Kapitel 57

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Habe ich schon mal erwähnt, wie sehr die Menschheit eigentlich den Montag hasst? Bestimmt. Durch ihn sitze ich nämlich einnickend in meinem ersten Kurs und kann nur hoffen, dass Mitchel in der ersten Pause nicht rauchen geht, um sich wie gewohnt, wie ein Idiot aufzuführen.

Nach einem kurzen Textaustausch schaffen wir es, uns auf die Mauer zu setzen, während um uns wirre Gespräche stattfinden, die ,ein Glück, nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich glaube wirklich, dass sich alles allmählich legt und ich bald mein gewohntes Schulleben haben werde. Dabei kommt mir Oskar wieder in den Sinn. Vielleicht war ich zu harsch zu ihm.

"Gut, dass du mich heute sehen wolltest." grinst Mitchel neben mir und wühlt in seinem Rucksack, "Ich war heute Morgen nämlich wieder im McDrive und habe...-"baut er die Spannung auf und zieht im nächsten Moment zwei Verpackungen heraus, "uns Apfeltaschen besorgt!"

Übermäßig glücklich nehme ich eine von ihm an und quiecke beim auspacken. "Danke, Miti! Du glaubst nicht, wie sehr das meinen Tag macht."

Befriedigt beiße ich mit ihm ab und wir grinsen uns an.

"Aaah. Wenn das mal nicht Haley zusammen mit Mitchel ist." hören wir es kurz darauf und ich blicke auf um in die abscheulich blauen Augen von Luca zu sehen. Er steht einige Meter vor uns mit seinen Freunden, die uns dreckig angrinsen. "Plant ihr schon euren nächsten Abstecher ins Bett?"

"Was ist dein scheiß Problem, Alter." seufzt Mitchel nur und ich kann niemanden ansehen.

"Nichts, nichts. Wollte nur wissen, was ihr so versautes noch anstellt, wo jetzt doch kaum wer auf euch aufmerksam ist."

Beschützerisch legt sich Mitchels Arm um meine Schultern, als er meinen Gesichtsausdruck sieht und drückt mich näher an ihn. "Lasst uns verdammt nochmal in Ruhe und hört auf euch wie Hooligens zu verhalten, bevor ich euch die Fresse pulliere." zischt er.

Doch die anderen gackern leise, was mich einknicken lässt. Mit zerstörter Laune nehme ich seinen Arm von mir und schnappe mir meinen Rucksack. Ich höre noch, wie Mitchel etwas fragt, doch gehe stur weg und will einfach nur meine Ruhe. Luca und seine Freunde können mich mal.


Während ich die restliche Pause wieder auf dem leeren Flur verbringe und schuldbewusst die Apfeltasche zuende esse, schreibt mir Mitchel. Er geht sicher, dass ich ok bin und meint, ich soll mich dafür nicht entschuldigen.

Mitchel: Ich habe ihn danach auch die Faust ins Gesicht gerammt.

Bedrückt texte ich noch mit ihm, bevor die Klingel ertönt und die Massen an Schülern sich anfangen zu tummeln. Mit einem Seufzen lasse ich mein Handy niedergehen und blicke desinteressiert um mich. Jedoch muss mein Herz schon den nächsten Gefühlsüberfluss durchstehen, als ich Jordan den Flur hinuntergehen sehe. Und diesmal, kreuzen sich nach wenigen Sekunden unsere Blicke, was mir den Atem verschlägt. Er sieht mich jedoch mit verengten Augen an, bevor er an mir vorbei geht und ich meinen Atem selbst danach nicht frei lassen kann, weil ich einfach nicht mehr weiß, wie ich mit all dem umgehen soll oder was ich fühlen soll.

Dasselbe passiert auch am folgenden Tag und selbst am Mittwoch treffen sich unsere Augen, während er am üblichen Platz auf dem Hof sitzt und mit Aaron und einem mir fremden Typen redet. Was hat das denn jetzt zu bedeuten? Dieser Typ verwirrt mich. Entweder soll er mich endlich für immer in Ruhe lassen damit ich über ihn hinweg kommen kann oder er erklärt sich verdammt nochmal. Das würde ich ihm so gern ins Gesicht sagen, aber ich merke komischerweise eine leichte Abgeschrecktheit ihm gegenüber. Wenn er jetzt schon pissig ist, will ich nicht wissen, wie er ist, wenn ein Mädchen ihm blöd kommt.

Überfordert seufze ich, während ich mit den letzten Schülern durch den Flur zum Unterricht gehe. Wenigstens ignorieren mich jetzt fast alle wieder. Ich sollte demnächst Renny und Jocelyn wieder ansprechen. Gedankenverloren gehe ich durch den fast leeren Flur, bis eine Hand mich sanft am Arm packt und mich zum stoppen zwingt.

