Agathe war früh aufgewacht. Sie hörte, wie ihre Mutter in der Küche beim Brotbacken sang. Gähnend kroch Agathe aus ihrem warmen Bett und sah aus ihrem Fenster. Die Sonne ging am Horizont auf und färbte ihr kleines Heimatdorf in goldenes Licht. In der Ferne konnte sie die hohen Berge der Wölfe sehen.
Sie hatte noch nie einen Werwolf gesehen. Wie sie wohl waren? Ihr Vater, der Anführer des kleinen Dorfs, hatte ihr erzählt, die Werwölfe sein ein aggressives Volk.
Agathe stieg die Treppenstufen hinab, die rauf zu ihrer kleinen Kammer führten und ging zu ihrer Mutter in die Küche. Ihre Mutter war eine Hexe, genau wie Agathe. In ihrem Dorf waren sie die einzigen Hexen, doch ihre Mutter sagte, dass es in den anderen Dörfern und Städten auch Hexen gab. Aber sie waren wenige.
Ihre Mutter lächelte sie an. „Guten Morgen, Schatz. Du bist ja schon wach."
„Die Sonne hat mich geweckt! Haben wir Milch?"
„Da hast du Glück! Es ist noch etwas da." Ihre Mutter nahm eine Tontasse und schüttete dort den letzten Rest Milch hinein. Dann gab sie die Tasse ihrer zwölf Jahre alten Tochter.
Agathe war für ihr Alter recht klein. Sie war ein dünnes Mädchen mit langen braunen Zöpfen und den grünen Augen ihres Vaters. Ihr Vater war nicht nur der Bürgermeister ihres Heimatdorfes, sondern er trug auch die Verantwortung für zwei weitere Dörfern, um welche er sich kümmerte. Agathe lebte mit ihren Eltern in einem kleinen, hübschen Haus mit einem großen Garten, welches sie sich dank des Berufes ihres Vaters leisten konnten. In ihrem Garten standen große Apfelbäume und sie hatten ein paar Hühner, die ihnen Eier schenkten. Ihre Mutter war Heilerin und kümmerte sich im Dorf um Verletzte und Kranke, wenn es nötig war. Aber sie hatte Agathe erzählt, dass es Krankheiten gab, die selbst eine Heilerin nicht heilen konnte.
Agathe setzte sich an den Küchentisch und trank ihre Milch. „Ist Papa nicht da?", wollte sie wissen.
„Er ist unterwegs und kommt vermutlich heute Abend oder Morgen erst wieder. Er ist heute Nacht aufgebrochen. Unser Nachbardorf wurde von Werwölfen überfallen."
„Sie haben das Dorf überfallen?" Agathe trank ihre Milch aus. „Ist Jemandem etwas passiert?"
„Das weiß ich nicht. Lass uns hoffen, dass es allen gut geht!"
Agathe hätte ihrer Mutter gern versichert, dass alles gut war. Ihre Magie hatte sich vor wenigen Wochen gezeigt. Sie hatte ihre erste Vision kurz nach ihrem Geburtstag gehabt. Sie hatte gesehen, wie Fremde in ihr Dorf kamen und wie ihr Vater sie zusammen mit ein paar Bauern fort jagte, nachdem sie versucht hatten, den Gasthof des Dorfes zu bestehlen. Eine Woche später war, was sie gesehen hatte, geschehen. Doch seitdem hatte sie keine Vision mehr gehabt. Sie wusste nicht, was passieren würde.
Ihr Vater kam erst zwei Tage später am Abend zurück. Agathe begrüßte ihn stürmisch und warf sich in seine Arme. „Ich habe dich vermisst!", rief sie.
„Hallo meine Kleine!" Er lachte und drückte sie fest an sich. Dann gab er seiner Frau einen Kuss. Er sah besorgt aus. Dann ging er in die Küche und setzte sich an den Tisch. Agathes Mutter setzte sich neben ihn und Agathe lehnte sich an ihr an. „Sind die Wölfe jetzt weg?", wollte sie wissen.
„Ist alles in Ordnung?", fragte ihre Mutter im selben Moment.
Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Es gab in einigen Dörfern Überfälle von Wölfen. Ich habe mich gestern mit dem Bürgermeister der westlichen Dörfer getroffen. Er berichtete dasselbe: Werwölfe kommen in die Dörfer und stehlen das Obst und Gemüse. Teilweise vertreiben sie die Menschen aus ihren Häusern. Wir haben einen Botschafter zum König geschickt, in der Hoffnung auf Hilfe. Jetzt müssen wir auf eine Antwort warten. Allein sind wir den Wölfen hilflos ausgesetzt. Sie sind stärker und schneller als wir. Und sie heilen schnell. Wir haben nicht einmal genügend Waffen, um ihnen entgegenzutreten! Nur in einem Dorf konnten sie zurückgeschlagen werden, aber auch nur, weil es dort mehrere Hexen und Zauberer gab. Ich hoffe, der König schickt uns Soldaten! Vielleicht können sie einen Unterschied machen."
Der König war ein sterblicher Mensch, der mit seiner Familie seit drei Generationen über das Land herrschte. Sein Urgroßvater hatte die Dörfer und Städte zu einem stolzen Land vereint, doch die kleinen Dörfer an der Grenze zu den Bergen litten seit ein paar Jahren an Überfällen durch Wölfe. Anfangs war es nur vereinzelt zu kleineren Überfällen gekommen, doch nun hatte sich die Lage verschlimmert. Die letzten Sommer waren heiß gewesen und hatten in den Bergen zu einer großen Dürre geführt. Auch Agathes Heimatdorf war von der Dürre betroffen, aber es war nicht so schlimm, wie in den Bergen hinter der Landesgrenze.
„Und wenn sich alle Hexen und Zauberer zusammentun?", überlegte sie. „Dann könnten alle Hexen und Zauberer die Wölfe verscheuchen. Dann trauen sie sich nicht mehr, unsere Dörfer zu überfallen!"
„Das ist eine sehr gute Idee, aber wer soll sie zusammenbringen? Wir sind sehr wenige und leben verstreut im Land." Ihre Mutter strich ihr durchs Haar.
„Ich könnte sie zusammenbringen!", verkündete das zierliche Mädchen stolz.
Ihr Vater lachte. „Und wie willst du das machen?"
„Das weiß ich noch nicht. Vielleicht reise ich in jedes Dorf und in jede Stadt?"
„Das würde sehr lange dauern", wand ihre Mutter ein. „Und du bist noch ein Kind. Lass uns auf Hilfe vom König warten."
(c: sasi)
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Hexe - Der Aufstand
FantasyJulia möchte ein normaler, sterblicher Mensch sein. Ihre ältesten Geschwister sind Hexen, Zauberer. Julia möchte nichts davon. Sie möchte alles hinter sich lassen. Doch das Schicksal hat anderes mit ihr vor: Kurz vor ihrem 16. Geburtstag zeigt sich...