl nicht. Sonst kann ich mich sicher noch auf was gefasst machen.

Auf dem Gang setze meine Cap ab und fahre mir ein paar Mal durch die Haare um sie zu richten. Als ich aufsehe, steht mir plötzlich eine viel zu bekannte Person gegenüber. Meine noch erhobene Hand fällt schlaff an meine Seite und ich blinzle ungläubig.
Nicht sein Ernst...was macht er hier? Das kann doch jetzt nicht sein.
Hat der Unterricht nicht schon längst angefangen?
Ich bleibe stehen und starre Minho ins Gesicht. Er sieht genauso überrascht aus, wie ich mich fühle und starrt ausdruckslos zurück.
"Hallo", meint er schließlich kurz angebunden, ohne mir dabei in die Augen zu sehen und läuft weiter.
Geschockt sehe ich ihm hinterher.
"Ein einfaches Hallo?", frage ich fauchend und er hält inne. "Kein wie geht es dir? oder tut mir leid das ich dich so stehen gelassen hab?", fauche ich weiter und jetzt dreht er sich wieder zu mir um.
"Dich stehen gelassen? Jisung, du hast rum gemotzt und das, obwohl es dir gefallen hat. Das ging mir einfach nur auf die Nerven. Außerdem was wolltest du denn machen? War doch alles geklärt oder nicht?", fragt er mich zurück und zieht eine Augenbraue hoch. Sein Gesichtsausdruck ist mir dabei viel zu arrogant und eingebildet, so dass ich sofort wieder sauer werde.
"Na klar stimmt. Alles geklärt", meine ich ironisch und verdrehe meine Augen.
Ist das sein scheiß Ernst!?
Was zum Teufel hatten wir denn bitte geklärt? Er hat mich angemacht und ist dann einfach abgezischt. Mich hat er einfach wie einen begoßenen Pudel stehen gelassen.
Ich laufe auf ihn zu und greife nach seinem Kragen. Während ich ihn näher ziehe, blicke ich ihm finster entgegen.
Plötzlich entlädt sich die ganze Wut die sich über das Wochenende bei mir aufgestaut hat und am Liebsten würde ich ihn einmal durchschütteln, doch davon kann ich mich gerade noch abhalten.
Seine Hände legen sich um meine Handgelenke und ich kann sehen wie auch er sauer wird und sich seine Augen verdunkeln.
Uhhh gruselig.
"Lass. Mich. Los", zischt er mich an und seine Augen sprühen Funken. Er sieht so ernst und einschüchternd aus.
"Erst wenn du dich entschuldigst."
Er lacht hämisch auf, doch in seinen blitzt Schmerz auf.
"Ich bei dir entschuldigen!? Wie wärs wenn du dich erstmal bei mir bedankst das ich dir eine solche Erleuchtung gebracht habe?"
"ERLEUCHTUNG?", fahre ich ihn an mit lauter Stimme an und presse ihn doller an die Wand hinter ihm, sodass er kurz schmerzhaft die Augenbrauen zusammen zieht.
"Mein ganzes Leben steht Kopf seit diesem Abend. Wieso sollte ich mich dafür bedanken?"
Angst mischt sich meiner Wut bei und bringt mein Blut zum Kochen und mein Herz zum Rasen. Gott wie sehr er mich aufregt.
"Was kann ich dafür? Wärst du nicht so verbohrt gewesen und hättest es einfach akzeptiert und nicht so ein Theater gemacht."
"Ich mach überhaupt kein Theater. Ich will einfach nur ein entspanntes Leben. Wieso stellst du es so auf den Kopf. Was hab ich dir getan?", frage ich mit schwacher Stimme, der sich ein Hauch Verzweiflung beimischt. Meine Haltung wird immer schwacher und weniger aggressiv und ich muss meinen Kopf weg drehen, um ihm nicht zu zeigen, dass sich Tränen in meinen Augen gebildet haben.
Ohne es zu bemerken klärt sich der verhärtete Ausdruck in seinem Gesicht und ein weicher Zug tritt zum Vorschein.
"Jisungie. Warum schreist du mich so an?"