Gustav Baron von Steinhof saß in seinem Kaminzimmer und betrachtete das große Gemälde, dass seine verstorbene Frau von ihrer Tochter hatte anfertigen lassen. Babette, ihr ganzer Stolz, war vor einer Woche an die Akademie zurückgekehrt. Er wünschte sich sehr, Erika hätte die Zeit ihrer Tochter an der Akademie sehen können. Er vermisste sie. Babette vermisste sie. Er wurde den Gedanken nicht los, dass sein kleines Mädchen eine Mutter brauchte, auch wenn sie nun fast erwachsen war.
Ein Diener klopfte an der Tür. „Ihr Gast ist da", verkündete dieser. „Soll ich sie her geleiten?"
„Ja, bitte. Und bring uns dann etwas Tee und Gebäck."
„Wie Ihr wünscht!" Der Diener verschwand wieder. Kurz darauf stand eine etwa Mitte dreißig Jahre alte Frau mit dunkler Haut, braunen Augen und langem hellbraunem Haar vor ihm. Leonora von Leisen. Die jüngste Tochter einer kleinen Adelsfamilie, die ihren Sitz auf dem Land hatte. Er hatte sie vor ein paar Jahren auf einem kleinen Fest, welches Bekannte von ihm organisiert hatten, kennengelernt und seitdem waren sie gut befreundet.
„Gustav!" Sie lächelte erfreut.
„Leonora!" Er stand auf, um ihr einen Handkuss zu geben. „Setz dich doch." Er zeigte auf einen kleinen Sessel, auf welchem sie Platz nahm. „Wann haben wir uns das letzte Mal gesehen? Vor zwei Monaten?", fragte er.
„Allerdings!" Sie lächelte. „Deine Einladung hat mich überrascht. Wolltest du nicht verreisen?"
„Ich habe die Reise verschoben. Auf den nächsten Sommer. Dann ist das Wetter besser. Wie geht es dir?"
„Ausgezeichnet." Sie lächelte. „Aber ich glaube, meine Eltern wollen mich loswerden. Sie stellen mir andauernd unverheiratete Männer vor. Ich kann diese andauernden Teepartys nicht mehr sehen!"
„So schlimm?"
„So schlimm!" Sie seufzte. „Und einer ist hässlicher als der andere! Können sie mir nicht wenigstens jemand gutaussehendes vorstellen. Oder sind die alle bereits vergeben?" Sie rollte lachend mit den Augen. „Nicht das ich bei meiner eigenen Suche je Glück hatte."
Gustav schmunzelte. Er mochte Leonora. Sie war hübsch, intelligent und eine angenehme Gesellschaft.
„Wie geht es Babette?", fragte sie nun. Der Diener kam zurück mit einem Tablett auf welchem Tee und Kekse standen und stellte dieses auf den kleinen Tisch im Kaminzimmer. Dann verschwand er wieder.
„Gut. Sie ist zurück an der Akademie. Ich vermisse sie bereits!" Er lachte und goss Leonora eine Tasse Tee ein. „Es ist sehr still ohne sie."
„Das kann ich mir vorstellen. Sie ist ein liebes Mädchen. Mit großen Träumen!"
„Ich hoffe, sie werden alle wahr." Gustav nahm sich einen Keks. Ihm kam ein Gedanke. „Leonora? Das mag sehr plötzlich kommen, aber..."
„Ja?" Sie blinzelte verwirrt.
„Was hältst du von mir?"
Jetzt sah sie noch verwirrter aus. „Von dir? Du bist ein guter Freund, ein toller Vater, gutaussehend!" Sie lachte leise. „Woher kommt die Frage?"
„Nun ich dachte nur... Was hältst du davon, wenn wir beide heiraten? Babette mag dich und ich mag dich auch. Sehr sogar. Ich würde mich sehr darüber freuen, dich meine Frau nennen zu können!"
„Aber ich bin keine Hexe!", protestierte sie erschrocken. „Und meine Familie ist von geringerem Stand! Wie kann ich..."
„Das ist nicht wichtig. Es ist mir nicht wichtig!" Er griff nach ihrer Hand. „Was meinst du?"
Leonora nickte noch immer verblüfft. „Gern! Ich meine, ja! Natürlich. Warum nicht?" Nun schluchzte sie leise. „Weißt du, ich habe davon geträumt, dass du mir diese Frage stellst. Nie hätte ich gedacht, dass es Wirklichkeit wird! Und Babette wird sicher nichts dagegen haben?"
„Ich bin mir sicher, sie wird erfreut sein!" Gustav nahm sich einen zweiten Keks und betrachtete seine Verlobte. Sie war wunderschön. Er konnte sich glücklich schätzen.
(c: sasi)
DU LIEST GERADE
Hexe - Der Aufstand
FantastikJulia möchte ein normaler, sterblicher Mensch sein. Ihre ältesten Geschwister sind Hexen, Zauberer. Julia möchte nichts davon. Sie möchte alles hinter sich lassen. Doch das Schicksal hat anderes mit ihr vor: Kurz vor ihrem 16. Geburtstag zeigt sich...