Kapitel 103

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Und auch wenn die restliche Konversation etwas weniger peinlich ist und Jordan sich mehr zu öffnen scheint, lässt seine Hand nicht von meiner ab und wirkt unterbewusst angespannt. Ich hätte es nicht gedacht, aber Oma bleibt total entspannt. Und auch wenn er sie nicht vollends überzeugt, lässt sie anscheinend den Gedanken zu, sich uns vorzustellen. Alleine das erleichtert mich immens.

"Und? Ihr scheint euch echt zu mögen. Schon einen Antrag gemacht?" witzelt meine Oma und nimmt gelassen den letzten Schluck ihres Weins. Und obwohl ich weiß, dass sie uns einfach nur necken will, werde ich minimal rot.
Doch mit angespannten Muskeln fängt Jordan herzhaft an zu lachen, was sie ihre Augenbraue fragend heben lässt. "Nein, das ist glaube ich zu früh. Aber dafür habe ich ihr etwas ähnliches geschenkt." lächelt er selbstbewusst zu mir und ich bin einen Moment verwirrt.
Unbewusst greife ich nach meiner Kette und erinnere mich aufgeregt. Genau. Meine ach-so-tolle 'Hundehalskette', die ich trotz ihres Gewichtes jeden Tag trage. Inzwischen will ich schon nicht mehr ohne.
"Warte, die ist von dir?" piept Oma fassungslos und richtet sich gespannt im Stuhl auf.
Grinsend bestätigt er und sie erhebt sich momentan. "Die muss ich mir genauer ansehen. Ich dachte, die hätte sie sich selbst gekauft." meint sie verblüfft und kommt um den Tisch auf meine Seite.

Ihre kalten Finger greifen nach der Kette und inspezieren sie. "Die muss ein kleines Vermögen gekostet haben." Unwohl rutsche ich auf dem Stuhl und starre den Tisch an.
"Und wie. Ich will immer nur das Beste im Leben." meint er stolz. Inzwischen weiß er, was er bei meiner Oma raushauen muss, um sie zu beeindrucken. Denn sie kann den Mund kaum schließen.
"Ist das Geld von deinen reichen Eltern oder wie konntest du das finanzieren?"
"Nein, wir sind ganz und gar nicht reich. Aber ich gehe sorgsam genug mit dem Geld um, dass ich in ein Paar Nebenjobs verdiene. Und ich wollte, dass mein erstes Geschenk an Haley, was großes ist."
"Faszienierend." meint sie noch leise und wirft einen letzten Blick darauf, bevor sie einige Schritte zurück geht. "Du hast eine wirklich gute Einstellung, Jordan."
Dankend grinst er vom einen bis zum anderen Ohr und sieht mich selbstbewusst an, während Oma laut drei mal in die Hände klatscht, um den Köchen klar zu machen, dass sie nun den nächsten Gang servieren sollen. "Ich gehe nur schnell Opa holen. Er wird begeistert sein." grinst sie noch und verschwindet mit schnellen Schritten nach oben.

Einen Moment warte ich ab, bis ich ihn misstrauisch ansehe. "Was ist aus Mister 'Ich-hasse-kitschige-Momente' geworden?"
Sein unbeschreiblich charmantes Grinsen richtet sich an mich und er hebt unschuldig eine Braue. "Ich bin nicht kitschig. Nur überzeugend."
"Aha. Wohl eher ein Schleimer." versuche ich mein errötetes Gesicht zu verstecken.

Und weil die Köche damit beschäftigt sind alles abzuräumen, küsst er mich nur flüchtig auf den Handrücken, dass dennoch eine Hitzewelle in meinem Körper verursacht und ich dabei versuche gelassen auszusehen.
"Dir ist doch bewusst, dass wir den Fakt, dass deine Oma Mitchel kennt später noch besprechen werden, oder?" fragt er und stützt den Kopf mit dem Ellenbogen am Tisch ab.
Wieder hüpft mein Herz erschrocken auf und ich hoffe, ich sehe vor meinen Großeltern gleich nicht wie eine Tomate aus, während ich auf seine zu einem eleganten Lächeln geformten Lippen betrachte. Jedoch lächelt das Aschblau kaum so stark, als er mich beobachtet.


Zwar erscheint Opa tatsächlich darauf zum Tee, aber mir entgeht das leichte Zittern seiner Hände nicht, als wir uns zur Begrüßung gegenseitig auf die Wange küssen. Dennoch vollführt er einen kräftiges Händeschütteln mit Jordan und versucht willensstark ihm gegenüber zu treten. Während des Kuchens ist er wenigstens nicht so aufgebauscht, wie Oma, und ist auch nicht so übermäßig fasziniert, wie sie, als sie ihm von der Kette erzählt. Er nickt nur beeindruckt und wirft ein genaueres Auge auf Jordan für die restliche Zeit.

Es ist schon dunkel draußen und der Tee leer, als ich schon langsam zum Aufbrechen ansetzen möchte, doch Oma unterbricht mich. "Haley, können wir kurz unter vier Augen sprechen?" Mit mattem Lächeln steht sie schon auf und erwartet nichts anderes, als das ich ihr folge. Dennoch sehe ich noch fragend zu Jordan, der beruhigend Lächelt. "Geh' ruhig. Ich werde schon nicht umkommen."
Unsicher lächle ich schief zurück. Seine Antwort ist harmlos, doch erinnert mich eher an eine Szenerie, in der er definitv schon fast umgekommen wäre.

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