Kapitel 73

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Es ist schon zwei Tage her, seitdem wir uns an dem See betrunken haben und doch fühle ich mich immer noch ausgelaugt. Zu meinem Pech ist heute die Gala und ich kann nicht anders, als mein dunkelgrünes Kleid anstarren, dass schon bereit an der Schranktür hängt. Mit den Jungs kann ich definitv nie nüchtern bleiben. Sogar durchs Fenster zurück zu klettern habe ich gerade so geschafft und selbst da wundert es mich, dass ich niemanden geweckt habe.

Seufzend stehe ich vom Bett auf und verlasse das Zimmer, um mich vor Nates Tür hinzustellen. Zu meinem Klopfen bekomme ich ein kurzes starkes "Ja?" und ich trete ein, während er an seinem PC sitzt und etwas gebannt zockt.

"Nate? Kannst du mich bitte doch zu Oma fahren? Ich will kein Taxi rufen."

Er seufzt. "Du hast immer noch schiss vom Taxi fahren?"

"Man, ja. Kannst du es jetzt oder nicht?"

"Schon gut. Gib mir zehn Minuten." sagt er, ohne mich auch angesehen zu haben.

Augen verdrehend begebe ich mich zurück in mein Zimmer und mache sicher, dass ich auch alles habe.

Und ich bin glücklich, als ich mit all den Sachen im Auto sitze, statt im Bus. Das Kleid in seiner Hülle hört nicht auf zu meinen Füßen zu rutschen und zusätzlich fühle ich mich mit den Schuhen und der Tasche voller Schmuck und Haarzeug überladen.

Es ist einer der wenigen Fahrten mit Nate, wo wir normal miteinander reden, ohne, dass ich mich von ihm beschuldigt fühle. Aber sobald wir an der Villa unserer Großeltern anfahren wird er still. Selbst, als er den Motor abstellt und niemand sich regt, verliert er kein Wort.

"Willst du vielleicht kurz mit reinkommen?" frage ich vorsichtig. Doch alleine von dem Fakt, dass er sich momentan anspannt, kenne ich die Antwort.

Seufzend lege ich die Hand an den Türknauf. "Okay, okay. Aber Oma und Opa wären bestimmt glücklich dich auch mal zu Besuch zu haben. Egal, was du vielleicht denkst."

"Ich weiß, Haley." brummt er leise ohne mich anzusehen. Einen Moment starre ich ihn an, bis ich es aufgebe und aussteige. Er wartet nicht einmal, bis ich an der Tür bin, da fährt er auch schon ab. Warum macht mein Bruder alles nur so kompliziert..

Es ist ausnahmsweise Opa, der mir zum Klingeln die Tür öffnet. Mit einem zufriedenen Lächeln umarmt er mich und nimmt mir das Kleid ab. "Hat dich Nate hergebracht?" fragt er, während er mich Richtung Treppe führt.

Mit mulmigen Gefühle bejae ich. Mir tun sie Leid, wenn sie im Glauben gelassen werden, dass eins ihrer Enkelkinder ihnen aus dem Weg gehen möchten. Das allein bringt wieder die Wut gegenüber Nate in mir hervor. "Wieso ist er nicht reingekommen? Ist er immer noch wütend auf uns?" fragt er darauf und steigt die geschwungene Treppe mit leichter Mühseligkeit hinauf.

"W-Was? Nein, er ist doch nicht wütend. Er hatte...Er hatte nur etwas vor." Ein Glück kann er mein Lächeln nicht sehen, denn es fühlt sich alleine für mich gestellt an. Doch die Art, wie er nichts sagt und gekrümmt die letzen Stufen aufsteigt, sagt mir, dass er mir nicht glaubt.

Ächzend atemt er oben aus und hält kurz inne, bevor er links in den Flur biegt. "Deine Oma wartet schon im Kosmetikzimmer auf dich."

Unter den hohen weißen Wänden, die mich an die Renaissance erinnern, öffnet er die weiße Tür zu dem besagten Zimmer und tritt ein, um das Kleid an einen der Schränke zu hängen. Oma selbst begrüßt mich in dem mit Lichtdurchfluteten Raum und erklärt, dass ihre Make-Up Artistin erst zum Abend hin kommt und wir somit die angekommenen Blumen vorerst verteilen müssen, als auch ihre Snacks machen müssen. Eine Sache, die Oma immer macht, obwohl es immer einen Caitererservice gibt.

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