Kapitel 45

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Erst, als mir die Luft fehlt halte ich an und stemme mich luftholend auf die Knie. Mein Hals tut schon weh vom rennen. Ächzend halte ich mich an ihn und blicke auf. Dabei rutscht mir der Rucksack von der Schulter, welchem ich aber keine Beachtung gebe.

Ich bin in irgendeiner Region mit viel Grün und einigen zehnstöckigen Häusern. Shit.. Schon weit... Kaputt lasse ich mich am Rand des Betonwegs auf den Boden nieder und versuche mich zu beruhigen. Nicht mal im Sportunterricht habe ich je eine solche Leistung erbracht, wie jetzt.

Verdammt, tut das weh. Bei der angenehmen Briese, die den Herbst ansagt, sehe ich keuchend zum Himmel. Ich muss mich erstmal sortieren. Ich habe nicht einmal gemerkt wo ich hingerannt bin. Kurz halte ich den Atem an vor lauter Gedanken. Jordan hat mich tatsächlich vor der gesamten Schule geküsst. Neiiinn.....Entmutigt lege ich den Kopf zwischen meine angewinkelten Beine und vergrabe die Hände in meinen Haaren. Wie soll das denn jetzt weitergehen? Jeder, aber auch jeder hat uns gesehen. Das heißt, sobald ich Zuhause bin, darf ich mir was von Nate anhören. Oder ganz im Gegenteil: Er redet jetzt wirklich nie wieder mit mir, weil ich die Person geküsst habe, die ihn verprügelt und erniedrigt hat und er um alles in der Welt hasst. Scheiße. Meine Hände fahren zu meinem Gesicht und pressen sich bedrückt darauf. Dann muss ich ihm alles erklären. Spätestens, wenn er erfährt, dass ich mich mit ihm nach der Prügelei getroffen habe wird er mich nie wieder sehen wollen. Wieso hat er das nur getan, nachdem wir so gut niemanden von unserem Kontakt haben wissen lassen?? Es lief so gut. Er hat mich sogar ignoriert! Da kann er sagen, was er will, aber wieso macht er sowas dann auf einmal. Verdammt...Und ich habe schon angefangen auf den Kuss einzugehen, weil es sich so gut angefühlt hat. Beschämt entferne ich meine Hände, um mir den Mund zuzupressen, der sich alleine bei der Erinnerung heiß anfühlt.

Diese Sache ist gerade zu groß für mich um alles überdenken zu können.

Einige Minuten sitze ich noch da und schaue mich in der menschenleeren Gegend um. Ich weiß nun nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Am liebsten ist es mir, wenn ich mit niemanden darüber reden muss. Ich mich einfach verstecken kann. Wie soll ich jetzt bitte zur Schule gehen? Übertreibe ich? Verdammt, ich gehe doch nicht in die Schule! Alle werden mich abwertend ansehen und denken, ich bin eine Hure. Und Jordans Hintergrund macht alles schlimmer. Frustriert nehme ich die Hand vom Mund und atme aus. Ich sollte erstmal nach Hause. Nicht, dass ich noch mit welchen aus der Schule fahre.

Kraftlos greife ich nach meinem Ruckack und höre noch das Klingeln meines Handys. Unwillig hole ich es hervor und sehe, dass es ein Anruf von Mitchel ist. Aber weil ich gerade wirklich nicht reden möchte, stelle ich es auf stumm und stopfe es fast panisch in meinen Rucksack, bevor ich ihn auf die Schulter werfe und mit tauben Beinen durch den kleinen verlassenen Park zu den Bussen gehe.


Mom ist heute ausnahmsweise mal früher Zuhause, doch sie hat nicht genug Zeit, um richtig nach mir zu sehen. Weshalb ich mich in meinem Zimmer verstecken und mit Musik an meinem Handy hängen kann. Ich will das alles nur vergessen.

Irgendwann höre ich das Zuschlagen der Haustür und gefriere. Grob entnehme ich die Kopfhörer und höre noch Stimmen. Nate. Als ich seine Schritte gerade so auf der Treppe ausmachen kann, werde ich panisch und bin schon kurz davor meine Tür abzuschließen, aber kontrolliere mich noch.

Ungewöhnlicherweise kommt er nicht sofort in mein Zimmer, doch als ein Klopfen an meiner Tür aufkommt und ich darauf in sein Gesicht sehe, verschwinden erneut sämtliche Gedanken aus meinem Kopf. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, während er da still an der Tür steht und mich mit einem Blick ansieht, den ich nicht deuten kann.

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