Kapitel 36

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Ausschauhaltend nach Jordan, fahren wir die Straße entlang, auf der er uns treffen möchte. "Da! Rechts!" sage ich klar und bin erleichtert, weil ich nicht weiß, was passiert ist, aber Mitchel sah zu ernst aus, als das nichts wäre.

Und tatsächlich war meine Beobachtung richtig. Als wir am Seitenrand halten bemerke ich, wie er kaum merklich humpelt. Als wir aussteigen sieht er auf und stoppt. Nur, um die Brauen zusammenzuziehen.

"Oh Gott, du hast mehrere Schlagwunden! Was ist passiert?" frage ich, als ich bei ihm ankomme und lege eine Hand auf seinen Arm. Auf welchen ich sandigen Dreck spüre. Kurz darauf spannt er sich an.

"Du bist immer noch mit ihm unterwegs?"

Als ich zu ihm aufsehe, erhasche ich noch, wie sein Blick von meinen Beinen zu meinen Augen wandert. Verwirrt von der plötzlichen Härte in seinem aschblau, runzle ich die Stirn.

Er geht plötzlich einen Schritt von mir, sodass meine Hand von seinem Arm gleitet. "Nichts ist passiert. Hab mich nur um ein Paar Idioten gekümmert." sagt er plötzlich eiskalt und sieht mit angespanntem Kiefer auf den Boden.

Bestürzt sehe ich zu Mitchel, der vor dem Auto steht, doch als sich unsere Blicke treffen, zuckt er nur kopfschüttelnd die Schultern.

"Henry sollte nie wieder auch nur ein Wort verlieren." knurrt er und sieht scharf zu Mitchel. Dieser nickt ernst.

"Und wer waren die anderen Idioten, die du erwähnt hast?"

"Seine Freunde. Die haben ihn natürlich verteidigt, aber jetzt sind sie diejenigen die am Boden winseln." meint er aggressiv und sieht wieder zu Boden, nur um den Blick auf meine Schuhe fallen zu lassen, "Ich habe doch gesagt, dass ich nie wieder jemanden mich niederschlagen lassen werde." flüstert er schon fast und sieht mir plötzlich vielsagend in die Augen. Ich hole tonlos Luft. Er redet von unserem einen Gespräch, dass schon etwas her ist.

"Scheiße, wie konnten die dabei sein? Hat er dich aufgehalten?" legt sich Mitchel die Arme über den Kopf und kommt nun doch näher.

"Nein." knurrt Jordan, "Ich habe ihn einfach aufgesucht und unüberlegt angegriffen. Mir war egal, dass die daneben standen. Hatte ich mehr zum schlagen." Trotzdem weicht er unseren Blicken darauf aus.

"Man, Jordan. Was war nur wieder los?" Doch dieser antwortet nicht.

"Komm, wir verarzten dich. Du hast doch bestimmt was Zuhause, oder?" frage ich Mitchel, der nickt, als ich Jordan an der Hand ziehe. Doch er nimmt sie mit einem "Nein!" so aggressiv weg, dass ich kurz stolpere. Erschrocken sehe ich ihn an. "Lasst mich einfach."

"Was? Nein, du hast Mitchel angerufen, um abgeholt zu werden. Da können wir dir gleich weiter helfen. Komm." meine ich leise und nehme wieder seine Hand in meine beiden, während ich an ihr ziehe. Sie ist so groß, dass ich sie gerade so mit meinen eigenen umschließen kann. "Bitte." sage ich noch zart und er sieht mich gebannt an. Dann gibt er tatsächlich nach und folgt mir, nachdem er auf die Kette um meinen Hals guckt, als auch auf meinen Rock.


Wir stehen in seinem kleinen Bad im Erdgeschoss, dass kaum Platz für drei Personen hat, als Mitchel mir zeigt, was ich verwenden kann. Wirklich etwas tun kann ich nicht außer desinfizieren, aber als Jordan erzählt, dass einer der Typen ihn mit einem Brett am Hinterkopf getroffen hat, schicke ich Mitchel für Eis los. Ich setze ihn auf den Deckel der Toilette ab, während ich unbequem auf dem Rand der Wanne balanciere und seine aufgeplatzten Fingerknöchel reinige. "Was machst du auch nur?" seufze ich und lege seine Hand in meinen Schoß, solange ich das warme Gefühl dabei in meinem Bauch versuche zu ignorieren. Er spannt sich plötzlich an und lehnt sich auf seine Knie. "Du kümmerst dich um überschaubare Wunden, Haley." raunt er leise und sieht zur Seite. "Du brauchst das nicht tun."

"Doch. Man sollte sich um jede Wunde kümmern." meine ich sturr und wende mich seinem Gesicht zu, wo kaum etwas ist, außer seiner angeplatzen Oberlippe.

Gleich darauf ist auch Mitchel mit dem Eisbeutel da, den sich Jordan an seinen Kopf hält. "Du behandelst mich immer, wie einen kleinen Jungen." brummt Jordan, ohne mich anzusehen.

"Vielleicht bist du ja einer." lächle ich und tätschle ihm provokant die Wange beim vorbeigehen. Dabei zieht er leicht an meinen Rock, als ich mich an Mitchel vorbeizwängen will und ich fasse erschrocken um meinen Hintern. Mit roten Wangen sehe ich in sein schelmisch grinsendes Gesicht und drehe mich kurz darauf schnell weg um in die Küche zu flüchten.


"Nein, du musst das hier auswählen, es transformieren und auswählen, was du möchtest." weiht Mitchel mich in ein neues Spiel ein, welches er mir an dem Nintendo versucht zu erklären. Jedoch stelle ich mich ganz schön blöd an und er scheint wohl allmählig nichts mehr erklären zu wollen.

"Ich hau dann ab." brummt Jordan und wir sehen überrascht zur Tür von Mitchels Zimmer.

"Schon?" Doch er zuckt zu Mitis Frage die Schultern und sieht alles an uns an, außer unsere Gesichter. Als würde er etwas an uns sehen. Verwirrt sehe ich an mir herunter, doch nichts. Auch nicht an Mitchel, der neben mir auf dem Bett sitzt. Dabei schlägt mir sein Aftershavegeruch ins Gesicht, weil er sich schon fast an mich schmiegt, um mir das Spiel zu erklären. Ich hoffe, wir habens gleich hinter uns.

"Ich finde den Weg selbst raus." murmelt Jordan und geht weg. Enttäuscht lasse ich die Schultern sinken. Also verbringen wir heute doch nicht so viel Zeit, wie ich dachte.

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