Kapitel 27

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Julia

Sie hatte schlecht geschlafen. Aufregung hatte sie wachgehalten. Endlich würde sie ihre Schwester wiedersehen! Nach sieben Jahren!

Ob sie sich verändert hatte?

War sie noch die ruhige Schwester, an die sie sich erinnerte?

Die Leseratte?

Sie hatten sich Briefe geschrieben, es war also nicht so, als würde Julia nichts über das Leben ihrer Schwester wissen... Aber es waren nur Briefe! Briefe ersetzten ihre Schwester nicht.

Und dann war da noch die Sache mit Leopold. Sie würden allein in der Kutsche sitzen...

Um Himmels Willen!

Hoffentlich sagte sie nichts peinliches!

Sie drehte ihr Marmeladenbrötchen auf ihrem Teller wie einen Kreisel und beobachtete, wie besagter Elf wieder und wieder geschäftig an der Esszimmertür vorbei ging. Seine blaugrünen Libellenflügel schimmerten im Morgenlicht. Er sah gut aus... Sehr gut.

Ich sollte vielleicht aufhören ihn anzustarren... Seine Flügel sind so hübsch... Schade, dass er nicht fliegen darf... Ob er es vermisst?

Erst trug Leopold Müll, dann einen Besen... Anscheinend reinigte er das Jungenzimmer.

Sie hörte Marko protestieren. Offenbar war er nicht glücklich darüber, geweckt worden zu sein. Wie so häufig. Julia schmunzelte. Marko war ein Langschläfer und es kam nicht gerade selten vor, dass er verschlief. Und er mochte es nicht, geweckt zu werden.

Finn kam in das Esszimmer. Er hielt eine Tasse Kaffee in der Hand und sah so müde aus, wie Julia sich fühlte.

„Schlecht geschlafen?", fragte sie und gähnte.

Finn setzte sich lächelnd neben sie. „Marko schnarcht. Heute Nacht war es besonders schlimm. Ich frage mich, wie Leo dabei schlafen konnte."

Wie gerufen betrat nun auch Leopold das Esszimmer. „Wenn ich erstmal schlafe, dann schlafe ich", beantwortete er Finns Frage, welche er gehört hatte.

Dann wand er sich an Julia: „Wann fahren wir los?"

„In etwa zwei Stunden... Warum bist du am Putzen? Hast du schon gefrühstückt?", wollte sie hingegen wissen.

„Der Grund ist vorhin mit schlechter Laune erwacht." Leopold verzog das Gesicht. „Jemand musste dringend putzen!"

„Er hat noch nicht gegessen... Kaum war er wach, hatte er einen Besen in der Hand!" Finn schmierte sich ebenfalls ein Marmeladenbrötchen. „Wo ist Sophie?"

Leopold warf protestierend Stücke von seinem Brötchen nach Finn. „Unser Zimmer war ein Saustall! Du hättest mir ruhig helfen können!" Finn lachte nur.

„Sophie hatte keinen Hunger." Julia betrachtete ihr Marmeladenbrot, neben welchem nun Krümel von Leopolds Brötchen lagen. Auch ihr mangelte es an Appetit. „Sie ist im Büro des Hausmeisterts und bespricht mit ihm, wo Marko und Leopold heute und morgen aushelfen. Sie erwähnte, dass sie heute Kekse und Kuchen backen möchte... Vermutlich holt sie auch noch Mehl. Wir haben nicht mehr viel."

„Kekse backen?" Finn strahlte. „Dazu hätte ich Lust!"

Leopold, der nun neben ihm saß und sich Käsebrote schmierte, stupste Finn vorsichtig mit dem Ellenbogen. „Dann hast du heute sicher Spaß. Ich hoffe, ich muss nicht in die Wäscherei. Die Arbeit dort ist furchtbar monoton und es riecht sehr stark nach Waschmitteln."

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt