Kapitel 66

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Außerhalb der Gasse ist Jordan wieder ein wenig angespannt und sieht sich permanent um. Wenn sich die Lage wieder beruhigt hat, werde ich ihn nochmal ausfragen, aber jetzt lasse ich mich von ihm von einem Bus zum anderen führen und versuche mich zu entspannen.

Während der gesamten Zeit lässt er auch meine Hand nicht los, was permanent einen leichten Schauer durch meinen Bauch jagt. Außerdem lässt es mich geborgener fühlen und ich schmiege mich im Bus kaum merklich an ihn. Gleichzeitig tut diese Nähe aber auch weh. Ich merke, wie ich mehr als das will. Und es ist kaum auszuhalten.

Was, wenn ich ihm meine Gefühle jetzt gestehe? Wir fahren ganz schön lange und viele Menschen sitzen hier auch nicht. Der Gedanke übermannt mich mit einem betäubenden Schauer, der sich innerhalb einer Sekunde über mich legt.

Unmerklich wird mein Griff um seine Hand fester und ich frage mich wieder, wie so eine Beziehung mit Jordan wäre. Gedankenverloren kreist mein Daumen über seine Haut und ich merke eine Anspannung seinerseits. Was, wenn es wirklich möglich wäre? Jordan...und ich.

Ich kann nur auf meine Unterlippe beißen. Sowas in einem rattelnden Bus anzusprechen wäre wohl dann doch nicht so gut.


Wir fahren noch eine Weile bis mir die einzelnen einstöckigen Gebäude auffallen, die die Straße säumen. "Sind wir in der Nähe des Treffpunkts?" krächze ich und schaue durch die Fenster hinaus. Er bestätigt es. Dabei ist es doch noch helllichter Tag.

Wir stehen auf und stellen uns vor die Tür, aus der wir gleich gehen müssen. Da höre ich seine raue Stimme über mein Gehör lecken. "Würdest du mir überall hin folgen?"

Kurz nicht verstehend sehe ich ihn perplex an. Hat er das gerade wirklich gefragt? Einen Moment bin ich in Gedanken gefangen, bei was ich antworten soll und kann ihn nur anstarren.

Auch seine Augen huschen über mich, als wir auch schon mit zwei weiteren Passagieren aussteigen. Sie sagen mir gerade so viel. Oder versuchen es zumindest, denn er schafft es trotzdem, die Wahrheit dahinter zu verbergen.

Draußen fühlen sich meine Beine wackelig an und meine Gedanken spielen verrückt. Ich will ihm antworten, aber nicht gruselig klingen.

Der Moment verblasst immer mehr, dass ich Panik bekomme, er würde es gleich fallen lassen.

Deshalb sage ich einfach das, was in meinem Inneren rumort. "Ja, immer." sage ich leise, aber fest.

Mit hochgezogenen Brauen dreht sich sein Gesicht zu mir und er wirkt, als hätte er keine Antwort mehr erwartet. Sein überraschter Ausdruck ist klar zu sehen, als er stehen bleibt.

Fest sehe ich ihn an und spüre, wie sich etwas in mir aufbraut. Soweit ich es richtig spüre, ist es mein Mut und ich fühle mich bereit. All die Monate, die sich zu diesem Moment zusammensetzen. Ich atme zittrig durch, während wir uns ansehen und merke, wie meine Hand in seiner schwitzig wird.

"J-Jordan?" wackelt meine Stimme und er erhöht seine Braue noch mehr als zuvor. Ich habe ihn noch nie so überrascht gesehen. "I-Ich muss dir etwas sagen...Und ich hoffe wirklich, dass es das nicht kaputt machen wird.." Mein Herz schlägt doll und schnell und ich spüre die enorme Angst in mir rasant aufsteigen, dass ich gleich unsere Freundschaft zerstören könnte. Ich schlucke schwer. "Ich hoffe, du wirst mich danach nicht anders sehen, aber...Ich liebe dich."

Sobald die Worte draußen sind, ist es, als wäre ein großer Brocken aus meinem Inneren genommen worden. Ich atme tief aus und spüre, wie mir plötzlich Tränen in den Augen aufkommen, während ich ihn ansehe. Sind sie vor Erleichterung? Vor Freude? Oder doch eher aus Angst? Ich weiß es nicht und kann nicht anders, als sie mir wegzustreichen, obwohl darauf sofort Neue kommen, die mir meine Sicht verschwemmen. Sein Ausdruck ist schwer zu lesen. Verdammt, ist er etwa schockiert? Nein, bitte nicht. Nein. Ich erstarre und sehe ich an, da fällt seine Hand schlaff aus meiner, als hätte ihn jegliche Kraft verlassen.

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