Irresistible

Kapitel 67

Ein lautes Hupen unterbricht den Moment. Zusammengefahren, starre ich zum Auto, als Jordan schon reagiert und uns von der Straße holt.

Für den Rest ist es still zwischen uns und ich spüre den Scham vor meinen Worten. Trotzdem fällt mir auf, dass Jordan angestrengt über etwas nachdenkt, während wir den Abhang zu dem Kieselweg hinabgehen. Er ist ersichtlich angespannt und wirkt verloren. Sollte ich mir Sorgen machen?

Er hält immer noch meine Hand, als wir an den Tunneln vorbei zur anderen Seite gehen und ich umgreife sie fester, als ich meinen Mut zusammen sammle. "Ist alles gut?" frage ich mit beobachtendem Blick.

Aus den Gedanken gerissen orientiert er sich plötzlich neu und braucht wohl einen Moment, bis er meine Frage versteht. "Ehm..Ja. Ja, alles cool."

Misstrauisch sehe ich ihn an. Er wirkt nicht so. "Was geht in deinem Kopf vor?"

"Nichts." schießt es verräterisch aus ihm heraus und hilft mir schon den Erdhaufen hinauf, wo der Platz ist, an dem wir uns mit seinen guten Freunden getroffen haben. Doch niemand ist da.

"Kommen sie später?" Er braucht einen Moment, bevor er meine Frage versteht und nickt dann.

"Wir wollten uns alle etwas später treffen. Ursprünglich hatte ich geplant dich davor zu mir einzuladen, aber das-" er stoppt sich, "Egal."

Ich sehe ihn skeptisch an, doch muss mich zusammenreißen, nicht frustiriert auszuheulen, weil ich die Chance verpasst habe, sein Zuhause zu sehen. Umso mehr muss ich es wissen. "Wieso haben wir das nicht getan?" Ich stecke beide Hände in meine hinteren Hosentaschen. Ich hoffe, ich bin nicht zu offensichtlich darüber, wie sehr ich zu ihm gewollt hätte.

Sein Blick fällt auf meinen und ist für einen kurzen Moment schlicht, bis er verschlossen und finster wird. "Ein andern Mal." Zurück zum Ursprung sind wir also. Seufzend halte ich seinem Blick stand. Oder versucht er gegen meinen standhaft zu bleiben? Es kommt mir unmöglich vor, doch es sieht tatsächlich danach aus.

"Bitte, hör' auf dich da raus zu reden. Was ist passiert? Hat es was mit dem Mann in der Mall zu tun?" Sein Blick wackelt und er sieht verstohlen zur Seite, während er die Hände in den Hosentaschen vergräbt. Man sieht, dass er darüber nicht sprechen möchte und nach der Sache vorhin will ich ihn auch nicht drängen oder verscheuchen. Aber ich muss es wissen. "Jordan," nach einer kurzen Pause sieht er mich vorsichtig an, "Du weißt, dass ich nichts schlimmes tun werde, sobald du es mir erzählst. Ich werde mir alles anhören, was du zu sagen hast."

Noch für einen Moment sieht er mir tief in die Augen, bis er sich einfach auf die verranzte Matratze setzt und neben sich klopft.

Tief durchatmend lasse ich mich auf ihn ein und setze mich seitlich zu ihm gerichtet hin.

"Dir ist ja bewusst, wie ich und die anderen Dinge tun, die....Schwierigkeiten mit sich bringen." fängt er an, was mich dazu bewegt den Kopf zur Seite kippen zu lassen. Ich kann nicht fassen, dass er es immer noch nicht aussprechen möchte.

"Ihr raubt Menschen aus." verliere ich die Worte und bin erstaunt, wie leichtfertig ich mich anhöre. Darauf sieht mich sein Blick gefasst an, doch lässt sich immer noch nicht lesen. Bei ihrem Anblick kommt wieder das vertraute Kribbeln in mir hoch, welches einen dumpfen Schmerz mit sich bringt, weil ich immer noch nicht weiß, wo wir stehen.

"Zum einen." kommt es dunkel von ihm, bevor er seine Beine zu sich zieht und die Arme locker um sie verschränkt und auf eine Stelle im verrußten Boden starrt. "Und solche Dinge bringen auch Auseinandersetzungen mit anderen Menschen zusammen. Nicht nur mit der Polizei." sieht er kurz zu mir, um es sicherzustellen, bevor sein Blick wieder weggeht. "Wir sind definitiv nicht die Einzigen in der Stadt, die sich auf diese Weise ihre Kohle verdienen wollen. Und wenn es kritisch wird, kommt es zu Schlägereien. Wie eben in der Nacht, wo wir uns kennengelernt haben."