Kapitel 30

398 10 0
                                    

Ich habe es geschafft, mich still und kraftlos in unser Haus zu schleichen und mich umzuziehen, bevor ich meinen Bruder begrüße.

"Oh. Wen seh' ich denn da?" dreht er sich in seinem Schreibtischstuhl mit gespielt überraschten Gesicht zu mir, was schafft, mir ein leichtes Lächeln zu entlocken, auch wenn ich die Augen verdrehe. "Ist das Haley?? Unsere Haley nach einer Party??"

"Man, hör auf so dumm zu sein." kichere ich, doch spüre nicht so viel von dem Spaß, wie ich sollte. Er steht auf und packt mich bei den Schultern, um mich mehrmals zu drehen und zu biegen. "Ehmm." mache ich nur und sehe ihn verwirrt an.

"Bei dir ist alles noch beim richtigen? Du hast deine Jungfräulichkeit oder so nicht verloren?"

"OH MEIN GOTT, NATE." rufe ich schockiert aus und entferne mich sofort einen Schritt von ihm.

"Was? So, wie du dich angezogen hast, konnte es ja sein." rechtfertigt er sich und ich lächle ungläubig, während ich auch den Kopf schütteln muss.

"Danke, für dein Kompliment mich als Hure zu bezeichnen, Bruderherz." meine ich nur und wende mich ab, um die Treppe hinunterzugehen. Etwas zieht in mir, als ich mich von ihm entferne.

"Nein,nein,nein,nein. SO wollte ich das auch nicht ausdrücken. Du sahst umwerfend aus. Nur Typen sind da dann....sie sind anders." erklärt er, während er mir in die Küche folgt.

Emotionslos sehe ich ihn an und nehme mir die Milchverpackung aus dem Kühlschrank, um von ihr zu trinken, während ich ihn anstarre. "Ach, verdammt, Haley." mault er angewiedert.

"Schon gut! Ich trinke es auch gerne alleine aus." meine ich sofort und schließe den Kühlschrank. Wie gewohnt, es an trüben Tagen zu tun, hole ich mir eine Chipsverpackung aus dem Schrank, als auch eine Colaflasche.

"Wow. Schlechter Tag?"

"Frag' nicht." murmle ich und gehe an ihm vorbei zur Treppe. Eigentlich will ich, dass er fragt. Ich will mit ihm darüber reden, aber zugleich auch nicht. Das würde nur mehr Probleme verursachen, für die ich gerade nicht die Kraft habe.

"Nur noch eine Frage: Ihr wart in diesem Secth-Club, kann das sein? Wo man ab 16 trinken kann." stütz er sich am Geländer ab, während ich einige Stufen weiter oben zu ihm heruntersehe. Ohne eine Regung meinerseits, grinst er. "Ocha, Haley. Interessant. Kein Wunder, dass du schlechte Laune hast. Du hast es wohl mit den Getränken übertrieben."

"Wehe du sprichst. Sonst bist du tot." warne ich mit ausgestrecktem Finger. In dem Moment ertönt die Hausklingel. Er macht eine Reißverschlussbewegung über dem Mund. "Auch dieses Geheimnis bleibt unter unserem Pakt geheim." meint er noch, bevor er sich schwungvoll zur Tür wendet und ich schnell die Treppe hinaufsteige und es geradeso schaffe, um die Ecke zu gehen, als ich auch schon Mitchels Stimme von unten höre.

Ich kann nicht sagen wieso, weil es keinen Grund dafür gibt, aber ich will ihn nicht sehen. Mit einer schnellen Bewegung schließe ich meine Zimmertür hinter mir und drücke überwältigt die Hand an meinen Mund und spüre Tränen in mir aufwallen. Das ist nicht fair. Eigentlich sollte mich seine Stimme zum lächeln bringen, aber es ist zu frisch. Sie erinnert mich an, das, was bis vor kurzem passiert ist und schlägt mir die Realität, die ich bis jetzt zurückhalten konnte, um die Ohren. Ich kann meine Emotionen selbst nicht fassen. Teils wütend und auch trotzig, halte ich den Atem an und nehme die Hand mit einem Ruck von mir. Mit angespanntem Körper unterdrücke ich mir das Schluchzen und schreie mich selbst in Gedanken an, dass ich aufhören soll, so verdammt emotional zu sein. Ich hasse Schwäche so sehr.

Mit angespannten Blick blicke ich durch meinen Raum und schnappe mir die Fernbedienung auf der Kommode, bevor ich mich auf dem Bett fallen lasse und meine Kurrierung beginne.

IrresistibleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt