Kapitel 13

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Wir überqueren die kleine Grasfläche und setzen uns an den Rand des Kanals, um die Beine baumeln zu lassen. Ich kann immer noch nicht glauben, dass er sich an etwas erinnert. Ich kann nicht glauben, dass nach all den Monaten, in denen ich gemerkt habe, dass der mysteriöse Typ auf meine Schule geht, und ihn seither angehimmelt habe, mich nie bemerkt hat! Wenigstens hat er mein Gesicht überhaupt wiedererkannt.

"Ich....Wollte mich seitdem bei dir bedanken. Du hast einen Fremden in dein Haus gebracht, der nicht sonderlich vertrauenswürdig erscheinen musste." meint er dann irgendwann, während er ins Weite guckt. "Also, danke." sieht er mich dann doch an und ich halte in der Stille die Luft an.

"Nichts zu danken..." murmle ich gedankenverloren und er seufzt kaum merklich. "Hattest du keine Angst?"

"Oh, doch. Erst recht, weil du aussahst, als würdest du mich mit deinen bloßen Händen zu einem Ball zerquetschen können...Und mit den Schnitten, hatte ich Angst einen Verbrecher auf mein Haus aufmerksam zu machen."

Er kichert leise bei meiner Erzählung, doch es klingt eher bedrückend. "Du kamst nicht so rüber. Ab dem Punkt, wo du meintest, dass ich mich zusammenreißen soll, wurde ich aufmerksam. Natürlich wollte ich von da an nicht schwach herüberkommen."

"Das wolltest du die ganze Zeit nicht. Du erinnerst dich vielleicht nicht, aber es gab Momente, wo wir fast zum Boden gefallen sind, weil du zu stolz und sturr warst und alleine damit gelassen werden wolltest. Nicht, dass es keine Momente gab, wo wir gefallen sind." gebe ich von mir und weiß nicht, wo meine lockere Stimmung herkommt.

Nicht sonderlich groß berührt guckt er auf das schwappende Wasser unter uns, dass im Mondschein glänzt. Es sieht aus, als würde er versuchen sich an etwas zu erinnern.

"Wer hat dir das damals eigentlich angetan?" frage ich konzentriert und sehe ihn direkt an. Doch bekomme nur eine erhobene Braue seinerseits, während er mich ungläubig ansieht.

"Was geht es dich an?"

Bestürzt sehe ich ihn an. Seine Worte machen mich sprachlos. "Ich kenne dich nicht so gut. Wer sagt mir, dass du mich nicht verpfeifen wirst, sobald ich dir etwas erzähle?" fragt er misstrauisch. Oder ehergesagt sagt er es, als würde es eine Feststellung sein.

"Wieso sollte ich das tun? Ich kann dir versichern, dass ich nichts derartiges tun würde. Sonst hätte ich schon in der damaligen Nacht wen angerufen, ohne auf deine Meinung zu hören." sage ich selbstgefällig und seine Augen kneifen sich zu zwei dünnen Spalten zusammen. "Außerdem glaube ich, kann man einer Person relativ gut vertrauen, die dein Schwergewicht für lange Zeit geschleppt, sich für dich auf die Fresse gepackt und bis zu den Morgenstunden versucht hat dich zu verarzten, obwohl sie die Polizei hätte rufen sollen." Wir halten den Blickkontakt bis er nachgibt.

"Da könnte was dran sein, aber ich habe genug Menschen kennengelernt, die soetwas tun würden, nur um es im Nachhinein ausnutzen zu können. Also hält sich mein Vertrauen in Grenzen." Wieder sieht er weg, hinaus, dann auf die kleine Brücke links von uns, die im Mondlich nach einem Sammelplatz für Geister aussieht.

"Dann musst du ja tolle Freunde haben, wenn man dedenkt, dass sich jeder in der Schule deine Taten untereinander erzählt." Sein Kopf schallt bei meiner Aussage zu mir und auch wenn er eher verblüfft aussieht, giftet er mich ein wenig an.

"Diese Leute sind nicht meine Freunde. Meine wahren Freunde kennen nicht nur das oberflächige Wissen der ganzen Idioten, aber sie reden kaum." etwas an seiner Betonung sticht mich, "Außerdem passen diese Leute auch darauf auf, dass alles in der Schule bleibt. Sie wissen nämlich, was ihnen bevorsteht, sobald man auf meiner falschen Seite steht."

Seine dunkle Art wirft einen Schauer über mich und es fühlt sich falsch an hier zu sitzen. Trotzdem beruhige ich mich, sobald er leer wieder wegguckt.

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