Babette
Babette lag in ihrem Bett. Sie hatte Fieber und ihr Kopf schmerzte. Müde zog sie die Decke bis zum Kinn. Ihr war kalt. Zwar hatte sie den Unfall gut und ohne einen Kratzer überstanden, doch nun war sie erkältet. Noch während eine Kutsche sie nach Hause gebracht hatte, war das Fieber ausgebrochen. Ohne Zweifel lag es daran, dass sie mehrere Stunden nass in der kalten, kaputten Kutsche gesessen hatte. Auch ihr Vater war erkältet.
Es hätte alles perfekt sein können, wenn nicht der Sturm gewesen wäre.
Doch sie wollte sich von einer grässlichen Erkältung nicht die Laune verderben lassen. In ihren Gedanken stellte sie sich vor, wie sie ihr neues Zuhause einrichten wollte. Sie stellte sich auch die Feste vor, die sie dort feiern würden.
Eine Dienerin kam in ihr Zimmer und brachte ihr Tee und ein paar Kekse, die sie ihr auf den Nachttisch stellte. Babette nahm sich einen der Kekse. Wenn es etwas am Krank sein gab, dass ihr gefiel, dann war es das Essen im Bett.
Ihr Leben sollte voller Luxus sein. Dazu war sie bestimmt. An ihren Aufenthalt im Gasthaus und an die fürchterliche Kleidung, die man ihr gegeben hatte, wollte sie nicht denken.
Für ein einfaches, bürgerliches Leben war sie nicht geschaffen.
Es war unter ihrer Würde!
Diese Erkältung war unter ihrer Würde!
Und sie musste warten, bis ein Heiler kam, der sie davon befreite, da sie selbst zu krank war, um Magie anzuwenden. Fieber und Magie passten nicht gut zusammen.
Peter
Die Königin war erschüttert, als sie erfuhr, was passiert war. Mehrfach erkundigte sie sich bei ihrem Mann und bei Peter, ob es ihnen wirklich gut ging. Ihnen ging es gut. Peters Vater hatte einen leichten Schnupfen, aber das war auch alles.
Zumindest war sie um Peter besorgt, auch wenn sie sonst nicht mit ihm zufrieden zu sein schien. Immerhin. Mehr konnte er wohl nicht erwarten.
Beim Frühstück am nächsten Morgen sprachen sie über den ‚erfreulicheren' Teil der Hausbesichtigung. Nicht das Peter irgendetwas davon erfreulich fand... Außer vielleicht der Kleidung, die er getragen hatte. Seine Kleidungswahl hatte Babette ganz wunderbar verärgert. Und er fühlte sich wohl. Ja, Peter hatte das Gefühl, mehr er selbst zu sein.
„Die Residenz ist in einem guten Zustand. Soweit wir sehen konnten, werden nur wenige Reparaturen nötig sein", erzählte sein Vater gerade seiner Mutter. „Die ein oder andere Tapete muss erneuert werden und an manchen Stellen ist der Putz beschädigt, aber ansonsten habe ich nicht viel gesehen... Das Dach konnten wir uns nicht ansehen, da uns der Sturm überraschte. Aber im Großen und Ganzen wird es ein angemessenes Heim für Peter und Babette."
Wohl eher ein Gefängnis.... „Mir ist die Residenz etwas zu groß...", verkündete Peter. „Und die Fassade ist zu grün! Ein kleines Anwesen hätte doch sicher gereicht?"
„Ein kleineres Anwesen wäre eine Blamage gewesen... Und hör endlich mit diesem Boykott auf. Langsam wird es lächerlich", tadelte seine Mutter. „Egal was wir für dich entscheiden, es gefällt dir nicht. Du verhältst dich wie ein Kind. Und was hast du schon wieder an?"
Peter trug seinen Morgenmantel und darunter ein gemustertes Hemd und seine gestreifte Schlafanzughose. Um den Hals hatte er sich einen gemusterten Seidenschal gelegt. Dazu trug er eines von Julias Perlenarmbändern, sowie eines seiner eigenen Armbänder.
„Offensichtlich möchte unser Sohn den Papageien Konkurrenz machen..." Sein Vater schüttelte lachend den Kopf.
