Kapitel 75

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Und tatsächlich dauert es nicht lange und ich entdecke unter all den glamourös gekleideten Menschen meine Oma, die von einem Ohr zum anderen strahlt, als sie mich mit Edwin sieht, während sie sich mit einem jungen Pärchen unterhält. Und unerwarteterweise trifft es mich. Vielleicht bedeutet es ihr mehr, als ich dachte. Dabei meinte sie immer, dass sie egal, was passiert, auf meiner Seite steht und mir überlässt, mit wem ich mein Leben verbringen will. Aber ist das wirklich wahr? Was, wenn ich ihr Jordan vorstelle und sie plötzlich gegen mich geht. Sie mag es, wenn ein Mann stark und handwerklich ist - was Jordan ausmacht -, aber was, wenn sie seinen Charakter nicht ausstehen wird? Ganz geschweige denn, dass er eigentlich ein Verbrecher ist. Niemand würde seine Liebsten einer solchen Person überlassen wollen, aber Jordan ist anders. Wie soll ich es ihr erklären, wenn es soweit ist? Meine Eltern könnte ich noch anlügen, bis die Zeit reif ist, aber sie? Bei ihr stelle ich es mir schwer vor. Sie denkt, ich werde einen liebreizenden eleganten Mann an meiner Seite haben, der vielleicht sogar erfolgreich ist. Und Edwin gehört ihrer Meinung nach leider zu dieser Sorte.

Frustriert seufze ich. "Lust auf einen kleinen Snack?" höre ich ihn neben mir.

"Tatsächlich wäre das jetzt genau das richtige." murmle ich. Ich spüre, wie mein Gehirn langsam auf die Phase namens "Frustessen" umschaltet. Das musste ich schon nicht mehr, seit dem Streit mit Jordan bei Eric.

Er geht los, nur um kurz darauf mit einem Windbeutel mit Erdbeeren drinnen und Erdbeerstreusel draußen zurückzukommen. Er überreicht ihn mir mit einem: "Deine Oma hatte mir mal erzählt, dass du das äußerst liebst. Also hier." lächelt er charmant und ich nehme es dankend an. Es stimmt. Ich kriege nie genug von denen. Manchmal bestellt Oma sie nur für mich zu diesen Veranstaltungen. Ich bin oft verantwortlich dafür, dass die Hälfte davon immer weg geht. Wieso hat er sich so eine Kleinigkeit gemerkt? Es ergibt keinen Sinn.

Trotzdem esse ich es still neben ihm, während er mir von seinen Erfahrungen im College erzählt.

Ich unterbreche ihn erst, als ich mein leeres Glas als Entschuldigung nehme und ihn kurz abwimmle, als ich es zu dem Tablett in der Küche stelle, wo das dreckige Geschirr abgestellt wird. In diesem Moment bereue ich es mir keine passende Tasche gekauft zu haben, in der ich mein Handy für den Abend hätte aufbewahren können. Denn mein Verlangen Jordan zu schreiben ist enorm. Während ich mich erschöpft an der Arbeitsplatte kralle, spricht mich eine Gruppe an Gästen an, die mir nochmal ihre Begeisterung zu meinem Klavierspiel äußern und mich zu dem Projekt meiner Oma ausfragen.

So geht das den gesamten Abend. Und nachdem ich auf Wunsch zum Ende nochmal etwas spiele, darf ich endlich gehen.

Erleichtert steige ich die Treppen nach oben hinauf, aber kann die Begeisterung meiner Oma nicht aus dem Kopf verbannen, als sie mich vorhin zur Seite gezerrt hat, um mich wegen Edwin auszufragen. Ich habe gesagt, dass es nichts ist, aber er hatte tatsächlich recht: Nur miteinander zu reden macht sie glücklich. Wahrscheinlich wegen ihrer Schuldgefühle gegenüber Clare. Indem ich mich mit ihrem Sohn verständige, kann sie sich für ihr damaliges Verhalten irgendwie entschuligen. Auch wenn das meiner Meinung nach unnötig ist. Es sind so viele Jahre vergangen.

Als ich wieder in Jeans und Vans dastehe, sattle ich mir den Rucksack auf den Rücken und lasse meine Sachen voerst hier. Ich habe keine Lust in den Morgenstunden mit diesem Kleid herumzufahren.

Unten treffe ich auf meine Großeltern, um mich zu verabschieden, aber die Chicklewoods sind auch da, was mich kurz inne halten lässt. Doch ich versuche ganz normal weiter zu machen und rede mir ein, dass ich gleich meine Ruhe habe und Jordan bestimmt jeden Moment auf meine Nachricht antworten muss, die ich beim umziehen versendet habe. "Auf wiedersehen, Clare, Adam, Edwin." umarme ich sie.

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