Kapitel 104

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Es ist Miti, der mich darauf am nächsten Tag in der Schule abfängt und mich schon fast dazu drängt, nach der Schule etwas mit ihm zu unternehmen. Nach kurzer Diskussion willige ich ein, doch auch wenn er ruhig ist merke ich die leichte Spannung, die er immer noch mit sich trägt. Das ist nicht Mitchel.
"Wieso hast du solche großen Augenringe?" frage ich misstrauisch, nachdem er ungewöhnlich still ist und aussieht, als würde er etwas in sich unterdrücken, während er mich anstarrt.
Im nächsten Moment sieht er tief durchatmend weg und steckt die Hände in seine mir zu dünne Jacke. "Nichts bestimmtes. Jeder hat sie mal." brummt er, solange er in den wolkenbedeckten Himmel starrt. Er ist sofort wieder in seinen Gedanken verloren und sieht wie eine poetische Statue während ihrer zerfallenden Schönheit aus.
"Seit wann denkst du so viel nach?" rumore ich leise und erhasche endlich wieder seinen Blick. "Sonst tust du alles immer, ohne zu überlegen."
Einen Moment starren mich seine grünen Augen intensiv an, doch scheinen nicht wirklich hier zu sein. "Keine Sorge wegen deinem Burder. Ich habe gleich mit ihm und sage, dass du heute mit mir fährst." meint er nur und berührt meinen Oberarm, bevor er wortlos an mir vorbei zu den Rauchern geht.


Letzte Zeit verstehe ich wirklich nicht, was los ist. Alles scheint auf einmal aus dem Ruder zu laufen und sich zu verändern. Und als eine Routine gewohnte Person gefällt es mir nicht. Es zwingt mich permanent auf der Hut zu sein. Aber bei dem, was passiert ist, muss ich das sowieso. Wäre es nicht Mitchel, der bei mir ist, wäre ich heute auch nirgends hingegangen, aus Angst, die Kevita könnten mich angreifen. Auch wenn Jordan meinte, dass sie mir vorerst nichts antun sollten. Gott, was mache ich, wenn sein Plan in der Zukunft aufgeht? Bin ich dann die Frau eines Mafiabosses? Werde ich im jungen Alter umgebracht? Aus dem Nichts kommt mir Brooks Bezeichnung in den Sinn, über die ich nie wirklich nachgedacht habe. Gangsterbraut. Wäre ich dann nicht genau das? Vielleicht bin ich ja schon eine, auch wenn ich niemanden etwas zu Leide kann. Meine Gedanken werden wirklich immer abstruser und ich achte schon gar nicht, wohin Mitchel fährt.
Aber nach einigen Minuten sind wir bei seinem elternleeren Haus und er führt mich stumm in sein Zimmer, ohne wirklich auf meine Fragen einzugehen.
Erst, als er die Tür hinter uns schließt, atmet er tief durch und lässt sich mit dem Rücken aufs grau bezogene Bett fallen, während seine Knie über den Rand gehen.
Einladend klopft er neben sich und ich stöhne erschöpft von seiner geheimnistuerei aus, als ich mich darauf einlasse und mich neben ihm fallen lasse. Seine Hände auf seiner Brust verschränkend sieht er dann zur Decke, genauso wie ich.
"Wie ist das Treffen gestern gelaufen?" fragt er leise, doch überraschenderweise ohne irgendeinen Druck dahinter. Dabei war er das letzte Mal doch so angespannt.
"Erstaunlich gut. Er hasst mich nicht und ist nicht wirklich ausgerastet. Nur ein wenig eigenartig kam er mir rüber." Es bleibt still, aber ich atme einfach tief durch und zwicke stumm die Bettwäsche unter mir.

"Hast du ihn gefragt?"
Kurz brauche ich, bis ich verstehe, was er meint und fühle darauf leicht das mieserable Gefühl, als ich ihn wegen dem Raubzug gefragt habe. "Ja, er war darauf wütend auf mich. Oder wohl eher enttäuscht. Und ich werde ihn nach der Sache nie wieder in Frage stellen. Er weiß anscheinend wirklich nichts und ich glaube ihm."
Neben mir merke ich, wie er unruhig wird und drehe meinen Kopf in seine Richtung. Sein Blick ist immer noch auf der Decke, doch er denkt wieder über etwas nach, während er auf seiner Unterlippe kaut. Ich frage jedoch nicht, was es ist. Die letzten Male hat es ja auch nichts gebracht. "Wie sieht's mit deinem Geburtstag aus?" wechsle ich das Thema und er hält kurz - wieder bei mir - inne.
Verspätet dreht sich auch sein Kopf und unsere Blicke begegnen sich aus nächster Nähe. "Ich..Ich weiß nicht. Ich dachte, wir gehen alle in eine Bar oder feiern bei mir. Aber meine Eltern weigern sich, genau da aus dem Haus zu gehen und wirklich Lust das alles zu organisieren habe ich auch nicht."
Unkontrolliert breitet sich ein fettes Grinsen auf meinem Gesicht aus und seine Brauen verrücken sich ein Stück, durch die Verwirrung.
"Dann bin diesmal ich diejenige, die eine Geburtstagsparty organisiert!" entgegne ich aufgeregt und kann das leichte Lachen nicht unterdrücken.
"Wie meinst du?"
"Wir feiern deinen Geburtstag mit viel Deko und Essen in der Villa meiner Großeltern!"
Mit großen Augen mustert er mich. "Was? Bei ihnen wurde doch eingebrochen. Außerdem ist mein Geburtstag schon nächste Woche."
"Deshalb bin ich erschüttert, dass du, genau du, noch nichts geplant hast." Und das meine ich wirklich so. Zu meinem Geburtsag hat er mich angemeckert und war zu der Zeit immer mit dran etwas zu organisieren oder zu feiern. Aber jetzt ist er plötzlich..anders. "Außerdem ist das meiste inzwischen geregelt und wieder beim alten. Sie fahren deswegen aber weg, während ich dort Wache halte. Sie meinte selbst, dass wir das machen können. Solange nichts kaputt geht."
Geistesverlassen sieht er mich einen Moment an. "Du sollst alleine in diesem Schloss sein, in dem erst vor kurzem eingebrochen wurde??"

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