„Papageien sind schöne Vögel." Peter schmierte sich ein Honigbrötchen. „Ich habe mich für unser fröhliches Familienfrühstück herausgeputzt! Ich bin morgens aufgewacht und habe den Papageien in mir entdeckt! Das ist ein Grund zur Freude!"
„Dann entdeck doch bitte als nächsten den Prinzen in dir." Die Königin trank einen Schluck Tee. „Wir haben hier am Tisch noch Platz für ihn."
„Tut mir leid, aber der Prinz ist auf Reisen. Zum Zweck der Selbstfindung." Peter biss in sein Brötchen.
Julia
Julia versteckte sich hinter ihrem Geschichtsbuch. Was hatte sie nur getan?
Was sollte sie nun tun?
Hatte sie nicht schon genug Sorgen?
Aber nein... Sie musste es schlimmer machen.
Sie hatte ihren Diener geküsst. Mehr als nur einmal... Und es hatte ihr gefallen. Sehr sogar.
Helga stieß sie an. „Julia! Ihr müsst aufpassen! Ihr wurdet gerade aufgerufen!"
Julia sah von ihrem Buch auf und direkt in die missbilligenden Augen ihrer Geschichtslehrerin. „Gefällt Euch mein Unterricht nicht?", fragte diese. „Oder warum passt Ihr nicht auf?"
„Tut mir leid... Es ist nur gerade viel los... Ich..." Ich habe meinen Diener geküsst. Beinahe hätte sie es laut gesagt.
Der Blick ihrer Lehrerin wurde etwas milder. „Ist es wegen Eurer Magie? Das ist sicher sehr aufregend. Aber die Geschichte unseres Landes ist ebenso spannend. Also hört ab jetzt bitte zu."
„Ja. Natürlich." Julia seufzte.
In der Pause saß sie mit ihren Freunden im Speisesaal. Sie wusste nicht, wie sie Leopold entgegentreten sollte und hatte daher auch das Frühstück ausgelassen. Nun hatte sie großen Hunger und aß eifrig die Gemüsepfanne, die heute auf dem Speiseplan der Akademie stand. Sophie machte sich sicher Sorgen, doch Julia brauchte Zeit zum Überlegen. Am Morgen hatte sie Leopold so gut es ging gemieden. Sie brauchte dringend einen Plan... Sollte sie so tun, als sei nichts geschehen? Oder sollte sie den Kuss... die Küsse ansprechen? Aber was sollte sie sagen? ‚Hey, du bist ein guter Küsser, aber aus uns wird nichts?' Das war erbärmlich. Das konnte sie unmöglich sagen.
Und dann war da noch Marie. Sie tuschelte auffällig oft mit Pia und Helga. Doch wenn Julia sie fragte, worüber sie sprachen, taten alle drei geheimnisvoll. Planten sie etwas? Oder worum ging es?
Nach der Pause wurden sie im Schwertkampf unterrichtet und Julia durfte erneut unter Beweis stellen, dass sie dafür zu ungeschickt war. Warum war Schwertkampf ein Pflichtfach? Und Fechten? Wozu musste sie es lernen? Es hatte schon lange keinen größeren Krieg mehr gegeben.
Also warum?
Julia verstand es nicht. Also fragte sie ihren Lehrer danach. Dieser lächelte erfreut. „Das ist eine sehr gute Frage. Zum Teil habe ich sie schon in unserer ersten Stunde beantwortet. Es ist Tradition. Euch wird ein Einblick gegeben, in einen möglichen Berufsweg. Und ihr lernt hier Disziplin. Genau wie im Fechten. Ihr kommt an eure Grenzen. Ihr lernt sie erkennen. Etwas, dass ihr auch für eure Magie bracht."
Magie.
Zurzeit suchten ihre Lehrer nach passenden Tutoren für sie.
Julia wollte am liebsten weit, weit weg.
(c: sasi)
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Hexe - Der Aufstand
FantasyJulia möchte ein normaler, sterblicher Mensch sein. Ihre ältesten Geschwister sind Hexen, Zauberer. Julia möchte nichts davon. Sie möchte alles hinter sich lassen. Doch das Schicksal hat anderes mit ihr vor: Kurz vor ihrem 16. Geburtstag zeigt sich...