Kapitel 119

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"Was?" Verwirrt sehe ich Mitchel aus nächster Nähe an.
"Du redest dir ein, dass du dich von ihm fernhalten willst, aber so ist es nicht, stimmt's?" fragt er weich, doch ich kann kein Wort äußern, weshalb er weiter redet. "Wenn man sich wirklich verliebt, dann kann man sich nicht einfach von der Person fernhalten. Und du Haley, hast dich leider in ihn verliebt. Von Anfang an und tust es auch in diesem Moment."
Er bleit still, während er versucht etwas in meinen Augen zu erkennen und ich bin mir ziemlich sicher, dass mir das Chaos ins Gesicht geschrieben ist. Wieso würde er das jetzt sagen? Habe ich nicht genug gelitten?

Aber ich kann nichts sagen. Ich will vielleicht laut dagegen sprechen, aber meine Lippen weigern sich hartneckig, sich zu öffnen. Und auch er bleibt für eine gefühlte Ewigkeit still, bis seine Hand runter gleitet und zwischen hals und Schulter liegen bleibt.
Geschwächt von meiner Sorge um ihn teilen sich nun doch meine Lippen, nachdem mein innerer Druck verflogen ist. "Was ist mit dir passiert, Mitchel?" Etwas leuchtet in seinen Augen auf, "Etwas ist mit dir und du sagst es mir nicht."

Ein mattes Lächeln bildet sich auf seinem Gesicht. Kein übliches, dass mich beruhigen soll. Er tut es, weil er etwas zu verstecken versucht, dass nicht zu verbergen geht. Selbst seine Augen wirken distant und weit in seinen Gedanken, als er mit mir redet. "Du hattest damals recht." krächzt er, was mich meine Brauen verwirrt zusammenziehen lässt, bevor er mehr verrät, "Auf meiner Veranda. Früh am Morgen, nachdem wir uns alle betrunken haben. Du meintest, dass ich Dinge bereuen würde, wenn ich nichts tue, um sie bei mir zu behalten. Meintest, dass sie bleiben können, wenn ich es einfach nur versuche." Sein Lächeln wirkt nun traurig, als er den Kopf schief legt und sein Daumen, der mich beruhigend gestreichelt hat, abrupt aufhört, als auch sein Lächeln gefriert, "Aber ich habe es nicht wahrgenommen. Erst vor kurzem habe ich es wirklich verstanden, aber es war zu spät. Und jetzt.....jetzt bereue ich es, Haley. Ich bereue es so stark, dass ich erneut drohe zu ertrinken."

Erschrocken weiten sich meine Augen. Kurz verharrt er so, bis seine Mundwinkel ungläubig zucken und er unmerklich den Kopf schüttelt, während seine Augen verräterisch glänzen. Er entfernt seine Hand von mir und tritt auch einen Schritt zurück, um sich durch die Haare zu fahren. "Aber ich komme klar. So wie immer." Er lacht darauf knapp, aber es klingt erstickend. Selbst sein Lächeln, dass seinem üblichen ähnelt, ist nur eine sehr gute Kopie, die mich zerreist.
"Bist du dir sicher? Willst du mir nicht verraten, was du bereust?"

Einen Moment lächelt er mich noch an, bevor er friedlich den Kopf schüttelt.
Bedrückt ziehe ich die Brauen zusammen und atme tief durch. Ich hätte nicht gedacht, dass ihn etwas so sehr beschäftigen kann. "War es das, was dich die letzten Wochen beschäftigt hat?"
"Schon." zuckt er die Schultern, ohne das freudlose Lächeln zu verlieren, und steckt die Hände in seine vorderen Hosentaschen, "Aber jetzt wird das nicht mehr der Fall sein. Eine kleine Reise und ich bin darüber hinweg. So wie immer."
Seufzend sehe ich ihn noch an und weiß nicht, ob ich ihm das glauben sollte. Doch akzeptiere es einfach.

Es bleibt noch eine Weile still und ich merke, dass er meinem Blick ausweicht.
"Und was willst du jetzt wirklich mit Jordan machen?" fragt er wieder gequält lächelnd.
Erschöpft seufze ich. "Ihm immer noch so gut aus dem Weg gehen, wie nur möglich." Glaube ich.

"Na dann viel Glück."
"Bah...danke." murmle ich, bevor wieder Stille einkehrt.

"Mannnn, wie lange braucht Laureen noch? Ich werde wieder nüchtern." lehnt er sich wieder mit dem Rücken gegen das Fenster und sieht auf die Tür vor uns.
Ich muss kichern, doch fühle mich nicht komplett richtig dabei. Mitchel versucht etwas vor mir geheim zu halten, weshalb ich ihm nicht helfen kann. Umso mehr will ich, dass diese Party perfekt wird.

Da wird auch schon die Badezimmertür aufgerissen und Laureen schaltet das Licht hinter ihr aus, bevor sie vor uns tritt und tief ausatmet. Ich richte mich gespannt auf, als ich sehe wie sie wieder versucht zu lächeln. "Besser?"
"Sowas von. Ich kann bald weitertrinken." grinst sie und ich muss kichern.
"Na dann lasst uns zurück zu den anderen. Wir sind jetzt bestimmt schon fünfzehn Minuten weggeblieben."
"Echt? Kam mir länger vor.." murmelt sie, als wir den Gang wieder langsam zurück gehen.
"Verständlich."

Wir haben die Haustür schon hinter uns gelassen, als diese klingelt. Überrascht drehen wir uns zu ihr und ich muss im nächsten Moment aufblühen. Aufgeregt drehe ich mich zu ihnen. "Das ist bestimmt die Torte. Ich will nicht, dass du sie jetzt schon siehst!" zeige ich auf Mitchel, der schief lächeln muss, "Geht ihr beide schnell zur Couch. Ich kümmere mich darum."
Auch Laureen ist nun aus dem Häuschen und meint es kaum erwarten zu können.

Sobald sie weg sind, öffne ich lächelnd die Tür doch werde ein wenig enttäuscht, als mich einige der letzten Gäste begrüßen. "Kommt ruhig rein." trete ich zur Seite und halte die Tür auf, bis die fünf Personen mit guter Laune eintreten.
Schmunzelnd überprüfe ich noch, ob auch alle rein sind, doch erstarre, als ich in der Dunkelheit breite Schultern langsam aber selbstsicher schwanken sehe, während sie zur Veranda hinaufkommen.
Davon unerwartet getroffen starre ich ihn an, bis sich unsere Blicke kreuzen und mich die Intensitivität davon zurück holt. Instinktiv versuche ich die Tür zuzuknallen, doch er ist zu schnell und drückt sie wieder auf. "Haley, stell dich nicht so an." höre ich sein ruhiges Brummen, bevor er mich überweltigt und ich nach hinten stolpere.


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