Verwirrt sehe ich auf in die Haselnuss braunen Augen von Oskar. "Na? Wie geht es uns?" fragt er leise, als er aus nächster Nähe auf mich hinuntersieht. Ich atme aus und weiß nicht wirklich, wie ich antworten sollte. Er scheint eigentlich wirklich nichts schlimmes zu wollen. Und obwohl er der mit beliebteste auf der Schule ist, könnte er genauso wie Mitchel sein. Jemand, der nur helfen möchte. Ich ringe mir ein Lächeln ab, von dem ich jedoch selbst nicht überzeugt bin. "Ganz ok. Und dir?" Unsicher lasse ich die Augen zu meinen Seiten fallen.

"Super. Wie sieht es inzwischen mit den ganzen Chimpansen aus? Man hört nicht mehr viel von dir, was?"

Kurz runzle ich die Stirn vor seinen Worten, bis ich verstehe und schmunzeln muss. "Besser." kichere ich darauf und blicke auf sein Grinsen, "Die wenigen verbliebenen versuche ich einfach nur auszublenden." Dabei ist es schwieriger als man denkt. "Ah, und trotzdem Danke, dass du mir angeboten hast mit euch abzuhängen. Das weiß ich zu schätzen, ehrlich."

"Nichts zu danken. Ich wollte ja nur helfen." legt er den Kopf schief, während er mich intensiv ansieht.

In dem Moment geht eine große Gestalt hinter ihm vorbei, die mir auffällt. Und natürlich ist es Jordan, dessen Augen aus dieser Nähe verwirrt in meine sehen, bevor er auch schon weiter den Flur entlang geht. Kurz kribbelt mein Körper und irgnedwie will ich nicht wirklich, dass er sich bei Oskar und mir etwas falsches denkt, aber zur selben Zeit will ich ihm zeigen, dass ich auch andere haben kann. Weshalb ich nun meine Aufmerksamkeit wieder komplett auf Oskar schiebe und ihn so unbeholfen wie möglich anlächle. Ich hoffe Jordan ist irgendwo noch da und sieht uns zufällig an.

"Aber hättest du überhaupt Bock mit mir Zeit zu verbringen?" Oh Junge. Jetzt bezieht er es nur noch auf sich? Jetzt bin ich verunsichert.

"Eh...Ehm. Ich weiß nicht. Wir kennen uns kaum." versuche ich auszuweichen und greife wieder nervös um meine Kette.

"Aber das könnte man doch leicht ändern? Worauf bist du so aus?" fragt er plötzlich summend und ich sehe verwirrt in seine Augen.

"Worauf ich aus bin? Eh..Was meinst du damit?"

Plötzlich bückt er sich über mich, weshalb ich verschrocken einen Schritt zurück trete und gegen das Fensterbrett komme. "Naja, hast du zum Beispiel Interesse auf ein bisschen Unsinn oder bist du da eher der ernste Typ?" macht er einen Schritt auf mich zu, sodass sich unsere Körper leicht berühren. Mit großen Augen sehe ich zu ihm auf und presse mich gegen das Fenster hinter mir.

Ich zucke zusammen, als sich seine Hand an meine Beinseite legt und hinauf zu meiner Seite fährt. Mein Gehirn kann das gerade nicht verarbeiten, weshalb ich eingeschüchter dastehe und ungläubig seine Hand anstarre. "Du bist nämlich wirklich schön, Haley." raunt er und ein unangenehmer Schauer durchläuft mich. Was?

"Oskar, hör zu. Ich bin nicht unbedingt interessiert...-"fange ich an auszuweichen.

"Wieso? Lass es uns wenigstens versuchen. Da kann doch nichts schlimmes passieren, hm?" kommt sein lächelndes Gesicht näher und ich halte den Atem an. Etwas abwehrend drücke ich die Hände gegen seine Brust, doch er geht dagegen. "Lass es doch einfach zu."

Zum ausweichen drehe ich mein Gesicht zur Seite und spüre seinen warme Atem an meinem Hals, als auch seine Hände sich nicht von mir abwimmeln lassen.

Er ist schon dabei mich am Hals zu küssen, als jemand neben uns heranpirscht und ich im nächsten Moment miterlebe, wie Oskar brutal zur Wand auf der anderen Seite des Flures geschleudert wird, während Jordan aufgebaut und schnaufend zwischen uns steht. Erschrocken starre ich seinen blonden Hinterkopf an.  "Fass sie nicht an!" zischt Jordan etwas zu laut und ich sehe, wie er sich schon mit gefäusten Händen buckelt.


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